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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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war. Ich blickte in den Lauf und dann in die Augen des Mannes. Er reckte auffordernd das Kinn in die Höhe und schniefte, als wäre er erkältet. Ich hob die Hände langsam in Schulterhöhe.
    Ich ließ mir keine Gemütsregung anmerken, schoss aber hundert zischende Vorwürfe auf mich selbst ab. Wie konnte das passieren, wieso hatte ich mich so leicht überraschen lassen? Ich hätte mit dieser Finte rechnen müssen, und selbst ohne Vorahnung hätte ich keinesfalls die primitive Vorsichtsmaßnahme vernachlässigen dürfen, meinen Weg abzusichern und für Rückendeckung zu sorgen. Zeit hätte ich genug gehabt. Aber statt mich um die Routine zu kümmern, hatte ich mit Lena geplaudert, Blumenduft geschnuppert, Sultsina -Pasteten gegessen und war als Saunamajor herumflaniert. Und so was wollte Offizier mit Spezialausbildung sein.
    Ich bemühte mich, meine Gedanken zu ordnen und mich zu konzentrieren. Du bist nicht müde, du steckst voller Energie, betete ich mir vor. Und mir wurde klar, dass der Hauptgrund, weshalb ich mich hatte überraschen lassen, mein Freund Karpow war. Trotz aller logischen Überlegungen hatte ich es nicht fertiggebracht, ihn als Bösewicht anzusehen, als Gefahr für mein Leben.
    »Du hast nicht geglaubt, dass ich dazu fähig wäre«, hämmerte Karpow den Nagel auf den Kopf. »Du bist immer gelobt worden. Das macht unaufmerksam und schlaff. So war es schon beim Skilaufen. Alle haben nur gejubelt, guckt euch Viktors Blutwerte an und seine Zellteilung und seine Ergebnisse beim Gewichtheben …«
    »Verdammt noch mal, Waljuscha, es war doch nicht meine Schuld, dass du Langstreckenläufer warst und ich Sprintereigenschaften hatte«, schimpfte ich. »Außerdem hatte ich das Skilaufen längst an den Nagel gehängt, als die Kurzstreckenläufe erfunden wurden, zum Teufel … und ich stand immer im Schatten von Smirnow oder Rotschew.«
    »Im Schatten, pah! Man hat große Hoffnungen auf dich gesetzt. Du hast sogar deren Skier gekriegt. Mir haben sie irgendwelche Bretter aus Galina Kulakowas Zeiten gegeben.« Karpow grinste unwillkürlich, zwang sich aber sofort wieder zu schmallippiger Härte. »Und versuch nicht, Scheiß zu reden, Zeit zu schinden und mich abzulenken. Ich hab nicht gewollt, dass es dazu kommt, aber jetzt ist Schluss.«
    Ich beobachtete seinen Handlanger Sergej. Die Maschinenpistole zielte lehrbuchmäßig auf meinen Magen. Der Mann hatte einen festen Stand, das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilt. Als Profi hatte er darauf geachtet, nah genug heranzutreten, aber auch nicht zu nah. Er war zu weit entfernt, als dass ich mich auf ihn stürzen konnte, aber wenn ich wegzulaufen versuchte, würde er mich treffen und hätte sogar Zeit genug, eine ganze Serie abzufeuern.
    Ich fixierte den Blick auf Sergejs Stirn, auf einen Punkt unterhalb seiner blonden Stirnlocke. Eine schwarze Stange schob sich langsam auf seinen Kopf zu. Der Lauf der Kalaschnikow machte fünf Zentimeter vor seiner Schläfe Halt.
    »Wer ist denn dieser Seelenbruder? Singt der auch in der Oper?« Korhonen genoss die Situation. Er kam vorsichtig hinter der Hausecke hervor und stellte sich schräg hinter Sergej in Positur. Seine Augen glänzten, doch seine Hände zitterten nicht.
    »So, Herr Bariton, nun erklär deinem Chorknaben mal, dass jetzt diese Zauberflöte auf dem Programm steht. Und den Papageno gibt Teppo aus Tuusniemi. Wenn der junge Mann gern ein Loch im Ohr hätte, findet er in Käkisalmi oder was weiß ich wo bestimmt einen Tattoo and Piercing Saloon Tatjana, wo die Sache sauber erledigt wird. Ich kann das zwar auch übernehmen, aber dann bleibt womöglich nichts übrig, woran man Ohrringe hängen könnte. Und sag ihm auch, dass ich in dieser mathematischen Gleichung der last man standing bin, der Letzte, dem er noch steht. Wenn dein junger Freund auch nur eine Kugel verspritzt, erledige ich ihn und anschließend dich, Karpow«, erklärte Korhonen mit heiserer Stimme.
    »Das war jetzt ein bisschen zu lang zum Dolmetschen«, mischte ich mich ein. »Waleri, sag Sergej, er soll die Waffe fallen lassen. Es ist vorbei«, fügte ich auf Russisch hinzu, damit auch Sergej verstand, was Sache war.
    Karpow brummte und nickte. Sergej legte seine Maschinenpistole vorsichtig in den Sand und trat zwei Schritte zurück. Korhonen ging langsam in die Hocke und schob die Waffe hinter den Zaun. Anschließend klopfte er Karpow und Sergej ab, entdeckte bei beiden eine Pistole, die er an die Seite des Bethauses warf.
    »Meine
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