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SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller

SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller

Titel: SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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befindlichen Billardtisch herum versammelt. Die Gruppe stand teilweise so dicht gedrängt, dass ich meist keinen der Spieler, sondern nur ab und an das hintere Ende eines Queues ausmachen konnte.
    An den Seitenwänden waren ein halbes Dutzend der gerade aktuellen Computer-Spielautomaten aufgereiht; nur eines der Geräte war jedoch besetzt. Ein junges Pärchen – offensichtlich Billardmuffel – entlockten einem mit ›Star Trek‹-Symbolen bemalten Kasten elektronisch verzerrte Donnergeräusche, die sich aber kaum gegen die ständige Brandung des Stimmengewirrs behaupten konnten.
    Kraftlos ließ ich mich auf meinem Stuhl zurückfallen und verschmolz mit der Schwärze meiner privaten Höhle. Ohne Durst zu verspüren, tastete meine Hand nach dem Glas. Ich war überrascht. Angesichts des vor Dreck starrenden Schuppens schmeckte das Zeug erstaunlich gut. Mein Entschluss war damit gefasst: In dieser Nacht würde ich wieder einmal dem Alkohol das Kommando über meinen Körper überlassen.
    Jemand stieß achtlos gegen den Tisch und unterbrach meine dösende Flucht aus dem Hier und Jetzt. Verärgert beugte ich mich vor; ich konnte gerade noch sehen, wie ein breites, in fadenscheinige Cord-Hosen gezwängtes Gesäß in Richtung Billard-Zimmer schwankte. Der Zipfel eines grauen, gerippten Unterhemdes zwängte sich zwischen enormen Fleischwülsten und dem tief einschneidenden Gürtel der Hose hervor. Ein alles andere als ästhetischer Anblick. »Scheißkerl«, murmelte ich vor mich hin. Bei dem herrschenden Geräuschpegel der Kneipe hätte der Betreffende meinen Fluch allerdings auch dann nicht gehört, wenn er neben meinem Tisch stehengeblieben wäre.
    Mit einem tiefen Stöhnen ließ ich mich auf meinem Stuhl zurückfallen und schloss die Augen. Es half nichts. Mein Bewusstsein war wieder da und zwang mich zu denken. Aber ich wollte nicht denken. Nur nicht nachdenken! Wenn man dieses Spielchen zu lange trieb, wurde man reif für die Klapsmühle. Und der Grad meines momentanen Wahnsinns reichte mir völlig.
    Hilflos griff ich zu meinem (ersten?), (zweiten?) Glas und leerte den Rest in einem Zug. Doch auch jetzt noch waren sie da und lauerten auf meine Seele, die Erinnerungen. Diese verfluchten, quälenden Erinnerungen.
    Ich dachte wieder zurück an die ersten Tage nach ihrer Verwandlung. Es war eine Zeit der Verblendung, des Irrsinns und der Zärtlichkeit gewesen. Ich sah sie vor mir, Natascha, jetzt eine Katze, wie Lust, Verlangen und Wildheit in ihren Augen schimmerte. Und ich sah die Bilder. Natürlich. Hunderte von Bildern.
    Wie in einem Rausch hatte ich nur noch ein Motiv für meine Fotografien gekannt: Natascha. Es war verrückt und irgendwie makaber; mit ihrem wundervollen menschlichen Körper hatte ich sie nicht ein einziges Mal abgelichtet. Nicht ein EINZIGES Mal! Nun aber, da dieser Körper gestorben und begraben war, schoss ich ein Katzenfoto nach dem anderen.
    Ich fühlte mich dabei schuldig und schlecht, wie ein Sohn, der für seine Mutter ein Leben lang kein Wort des Dankes oder der Liebe hatte, ihr Grab aber mit einem Meer aus Blumen überschüttete. Es war so falsch. Und doch kannte ich keine bessere Therapie, um das Grauen zu verdrängen. Ich hatte sogar eine Ausstellung mit ausgewählten Arbeiten gemacht. Natascha als einziges Modell einer ganzen Vernissage. Ich musste auch jetzt noch den Kopf schütteln. Endlich hatte meine Geliebte den Platz, der ihrer Ausstrahlung und ihrem Wesen zukam, der ihre Schönheit regelrecht forderte, aber weder ›Cosmopolitan‹ noch ›Harper’s‹ würden je ein Cover mit ihr drucken.
    Finster starrte ich auf den Grund meines leeren Glases. Das Schicksal hatte sich für mich einen noch weitaus ironischeren und hämischeren Schlussakkord zurückbehalten. Die Ausstellung ›BLACK CAT‹ wurde ein voller Erfolg, fast schon eine Sensation. Erstmals fand sich mein Name auch im Feuilleton-Teil überregionaler Zeitungen und Magazine wieder. Meine völlig unorthodoxe Art und Weise, wie ich mich einem eigentlich vertrauten ›Gegenstand‹ genähert hatte, verhalf mir zu ungeahnten Verkäufen. Ich konnte für einige Bilder Preise verlangen, die mich ins Mittelfeld der internationalen Elite katapultierten. Allein schon von den Einnahmen für Abdruckrechte hätte ich mir für mindestens sechs Monate eine Villa auf den Bermudas mieten können. Aber ich verreiste nicht. Wohin auch? Es gab Dinge, denen man nicht entfliehen konnte. Nataschas Tod würde mich in all meinen Träumen heimsuchen,
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