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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers
Autoren: C Palov
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holen und es ihnen auszuhändigen. Und dann würden sie höchstwahrscheinlich exekutiert werden. Alles in allem würde die Gnadenfrist nicht mehr als ein paar Stunden betragen. Es war so, als würde man von einem Glasbodenboot aus einen Killerhai beobachten, während man genau weiß, dass das Boot ein großes Leck hat.
    Das Mobiltelefon an MacFarlanes Gürtel klingelte. Der Colonel nahm den Anruf entgegen und drehte der Gruppe dabei den
Rücken zu. Kurz darauf beendete er das Gespräch und wandte sich an Boyd Braxton.
    »Rufen Sie die Truppen zusammen. Wir sind bereit, in See zu stechen.«
    Hektisch zupfte Edie Cædmon am Ärmel. »Das Schiff, das gerade in die Bucht gefahren ist … Ich wette, so bekommen sie die Bundeslade aus Malta raus«, zischte sie ihm ins Ohr.
    »Ich glaube, du hast recht.«
    »Die Hure hat recht«, bestätigte MacFarlane, der die Unterhaltung mit angehört hatte. »Nicht nur, dass ich vom Allmächtigen mit dieser Mission beauftragt wurde, Gott handelt auch durch mich. Wie sonst erklärten Sie sich, dass die Bundeslade nach dreitausend Jahren wieder zurückerobert wurde?« Er lächelte, und in seinen Augen glühte ein inneres Feuer, was Cædmons Verdacht bestätigte, dass Stanford MacFarlane verrückt war. Der Mann litt an einem ausgewachsenen Messias-Komplex.
    »Na ja, ich würde an Ihrer Stelle noch nicht die Vorhänge ausmessen«, spottete Edie. »Wenn Sie auch nur eine Sekunde lang glauben, dass die guten, geistig gesunden, anständigen Leute dieser Welt tatenlos zusehen, wie Sie und Ihre fehlgeleiteten Anhänger den nächsten Weltkrieg anzetteln, dann sind Sie schief gewickelt.«
    »Gott sprach durch den Propheten Ezechiel, damit sein Wille der Welt mitgeteilt werde. Ich werde dafür sorgen, dass seine Befehle ausgeführt werden.«
    »Es gibt kein größeres Sakrileg, als Gottes Platz einzunehmen«, sagte Cædmon ruhig. »Menschen wie Sie entwürdigen nicht nur die menschliche Seele, Sie entwürdigen das Wesen Gottes.«
    »Bald werden Sie und Ihre Hure erfahren, was die Strafe dafür ist, sich mit dem Teufel einzulassen«, versetzte MacFarlane. Dann deutete er mit anklagendem Finger auf sie. »›Mit den bösen Menschen aber und Betrügern wird’s je länger, desto ärger: Sie verführen und werden verführt‹. Gallagher, bringen Sie sie fort!«

    Ein kahlköpfiger Untergebener trat einsatzbereit mit einer Automatikpistole in der Hand auf sie zu.
    »Wenigstens konnten wir ein wenig Zeit für uns herausschlagen«, flüsterte Edie.
    Cædmon sah zu den Lichtern in der Bucht hinaus. »Ja, aber was ist mit dem Rest der Welt? Für den tickt der Weltuntergangs-Countdown weiter.«

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    »›Warnst du aber den Gottlosen vor seinem Wege, dass er von ihm umkehre, und er will von seinem Wege nicht umkehren, so wird er um seiner Sünde willen sterben‹«, zitierte Gallagher, während er Edie und Cædmon anwies, sich auf einen Kalksteinfelsen in der Nähe zu setzen.
    Erschöpft ließ Cædmon sich auf den Felsen fallen. »Langsam habe ich wirklich genug von diesem apokalyptischen Geschwafel.«
    Wortlos setzte Edie sich neben ihn, während sich knapp hundert Meter weiter MacFarlane und sein Team in den Militärlastwagen quetschten. Den Lastwagen, in den sie vorhin die Bundeslade geladen hatten. Der Plan war vermutlich, mit dem Lastwagen zum Ufer zu fahren und die Bundeslade dann mit einem kleinen Boot zur Jacht überzusetzen.
    Von da an ginge es geradewegs nach Israel.
    Dieser Gedanke machte sie wütend und ängstlich zugleich. Doch es war eine ohnmächtige Wut. Und eine ebenso ohnmächtige Angst. Es gab nichts, was sie oder Cædmon tun konnten, um zu verhindern, dass die alten Prophezeiungen sich erfüllten. Da die Endzeit drohend über ihnen hing, war die Stimme der Vernunft auf unheimliche Weise verstummt. Stattdessen hatte Edie sich wieder in das verängstigte Kind zurückverwandelt, das sich vor dem Tod
und der Zerstörung fürchtete, die ein wesentlicher Bestandteil von Gottes Zorn waren.
    »Cædmon, ich habe Angst. Ich will nicht, dass es zu Ende geht. Nicht mit der Welt. Und nicht mit uns«, murmelte sie.
    Cædmon legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie eng an sich. »Wie die Iren so gerne sagen: ›Wenigstens hatten wir diesen Tag.‹« Edie vermutete, dass er davon sprach, wie sie sich an Bord der Fähre geliebt hatten.
    Sie wusste, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb, deshalb versuchte sie, sich alles an ihm einzuprägen. Das dichte rote Haar. Die schlanke, hochgewachsene Statur.
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