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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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großen Stern, zwei Streifen und in der Mitte einen Zopf. Und das hier sind nur Dienstabzeichen«, hatte ich das bunte Ordensband heruntergespielt und mich über das Fledermausemblem der Speznaz am Ärmel, das Korhonen ein wenig zu lange betrachtet hatte, ausgeschwiegen.
    Irgendwann in den frühen Morgenstunden waren wir eingedöst. Ich erinnerte mich, dass Korhonen mich an der Grenze zum Schlaf noch einmal an der Schulter gerüttelt hatte. »Du hattest keine andere Wahl. Als Erwachsener muss man manchmal schlimme Dinge tun, um zu verhindern, dass Unschuldige leiden oder dass noch Schlimmeres geschieht. Das ist nicht immer leicht zu verstehen.« Korhonen hatte erstaunlich klar gesprochen, mir väterlich die Wange getätschelt und war schlafen gegangen.
    Ich erinnerte mich nicht an den Sonnenaufgang. Plötzlich war einfach ein neuer Tag angebrochen, und die Menschen hatten sich auf den Weg zur Arbeit gemacht. Auch an unserer kleinen Straße waren kurz nacheinander mehrere Ladas angelassen worden. Der Lärm hatte mich aus dem Schlaf gerissen, und ich hatte mich darüber amüsiert, wie alle in der gleichen Tonlage vorbeibrummten, wie die Motoren in regelmäßiger Unregelmäßigkeit einige Takte aussetzten und die Fahrer an derselben Stelle in einen höheren Gang schalteten.
    Nun saß ich auf der Treppe, lauschte und schnupperte. Die Sonne hatte sich hinter einer Wolke verborgen, doch aus ihrem Stand schloss ich, dass es bereits Nachmittag war, und zwar offenbar an einem normalen Werktag, denn durch das Gebüsch war das gleichmäßige Summen des Stadtverkehrs zu hören.
    »Jetzt geht’s wohl bald nach Hause. Wir sind ja schon fast eine Woche unterwegs.« Korhonen erschien in der Unterhose auf der Veranda.
    »Ich bin doch zu Hause«, entgegnete ich und schirmte die Augen vor der Sonne ab.
    »Nach Helsinki, meine ich. Da hast du doch auch alles. Okay, dein Haus ist abgebrannt, aber du hast deine Arbeit und deine Geschäfte.«
    »Die gäbe es hier auch. Jobs und Möglichkeiten, Geld zu verdienen«, wandte ich ein.
    »Sicher«, sagte Korhonen. »Aber Marja ist in Finnland.«
    Ausgerechnet er musste mich daran erinnern.
    Wir überlegten uns gerade, wie wir an ein Frühstück kommen sollten, als Medwedjew im Wolga vorfuhr. Oka Sorokin, der neben ihm saß, stieg aus und fächelte sich mit seinem Hut Kühlung zu.
    »Unser Mann hat heute Nacht in der Gasse da drüben Wache gestanden, vorsichtshalber. Er hat angerufen und gesagt, ihr würdet allmählich wach, deshalb bringen wir euch etwas zum Frühstück. Wir sind allerdings schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen, haben Verschiedenes organisiert. Und der arme Nikolai musste in der Nacht die ganze Strecke zweimal fahren«, berichtete Oka trocken. Kolja Medwedkin nickte nur und ging mit einer Plastiktüte ins Haus.
    »Korhonen, geh Kaffee kochen und hilf Kolja in der Küche«, kommandierte ich.
    »Ich mag jetzt nichts essen«, klagte Korhonen.
    »Danach hab ich dich nicht gefragt. Ich habe gesagt, du sollst in die Küche gehen«, stellte ich klar.
    Korhonen zog einen Flunsch und verschwand im Haus.
    »Ich will keine Zeit verschwenden. Es ist alles geklärt«, begann Oka. »Ihr fahrt heute zurück nach Finnland. Ein Busfahrer aus Helsinki holt euch ab, Jussuf Kadir, oder unser alter Freund Shimelles, wie es dir lieber ist.« Er schmunzelte zufrieden, weidete sich an meiner Verblüffung. »Jussuf chauffiert ab und zu Touristen, ein Nebenjob. Er ist mit einem Kleinbus und einer Touristengruppe hier, die in Valamo übernachtet hat. Irgendwelche Schweden auf Klostertour. Wir haben eure Namen in das Gruppenvisum eingefügt.«
    Oka pfiff beinahe vor Wohlbehagen. In seinem Sommerhemd sah er aus wie ein sowjetischer Berater in Kuba oder zumindest wie ein Schauspieler, der in einem Agentenfilm einen Botschaftsangestellten spielt.
    »Danke, Oka, für alles. Du bist effektiv, immer noch.« Ich bemühte mich, an der richtigen Stelle ernst zu werden. »Ich habe es ehrlich gemeint, als ich dir Karpows Geschäfte anbot. Willst du sie?«
    Oka Sorokin sah mich freundlich an, doch ich wusste, dass man aus dem warmen Leuchten seiner Augen keine Schlüsse ziehen durfte. Möglicherweise dachte er gerade an Katzenjunge, es konnte aber auch sein, dass er in Gedanken die Flugbahnen ballistischer Raketen berechnete.
    »Ich möchte nur, dass das Leben weitergeht oder erhalten bleibt«, sagte er und merkte selbst, dass er allzu feierlich redete. »Ich meine, dass die Menschen hier Arbeit und ein
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