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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
Autoren: Berte Bratt
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und ein paar bequeme Sessel, ein sauberes Bett und ein breites Sofa. „Du siehst, ich kann auch einen Gast aufnehmen“, sagte Hannemarie. „Wenn sie dich bei Rywigs schlecht behandeln, dann komm ruhig zu mir.“
    „Damit rechne lieber nicht“, sagte ich und lachte. „Ich hab es wahnsinnig gut bei Rywigs.“
    „Das sieht man dir an“, nickte Hannemarie. „Du bist richtig erwachsen, Beate. Und wie hübsch du geworden bist, Mädchen!“ Dann unterhielten wir uns über gemeinsame Bekannte in Tjeldsund. Hannemarie erzählte mir von dem Salon für Unterwäsche „Rosetta“, und ich erzählte von Muttis Besuch und wie wohl ich mich bei Rywigs fühlte. Dann erzählte ich von den Zwillingen, von all dem Spaß und allen Verwirrungen durch die Ähnlichkeit zwischen ihnen - und dann kam ich auf die Petticoats zu sprechen.
    „Aber selbstredend!“ sagte Hannemarie. „Wenn du einen Sonntag frei hast, dann setzen wir uns hin und übertreten das dritte Gebot und nähen die Petticoats in einem Nu zusammen. Den Stoff werde ich besorgen, ich krieg ja Prozente.“ Hannemarie war eine Perle.
    Sie machte Wasser für Neskaffee im Schnellkocher heiß und holte eine Dose selbstgebackene Plätzchen aus Tjeldsund hervor. Wir schwabbelten; die Zeit verging, und erst als meine feine kleine Armbanduhr halb zwölf zeigte, brach ich endlich auf.
    „Kommst du am Sonntag?“ fragte Hannemarie.
    Jaja, ich würde Sonntag kommen.
    Als ich bei unserem Haus anlangte, war im Arbeitszimmer noch Licht. Mit einem Male tat mein Herz einen sonderbaren Hüpfer. Dann war der Doktor noch auf - alle anderen schliefen längst. Vielleicht saß er bei einer unvernünftigen Tasse Kaffee. Vielleicht wollte er fragen, ob ich müde sei oder ob ich noch ein halbes Stündchen mit ihm sitzen wolle...
    Aber als ich ins Haus trat, war das Arbeitszimmer dunkel. Ich hörte des Doktors Schritte auf dem oberen Flur verhallen. Er mußte in dem Augenblick gegangen sein, als er die Gartenpforte kreischen hörte.
    Die Kinder waren höchst erstaunt, als ich verkündete, ich wolle einen der mir zustehenden freien Sonntage benutzen, auf eigene Faust auszugehen. Das war etwas vollkommen Neues. Ich war noch kein einziges Mal einen ganzen Tag allein fortgewesen.
    „Was willst du denn so lange machen?“ fragte die unverbesserliche Senta. „Gehst du mit deiner alten Liebe aus?“
    Da fuhr der Doktor hoch, und im nächsten Augenblick saß eine schallende Ohrfeige auf Sentas linker Backe.
    „Kannst du nicht endlich lernen, ein bißchen Takt zu üben“, schrie er sie an. „Raus mit dir, rauf in dein Zimmer.“
    Ich schluckte. Es mußte schließlich alles seine Grenzen haben, auch die Strenge. Ich verstand ihn einfach nicht.
    Dazu war ich zu dumm.
    Hannemarie und ich saßen den ganzen Sonntag über und nähten Petticoats. Ganz fertig wurden wir nicht, aber wir verabredeten, daß ich mal an einem Abend schnell heraufspringen würde, dann könnten wir die letzte Hand an unser Werk legen.
    Ich kam spät heim - in ein dunkles und schlafendes Haus.
    Am nächsten Morgen sah ich den Doktor nur flüchtig, er hatte es eilig und mußte früh weg. Die Kinder fragten nicht, wo ich am Tage vorher gewesen war. Ich lächelte in mich hinein. Am Donnerstag wollte ich wieder zu Hannemarie gehen, und die Zwillinge würden wohl große Augen machen, wenn ihnen ihr sehnlichster Wunsch erfüllt wurde.
    Die Post kam, und ich verteilte sie wie gewöhnlich. Ein dicker Brief von Mutti. Ein ganzer Haufen langweilig aussehender medizinischer Zeitschriften und Reklamen für den Doktor, und ein Brief mit einer sauberen, schrägen Damenhandschrift. Ich sah mir den Namen des Absenders an und dachte sofort, jetzt sei ich wohl ebenso indiskret wie Senta und hätte ebensogut eine Ohrfeige verdient.
    Julie Rywig, Sanatorium Bjerkebakken.
    Sieh mal einer an. Was mochte Tante Julie wollen?
    Diesen Brief legte ich zuoberst auf den Haufen und das Ganze auf den Schreibtisch. Beim Abendessen sollte ich erfahren, was Tante Julie wollte.
    Tante Julie fühlte sich viel wohler, erzählte der Doktor, und wolle nicht mehr im Sanatorium bleiben. Eine Freundin von ihr habe sie nach Dänemark eingeladen. Sie würde über Oslo reisen und uns gern auf drei Tage besuchen, wenn es uns recht wäre.
    Die Kinder nahmen die Nachricht schweigend entgegen. Senta machte zwar den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ich glaube, die Erinnerung an die Ohrfeige hielt sie zurück. Nur Hans Jörgen ließ sich vernehmen: „Warum kommt Tante
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