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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
Autoren: Berte Bratt
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blinde Katzenkinder krabbelten im Gebüsch hinter dem Haus, da, wo wir etwas Holz und Segeltuch zum Bauen von Beobachtungszelten gelagert hatten. Dahinter war es geschützt und halbdunkel, und da hatte Kito ihre Kinder zur Welt gebracht.
    Ich legte sie ins Körbchen. Kito leckte sie und leckte mich - und verschwand. Ich fing an, ängstlich zu werden. Hatte Kito ihre Mutterpflichten vergessen? Die Kleinen wurden unruhig, miauten und suchten.
    Dann kam Kito. Mit prallem Bauch und blutigem Mund. Sie
    legte sich zu den Kleinen, seelenruhig und zufrieden.
    Als die Kinder sechs Wochen alt waren, kam Kito eines Tages mit dem Hinterteil einer erlegten Thomsongazelle nach Hause. Es war sonnenklar, daß sie jetzt ihren Sprößlingen das Fleischfressen beibringen wollte!
    Und nun war es so geworden, daß Kito öfters tagelang wegblieb. Die Kinder, die inzwischen ein dreiviertel Jahr alt geworden waren, sahen wir kaum. Aber Kito kam, um gestreichelt zu werden, mit uns zu spielen und ihre Milch zu trinken. Sie war dann dasselbe bezaubernde, liebebedürftige Haustier wie früher - aber wir wußten, daß sie ihr eigenes Leben führte und daß sie ein Kind der weiten Steppe war.
    Es war gut so. Denn wenn wir eines Tages nicht mehr da wären, müßte sie allein zurechtkommen.
    Kerstin und Peggy versprachen feierlich, Kito gut zu empfangen, wenn sie käme. Sie sollte ihre Büchsenmilch kriegen, und sie dürfte auch im Korb in meinem Zimmer schlafen, wenn sie Lust hätte.
    Heiko setzte sich an den Steuerknüppel, Lennart saß hinten im Flugzeug. Er wollte es zurückbringen, und außerdem hatte seine Angetraute ihm eine Einkaufsliste mitgegeben, die unsere Nairobier Lieferanten in einen Freudenrausch versetzen würde.
    Wie oft war ich wohl diese Strecke geflogen?. Auf Einkaufstouren - um Gäste abzuholen - vor einem Jahr waren Reni und Manfred bei uns gewesen, auf Hochzeitsreise. - Ich war die Strecke geflogen, als wir unseren schwerverletzten Freund, den Wildwart William, ins Krankenhaus bringen wollten - und dann war es zu spät. William starb im Flugzeug, mit seiner Hand in der meinen. Mir kamen die Tränen, als ich daran dachte. Er war von Wilderern angeschossen worden, als er versuchen wollte, einen Leoparden aus der Drahtschlinge zu befreien.
    Ja, hier mußte man auch Tragödien mit ansehen und Leiden und Qual - und man konnte unbeschreiblich schöne und glückliche Stunden erleben. Dann hatten wir unsere tages-, und oft nächtefüllende Arbeit, unsere stundenlangen Beobachtungen, das Berichteschreiben, die Laborarbeiten. Wir lebten so intensiv, wir lebten mitten in der reichen Natur, wo immer etwas geschah, wo es immer Überraschungen gab - wir lebten, ohne gestört zu werden. Alles, was man in der sogenannten zivilisierten Welt als Selbstverständlichkeiten betrachtet - Parties, Kino, Theater, Fernsehen, hübsche Kleidung - das alles war uns so fern, und wir
    vermißten es nie.
    „Du bist so schweigsam“, sagte Heiko mit einem kleinen Lächeln. „Denkst du an Norwegen, an deine Familie?“
    „Das auch“, antwortete ich. „Aber am meisten denke ich an das, was wir verlassen. Und ich sitze hier und bin so voll Dankbarkeit. Der liebe Gott hat es so gut mit uns gemeint - und das Schicksal -und Mylady. Gott segne sie! Und vor allem denke ich daran, daß wir hierher zurückkommen werden! Ich zähle schon die Tage!“
    „Soll ich dir etwas beichten?“ lächelte Heiko. „Mir geht es genauso. Ich zähle auch!“
    Dann rief er Wilson Airport in Nairobi und bat um Landeerlaubnis.
    „Schon wieder da?“ antwortete die Stimme von unten. „Was macht ihr denn heute in Nairobi? Was macht Kito?“
    „Sie ist wahrscheinlich auf der Jagd, und uns wirst du für einige Zeit los, wir fliegen heute nach Europa.“
    „Wohl nicht direkt mit eurer kleinen Mücke?“
    „Nein, ganz brav mit dem Jumbo-Jet heute abend. Kriege ich nun endlich eine Landebahn? Wir sind gleich über dem Flugfeld.“
    „Ja, ich sehe euch. Na, dann komm, Bahn zwo wartet auf euch.“ „Verstanden, Bahn zwo“, wiederholte Heiko und setzte zur Landung an.
    Drei Stunden später waren wir auf dem richtigen, großen Flugplatz und bestiegen den Jumbo-Jet. Ich fühlte mich ungeheuer elegant. Zum erstenmal seit zwei Jahren trug ich ein Kostüm und dazu eine feine Seidenbluse, die Kerstin für mich geplättet hatte -allerdings zähneknirschend und unterstützt von einer Auswahl schwedischer Kraftausdrücke. In der Flugtasche hatte ich eine Strumpfhose, eine Strickjacke und
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