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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers
Autoren: C Palov
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gefasst.

3
    »Ich denke, Isis ist wie die vollkommene Verkörperung der Weisen Frau. Deshalb hält mein magischer Zirkel bei jedem Vollmond ein Opferritual ab, um die Macht von Isis anzurufen.«
    Cædmon Aisquith blickte die gepiercte und tätowierte Sprecherin an, die eine signierte Ausgabe von Isis, enthüllt an die Brust gedrückt hielt.
    »Erwähnen Sie zufällig die Riten der Isis in Ihrem Buch?«
    Cædmon wollte schon mit einem kurz angebundenen Nein antworten, doch dann hielt er sich zurück. Seine amerikanischen Leser ließen sich im Allgemeinen in zwei Kategorien einordnen: die Gebildeten und die Dämlichen. Nicht, dass das von Bedeutung war, denn seine Presseagentin – die ihn mit der strengen Miene einer englischen Schuldirektorin beobachtete – hatte ihn angewiesen, allen Fragen, egal wie dumm oder idiotisch sie waren, gebührende
Beachtung zu geben. Ganz besonders, wenn der Fragesteller bereits eine Ausgabe seines Buches gekauft hatte.
    Cædmon bemühte sich um einen aufmerksamen Gesichtsausdruck. »Äh, nein. Ich bedauere, aber in dem Text sind keine magischen Rituale beschrieben. Allerdings haben Sie recht mit der Feststellung, dass Isis, wie ihre griechische Entsprechung Sophia, die Weisheit in all ihren unzähligen Formen repräsentiert.«
    Nachdem er der jungen Frau ausreichend geschmeichelt hatte, bedankte Cædmon sich für ihr Interesse an antiken Mysterien und verabschiedete sich herzlich von ihr. Als jemand, der das Private vorzog, fühlte er sich in der Rolle des öffentlichen Autors unwohl und betrachtete die Signierstunden als ermüdende Übung in der Kunst des Schwatzens, einer Kunst, die er nie wirklich beherrscht hatte.
    Sein Magen schmerzte von dem billigen Sekt, und seine Gesichtsmuskeln schmerzten von dem albernen Grinsen, das er zur Schau stellen musste, seit er den Bücherladen betreten hatte, deshalb war er erleichtert, als sein Mobiltelefon leise zu vibrieren begann. Der Anruf war ein perfekter Vorwand, um der schwatzenden Menge den Rücken zu kehren, die sich in den winzigen Räumen des Buchladens drängte. Um das Missfallen seiner Agentin ein wenig zu mindern, machte er großes Aufhebens darum, das Handy ans Ohr zu halten und ihr stumm zu bedeuten, dass er den Anruf unbedingt annehmen musste. Da dies die letzte Etappe einer Zwölf-Städte-Tour war, hatten sie beide genug voneinander, und Cædmon sehnte sich danach, zur stillen Eintönigkeit von Federhalter und Tinte zurückzukehren.
    »Ja, hallo«, sagte er, wobei er sich wie immer ein bisschen wie ein Idiot vorkam, wenn er praktisch ins Leere sprach.
    »Cædmon Aisquith?«
    Nachdem er höflich die ungeschlachte Art, wie der Mann seinen Namen aussprach, korrigiert hatte, fragte er: »Wer spricht, bitte?«
    Die Antwort auf diese Frage bestand aus einer langen Pause, gefolgt von einem Klick , als die Verbindung abrupt getrennt wurde.

    »Teufel noch mal«, brummte Cædmon und nahm das Handy vom Ohr. Die Härchen in seinem Nacken sträubten sich plötzlich. Er gab niemandem seine Nummer. Mit dem beunruhigenden Gefühl, dass er von jemandem beobachtet wurde, der kein Interesse daran hatte, über antike Überlieferungen zu diskutieren oder Gratis-Blubberwasser zu schlürfen, drehte er sich um. Langsam. Ruhig. Wie ein Mann, der nichts zu befürchten hatte.
    Allerdings war diese Geste eine glatte Lüge.
    Mit der Erfahrung, die ihm während der elf Jahre, die er im Geheimdienst ihrer Majestät verbracht hatte, in Fleisch und Blut übergegangen war, suchte er nach dem Gesicht, das nicht in die Menge passte, nach dem verräterischen Erröten, dem schnellen, schuldigen Fortblicken. Da keine verdächtigen Typen herumlungerten, blickte er als Nächstes durch die Schaufenster, die auf die Connecticut Avenue hinausgingen. Auf den Bürgersteigen der Stadt wimmelte es von Weihnachtseinkäufern.
    Nichts wirkte ungewöhnlich, und so stieß er langsam den angehaltenen Atem aus.
    Alles ruhig an der Front.
    Wie die meisten Männer, auf deren Kopf eine Belohnung ausgesetzt war, wusste er nicht, wie er einmal enden würde und ob nicht dieser Tag sein letzter sein würde. Er wusste nur, wenn die Schläger der Real Irish Republican Army ihn schließlich doch erwischten, dann würden sie dafür sorgen, dass er eines wahrhaft grausamen Todes starb. Auge um Auge.
    Vor fünf Jahren hatte er den Tod seiner Geliebten gerächt, indem er einen Anführer der RIRA aufgespürt und den Bastard in den Straßen von Belfast getötet hatte. Solche Taten blieben nicht
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