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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen
Autoren: Albert Camus
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Curcio, verfolgt das Schicksal dich mit allen Übeln, die einen Unglücklichen treffen können. Der Himmel weiß, wie schwer es mir fällt zu reden.
    CURCIO
    Was gibt es?
    OCTAVIO
    Julia ist aus dem Kloster geflohen.
    CURCIO
    Verleih mir Seelenkraft, oh Himmel! Oder nimm mir mein Leben, das fortan von unmenschlichen Qualen gepeinigt wird.
    ( GIL und die Dörfler kommen dazu.)
    GIL
    Herr … Die Räuber, die wir besiegten und die geflohen waren, kommen zurück, angeführt von einem Teufelskerl, der sein Gesicht verbirgt und dessen Namen keiner weiß.
    CURCIO
    Mein Herz hat heute schon so leiden müssen, dass es weiteres Unglück gleichgültig annimmt. Versorgt Eusebios geschundenen Körper, bis ihm ein christliches Begräbnis zuteilwerden und er meinen Schmerz aus seinen erloschenen Augen betrachten kann.
    TIRSO
    Du willst einen exkommunizierten Mann in heiliger Erde bestatten?
    BLAS
    Wer so stirbt wie er, verdient kein anderes Grab als die Wüste!
    CURCIO
    Oh Rachsucht der Bauern! Du bist so unerbittlich, dass du nicht einmal vor dem Tod haltmachst!
    (Er geht weinend ab.)
    BLAS
    Zur Strafe für seine Missetaten sollen die wilden Tiere und die Vögel sein Grab sein. Geben wir ihm einstweilen unter diesen Zweigen eine behelfsmäßige Grabstatt. (Sie bedecken Eusebios Leichnam mit Zweigen.) Schon senkt sich das schwarze Leichentuch der Nacht. Gil, du bleibst hier bei ihm, so kannst du uns rufen, wenn einer der Geflohenen zurückkommen sollte.
    (Alle gehen ab, außer GIL .)
    GIL
    Die haben die Ruhe weg! Legen Eusebio hier ab und lassen mich mit ihm zurück. Herr Eusebio, erinnert Euch, so bitte ich, der Zeit, als ich Euer Freund war. Doch was ist das?
    ( ALBERTO tritt auf.)
    ALBERTO
    Ich komme aus Rom, und siehe, ich verirre mich ein weiteres Mal in diesem Wald, unter dem starren, stillen Himmel der Nacht. Hier ließ Eusebio mir mein Leben. Ich fürchte, ich bin erneut in Gefahr, wenn ich seinen Soldaten begegne.
    EUSEBIO
    Alberto!
    ALBERTO
    Was ist dieses Keuchen? Woher kommt diese Stimme, die meinen Namen nennt?
    EUSEBIO
    Alberto!
    ALBERTO
    Noch einmal mein Name! Es scheint von dort zu kommen. Ich will nachsehen.
    EUSEBIO
    Alberto!
    ALBERTO
    Ganz aus der Nähe kam das! Stimme, die du flüchtig den Wind bewohnst, wer bist du, die du meinen Namen sprichst?
    EUSEBIO
    Ich bin es, Eusebio. Komm, Alberto! Komm dorthin, wo ich begraben bin. Komm und nimm diese Zweige fort. Fürchte nichts.
    ALBERTO
    Ich fürchte nichts. (Er nimmt die Zweige weg.) Jetzt sehe ich dich. Bei Gott, sage, was du willst.
    EUSEBIO
    Bei Gott, mein Glaube ruft dich an, Alberto, damit du, bevor ich sterbe, mir die Beichte abnimmst. (Er steht auf.) Lange bin ich in meinem Leibe schon gestorben, aber der Leichnam zieht den Geist nicht mit sich hinab. Der fürchterliche Schlag des Todes nimmt ihm den Gebrauch der Seele, kann ihn jedoch nicht von ihr trennen. Komm, Alberto, komm an einen Ort, wo ich dir meine Sünden beichten kann, ihre Zahl ist größer als die der Sandkörner im Meer oder der Atome im Licht. (Er geht los.) Dies vermag vom Himmel zu erlangen die Liebe zum Kreuz.
    ALBERTO
    Alle Bußübungen, denen ich mich je unterzogen habe, schenke ich jetzt dir, auf dass sie dir helfen, von einem Teil deiner Sünden erlöst zu werden.
    (Sie gehen ab.)
    GIL
    Mein Gott! Er geht aufrecht davon! Und damit man ihn besser sehen kann, zeigt sich sogar die Sonne. Das muss ich allen erzählen.
    (Von der anderen Seite treten JULIA und die Banditen auf.)
    JULIA
    Sie schlafen nach ihrem Sieg und ahnen nichts Böses.
    OCTAVIO (aus dem Off)
    Wenn Ihr sie aus einem Hinterhalt überfallen wollt, müssen wir uns hier verstecken, denn sie werden von dort drüben kommen.
    (Alle Dörfler kommen mit CURCIO dazu.)
    GIL
    Man kommt von allen Seiten! … So hört alle aus meinem Mund das größte Wunder, das die Welt je erlebt hat! Eusebio erhob sich von dem Ort, wo er begraben lag, mit seiner eigenen Stimme einen Priester rufend. Seht, wie fromm er auf die Knie gefallen ist!
    (Man sieht EUSEBIO vor ALBERTO kniend, der ihm die Beichte abnimmt.)
    CURCIO
    Mein Sohn! Gott im Himmel, was für ein Wunder!
    JULIA
    Wer hätte je ein erstaunlicheres Wunder gesehen!
    CURCIO
    Sobald der heilige Greis zum Zeichen der Absolution das Kreuz über ihm geschlagen hat, fällt er zu seinen Füßen hin, zum zweiten Male tot.
    ALBERTO
    Die Welt soll das größte unter allen ihren herrlichen Wundern vernehmen! Ich bezeuge es mit meiner Stimme: In Eusebios totem Leib hat der Himmel seine Seele
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