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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Haut leuchtete kalkweiß über dem schwarzen Tanktop. Sie schrie meinen Namen heraus, als bereite es ihr körperlichen Schmerz, die Pupillen derart geweitet, dass ihre Augen wie schwarze Abgründe wirkten. Ich konnte nicht sagen, warum, aber sie erinnerte mich an Victors Schwester. Irgendwas an der Krümmung ihrer Nase oder an der Art, wie ihr die Jeans tief auf den kaum vorhandenen Hüften hing. Doch Angie würde nie auch nur in die Nähe eines solchen Clubs kommen, so viel war sicher.
    Plötzlich wollte ich nicht mehr dort sein. Die Stimmen, die meinen Namen schrien, gaben mir keinen Kick mehr und die Musik war nicht so laut wie mein Herz, also war sie nicht mehr wichtig.
    An dieser Stelle wäre mein Einsatz gewesen, ich hätte Victors hypnotischen Endlosbeat mit meiner Strophe unterbrechen sollen, aber ich wollte einfach nicht und Victor war viel zu dicht, als dass es ihm aufgefallen wäre. Er tanzte an seinem Platz und nur die Drumsticks in seiner Hand schienen ihn dort zu halten.
    Genau vor mir, inmitten eines Pulks aus bauchfreien Tops und schweißglänzenden Armen, stand ein Mann, der sich nicht rührte. Ich war fasziniert davon, wie er im zuckenden Laserlicht vollkommen reglos dastand, als würde er das Gewühl der Körper um sich herum gar nicht wahrnehmen. Er stand da und sah mich an, die Augen unter den zusammengezogenen Brauen kaum zu erahnen.
    Als ich seinen Blick erwiderte, stieg mir plötzlich ein Geruch in die Nase – ein Geruch von zu Hause, weit weg von Toronto.
    Ich fragte mich, ob der Typ echt war. Ich fragte mich, ob überhaupt irgendwas in diesem verdammten Club echt war.
    Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich an. Mein Herz raste, als sei es auf der Flucht.
    Ich hätte mehr darauf achten sollen, es in meiner Brust zu halten. Mein Pulsschlag wurde immer schneller und dann, in einer Explosion von Hitze, brach mein Herz aus mir heraus; ich knallte mit dem Gesicht auf mein Keyboard, das gequält aufjaulte. Die Hand, mit der ich nach den Tasten griff, gehörte nicht mehr zu mir.
    Als ich dann auf der Bühne lag und meine Wange sich in den Boden zu brennen schien, sah ich, wie Victor mir einen vernichtenden Blick zuwarf, als wäre ihm endlich aufgefallen, dass ich meinen Einsatz verpasst hatte.
    Dann schloss ich die Augen, mitten auf der Bühne des Club Josephine.
    Ich war fertig mit NARKOTIKA. Ich war fertig mit Cole St. Clair.

KAPITEL 6
GRACE
    »Hör mal«, sagte Isabel, »als ich gesagt habe, wir könnten uns ja am Wochenende treffen, meinte ich eigentlich nicht, dass wir dabei im Wald rumirren und uns schockfrosten lassen sollten.« Missbilligend sah sie mich an. Sie war blass und passte eigenartig gut in diesen kalten Spätwinterwald, mit ihrem weißen Parka, dessen Fellkapuze ihr schmales Gesicht und die kühlen Augen einrahmte. Wie die Prinzessin aus einem nordischen Märchen.
    »Es friert doch überhaupt nicht mehr«, entgegnete ich und klopfte einen Klumpen weichen Schnee von meiner Stiefelsohle. »Ich find’s gar nicht so schlimm. Außerdem hast du doch selbst gesagt, dass du mal rauswillst, oder etwa nicht?«
    Es war wirklich nicht schlimm. Die Sonne war sogar schon so warm, dass der meiste Schnee bereits geschmolzen war. Nur unter den Bäumen waren noch einige Flecken übrig. Die paar Grad Wärme mehr ließen die Landschaft gleich freundlicher erscheinen und hauchten den winterlichen Grautönen etwas Farbe ein. Zwar fühlte sich meine Nasenspitze taub an vor Kälte, dafür waren aber meine Hände in den Handschuhen schön warm.
    »Geh du mal lieber vor«, sagte ich. »Du bist schließlich diejenige, die sie hier gesehen hat.« In dem Wald hinter dem Haus der Culpepers war ich noch nie gewesen. Jede Menge Kiefern und irgendwelche hohen, schlanken Bäume mit grauer Rinde, die ich gar nicht kannte. Sam hätte sicher gewusst, was das für welche waren.
    »Ja, nur in den Wald hinterhergestiefelt bin ich ihnen noch nicht«, meckerte Isabel, schloss aber zu mir auf. So liefen wir nebeneinanderher, einen guten Meter Platz zwischen uns, stiegen über umgefallene Baumstämme und staksten durch das Unterholz. »Ich weiß nur, dass sie immer am dieser Seite des Gartens aufgetaucht sind. Und ich hab sie heulen hören, irgendwo in der Nähe des Sees.«
    »Two Island Lake?«, fragte ich. »Ist der weit von hier?«
    »Mir kommt’s jedenfalls so vor«, beschwerte sich Isabel. »Was genau machen wir hier eigentlich? Wölfe verscheuchen? Olivia suchen? Ehrlich, wenn ich geahnt hätte, dass

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