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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl
Autoren: Brent Ghelfi
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sie von mir gelernt hat. Aber dann verharrt sie, und ihr Kopf schnellt herum.
    Weißes Haar, das sanft im warmen Luftstrom weht. Riesige wasserblaue Augen, in denen augenblicklich die Erleichterung geschrieben steht, dann Freude. »Du lebst!« Sie nimmt den Lauf der Uzi nicht aus Gromows Mund.
    Ich gehe auf sie zu, und dann liegt sie mir in den Armen, presst sich an mich, und ihr Mund findet meinen. Ihr hüpfendes Herz trommelt gegen meine Brust, doppelt so schnell wie meins. Ich öffne die Augen und sehe ihren Blick schräg nach unten auf Gromow gerichtet, dem am anderen Ende der Uzi langsam die Luft weg bleibt.
    Mit Bedauern beende ich den Kuss und knie mich neben seinen Kopf. Speichel sammelt sich in seinen angespannten Mundwinkeln. Der Uzi-Blowjob geht so tief, dass er nicht schlucken kann. Als ich ihn herausziehe und ihm unter das rechte Auge halte, kleben Spuckefäden am Lauf.
    » Ich hatte Frieden geschlossen«, sage ich.
    Sein Kiefer knackt beim Sprechen. »Ich konnte sie nicht rechtzeitig zurückpfeifen.«
    In meinem Stumpf pochen Phantomschmerzen. Valja stößt ein Zischen aus. So wie ich da hocke, befindet sich der Griff ihrer Uzi nur ein paar Zentimeter von meinem Auge entfernt. Ihre Fingerknöchel sind weiß - der Abzug ist nicht gesichert. Der beißende Geruch nach Schießpulver von den Schüssen zuvor zieht wie eine Gewitterwolke durch den Raum.
    Wie viele von Gromows Schlag durchstreifen Moskaus Unterwelt? Hungrig, clever genug, kleine illegale Unternehmen zu leiten, aber unfähig zu mehr, der perfekte Boden für Maxim und die anderen Gauner an der Spitze der kriminellen Nahrungskette. Zu viele, um sie aufzulisten. Wenn er stirbt, wird ein anderer seinen Platz einnehmen. Ich sehe keinen Nutzen darin, ihn zu töten.
    »Wie wollen wir uns einigen?«, frage ich.
    Valja stöhnt. Wieder hat mein Hass versagt.
    »Ich zahle.« Gromow guckt zuversichtlich. Seine Worte sind an sie gerichtet. »In Territorium oder Branche. Du kannst die City haben. Du kannst die Drogen haben. Was du willst.«
    Die Sirenen vom National Club werden lauter. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster auf die umherirrende Meute von Gromows verunsicherten Männern und die sich nähernden Blaulichter der Moskauer Polizeiwagen. Kein Militär, bis jetzt jedenfalls noch nicht. Egal, wer in den Wagen sitzt, sie stehen auf Gromows Gehaltsliste oder auf meiner, vielleicht auch auf beiden. Sie werden eine plausible Story brauchen, und Geld, um die Sache zu vertuschen. Ich beschließe, das seine Sorge sein zu lassen.
    »Wo ist dein Rattenloch?« Ich weiß, dass er eins hat. Wir alle haben unsere Hintertürchen.
    Er ist klug genug, nicht zu widersprechen. »Ein Tunnel, der manchmal vom FSB benutzt wird.« Der neue Name für einen alten Teil des KGB. »Ich zeige dir, wie du reinkommst. Er führt zu einem alten Imbiss bei der U-Bahn-Station Lubjanka. Der Imbiss ist abends geschlossen, du hast also freie Bahn.«
    »Du stehst in meiner Schuld, Gromow. Wir schließen Frieden, aber zu meinem Preis.«
    Er blinzelt Valja zu, dem türkisäugigen Tod, und stößt einen schwachen Seufzer der Erleichterung aus. »In Ordnung«, erklärt er.
     
    Ein paar Stunden später sind Valja und ich in meinem Loft im sechsten Stock eines verfallenen Fabrikgebäudes, das von außen so aussieht, als gäbe es dort nur Schwermaschinen und Ratten, was für die unteren fünf Stockwerke auch zutrifft. Aber dieser Etage ist mit dem Besten ausgestattet, das man für Geld kaufen kann.
    Im Bett, nach dem Liebesspiel, das durch die Nähe zum Tod noch leidenschaftlicher war, genehmige ich mir eine Cohiba Robusto. Ich atme noch schwer von unseren gemeinsamen Anstrengungen, mein Körper glänzt vor Schweiß. Valjas Alabasterhaut strahlt Sanftheit aus. Ihr Geruch durchdringt mich, aber der warme Moschusduft vermischt sich mit der Bitterkeit in meinem Herzen.
    Ich weiß, wo sie heute Abend war, nachdem sie mich im National abgesetzt hat. Die Art, wie sie ihre Hände und ihren Mund und ihre Hüften bewegte, und die Befriedigung in ihren halb geschlossenen Augen sprachen Bände. Genau wie der flüchtige Geruch von Veilchen im Frühling, ein Duft, der mich seit mehr als zwei Monaten verfolgt. Aber wie kann man alleinigen Anspruch auf solch vollendete Schönheit erheben?
    »Du bist zu weich, Alexei«, sagt sie leise.
    »Wir haben mehr davon, wenn er am Leben ist.«
    Ich ernte ein müdes Achselzucken.
    »Wie bist du so schnell dort hingekommen?«, frage ich sie.
    »Ich saß im Wagen,
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