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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers
Autoren: C Palov
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widerhallende Klack des Türgriffs, als sie den Notausgang aufstieß.
    Der Killer hatte das Alarmsystem ausgeschaltet.
    Von einem Schwall kalter Winterluft getroffen fand sie sich über dem Abgrund zwischen der offenen Tür und der Feuertreppe wieder, die im Zick-Zack außen an der Rückseite des Museums hinabführte. Der Fluchtweg war vollständig von schwarzem Maschendraht umschlossen und so entworfen, dass man nur von innerhalb des Museums Zugang dazu hatte, um Streuner und Diebe fernzuhalten.
    Edie hatte nicht die Zeit, sich darüber Sorgen zu machen, dass es leicht schneite, dass sie keinen Mantel trug oder dass sie Höhenangst hatte. Sie trat über die Schwelle auf den Treppenabsatz, und die Feuertür fiel hinter ihr ins Schloss. Starr hielt sie den Blick auf die Gasse unter sich gerichtet, denn sie wusste, wenn sie anderswo hinsah, würde ihr schwindlig werden, oder sie würde vielleicht sogar in Ohnmacht fallen. Wie damals, als sie sich das Feuerwerk zum 4. Juli von der Dachterrasse eines Freundes aus angesehen hatte.
    Sie umklammerte das Geländer so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten, und machte sich an den Abstieg. Das Geräusch ihrer Stiefel auf den Metallstufen hallte in der Gasse unter ihr
wider. Unten angekommen öffnete sie die Käfigtür und trat hinaus. Ebenso wie der Notausgang oben schloss sich die Tür hinter ihr wieder und verriegelte sich automatisch.
    Gehetzt und orientierungslos sah sie sich um, nicht sicher, in welche Richtung sie laufen sollte. Die Gasse wirkte wie eine bizarre Unterwelt und war vollgestopft mit Mülltonnen, Containern und geparkten Kleinbussen. An der Wand eines gegenüberliegenden Gebäudes waren Büromöbel aufgestapelt. Die Büros waren vor Kurzem neu möbliert worden, und das alte Zeug wartete immer noch darauf, entsorgt zu werden. Da es Dezember war, war jedes Fenster, das auf die Gasse hinausging, geschlossen. Und da niemand gern einen Ausblick aus der Vogelperspektive auf große blaue Mülleimer hatte, waren die Jalousien zugezogen.
    Über sich hörte Edie, wie plötzlich eine Tür aufgestoßen wurde.
    Der Killer hatte die Feuertreppe entdeckt.
    Ohne eine Sekunde zu verlieren, duckte sie sich hinter einen Container und betete darum, nicht entdeckt worden zu sein. Wenn sie sich beeilte, konnte sie aus der Gasse fliehen, bevor er unten ankam. Doch sie konnte die Gasse nicht verlassen, ohne ins Blickfeld des Mörders zu geraten. Das ließ nur eine einzige Möglichkeit übrig – sie musste sich verstecken.
    In die Schatten geduckt huschte sie zu einem knapp fünf Meter entfernten Stapel aufeinandergeworfener Stühle, deren hölzerne Armlehnen und Beine in seltsamen Winkeln in die Luft ragten. Wie ein Haufen gebrochener Knochen. Was Verstecke betraf, war dieses hier ziemlich erbärmlich, denn der Stapel würde ein Projektil nicht aufhalten. Oder eine große, fleischige Faust davon abhalten, sie zu packen. Doch es war das Beste, das sie auf die Schnelle tun konnte.
    Als sie eine schmale Öffnung am Fuß des Stapels erspähte, ließ sie sich auf alle viere nieder und kroch in das Loch. Es war höchstens 50 Zentimeter hoch, und sie musste sehr vorsichtig sein. Eine falsche Bewegung, und der Möbelhaufen würde in sich zusammenstürzen.
Und sie unter sich begraben. Als sie nicht tiefer in den Stapel hineinkriechen konnte, hielt sie an, zog die Beine unter den Körper und machte sich so klein wie möglich. Unsichtbar wäre besser. Besser, weil sie mit übelkeiterregender Sicherheit wusste, dass der Mann auf der Feuertreppe nicht zögern würde, sie zu töten.
    Als sie das Klappern einer Metalltür hörte, spähte sie durch das Durcheinander aus Möbelstücken und beobachtete, wie der Killer die Feuertreppe verließ. Er hatte die Sturmhaube abgenommen, und Edie konnte erkennen, dass sein Haar militärisch kurz geschnitten war. Sein Gesicht war fleckig vor Wut, und er schien kurz vor einem steroidbedingten Amoklauf zu stehen.
    Der Killer drehte den Kopf von einer Seite zur anderen und suchte die Gasse ab. Hinten an seinem Hosenbund konnte Edie eine große Ausbuchtung erkennen. Die Pistole, die Dr. Padgham getötet hatte. Methodisch wanderte der Blick des Mannes von Ziel zu Ziel: blaue Mülltonnen, grüner Kondensator, weißer Lieferwagen. Und dann fixierte sein Blick den Möbelstapel.
    Das könnten sehr wohl die letzten paar Augenblicke vor meinem Tod sein.
    Edie sah ihren blutenden Körper bereits vor sich, ausgestreckt unter einem Haufen weggeworfener Stühle
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