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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft
Autoren: Annette Meyers
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dicker Daunenpolsterung. Klubsessel griffen die matten Blautöne des Teppichs auf. Schwere Vorhänge in einem tieferen Rosa verdeckten die Fenster an der gegenüberliegenden Wand, die sicher auf die Fifth Avenue und das Museum gingen.
    Hazel hatte sich schon auf das Sofa neben eine winzige puppenhafte Frau gesetzt, die einen Zuchtnerzmantel und einen breitrandigen Nerzhut trug. Sie klammerte sich an Hazels Arm und starrte ängstlich auf Wetzon. »1st alles in Ordnung, Peepsie«, sagte Hazel liebevoll, »das ist meine Freundin Leslie. Ihr werdet euch bestimmt mögen. Leslie, das ist meine älteste, liebste Freundin, Peepsie Cunningham.«
    »Peepsie, Peepsie«, zirpte Peepsie Cunningham, sah Wetzon mit großen Augen an und streckte gehorsam wie ein kleines Mädchen die Hand aus.
    Wetzon trat näher, beugte sich hinunter und nahm die winzige Hand.
    »Ich habe dich so lange nicht gesehen«, klagte Peepsie Cunnigham, ohne Wetzons Hand loszulassen. Ihre Finger waren eiskalt. »Du schreibst nie. Ich weiß nicht, wo du steckst. Ich bin so allein.« Tränen rannen über die runden Bäckchen und verschwanden im Kragen des Nerzmantels.
    »Oje, Leslie, ich glaube, sie hält Sie für Marion, ihre Nichte«, sagte Hazel traurig.
    »Marion, setz dich hierher.« Peepsie Cunningham tätschelte die rosa Damastkissen und zog Wetzon mit überraschender Kraft auf das Sofa. »Peepsie«, wandte sie sich an Hazel, »sag Willie, er soll uns Tee bringen.«
    »Willie ist nicht mehr bei uns, Liebes«, antwortete Hazel, »Ida bringt uns Tee.« Sie streichelte ihre winzige Freundin an der Schulter. »Warum ziehst du nicht auch deinen Mantel aus? Es ist so warm hier drinnen. Und den Hut.»Peepsie Cunningham folgte brav.
    Unter dem Pelzmantel trug Peepsie Cunningham ein dunkelblaues Seidenkleid und eine lange, glänzende Perlenkette. Sie hatte passende Straßenschuhe von Gucci mit goldenen Bügeln an den zierlichen Füßen.
    Ohne den großen Hut sah sie noch püppchenhafter aus. Verblichene braune Löckchen umrahmten ihr Kindergesicht mit den großen Augen.
    »Marion«, begann Peepsie Cunningham. Ihre Finger kratzten Wetzons Arm. »Ich gab ihr die...«
    Sie verstummte, als Ida wieder erschien. Die Frau trug ein großes Silbertablett mit dem Teeservice, Tassen und Untertassen, einen Teller mit Teegebäck, Leinenservietten und Silberlöffel, die laut klirrten.
    »So, ihr Lieben, über was für schöne Dinge plaudern die Mädchen heute?« Ida sprach mit plumper Vertraulichkeit, als sie das Tablett auf dem runden Teetisch beim Sofa abstellte. »Wie möchten Sie den Tee, Ms. Whitman?«
    »Pur.«
    »Und Sie mit Zucker und Zitrone«, sagte Ida zu Hazel, ohne sie anzusehen. »Und wir wissen, daß wir ihn mit Milch und Honig mögen, ja, meine Liebe«, sagte Ida zu Peepsie Cunningham, die mit einem listigen Lächeln zu ihr aufschaute. Ida reichte ihnen die Tassen, goß dann eine für sich ein, gab reichlich Honig und Milch dazu und machte es sich auf einem Klubsessel bequem. Mit einem lauten Seufzer schüttelte sie die Schuhe ab, zog die Füße hoch und setzte sich darauf.
    Hazel zog die linke dunkle Braue fast bis zum Rand ihres burgunderroten Filzhutes hoch, den sie nicht abgesetzt hatte, wie Wetzon jetzt plötzlich auffiel. Jede Strähne von Hazels schneeweißem Haar war unter den Hut gesteckt. Auf einmal bekam sie Angst. Es war nicht Arthritis, was an Hazels Kräften zehrte. Der Krebs hatte sich zurückgemeldet.
    Wetzon wurde von einem klirrenden Geräusch aus ihren Gedanken gerissen. Peepsie Cunninghams Arm war noch in die Luft gestreckt. Sie hatte ihren Löffel durch das Zimmer geschleudert. Hazel wirkte schockiert.
    »Aber, aber, was für ein ungezogenes Mädchen wir sind«, schalt Ida und drohte Peepsie mit einem Finger. Sie stand widerwillig auf und schob die Füße in die Schuhe. »Ich hole einen frischen. Ts, ts, ts.«
    Fasziniert starrten sie auf Idas schaukelnden Gang in den hochhackigen Schuhen, auf ihr vorstehendes Hinterteil, das in die enge weiße Uniform gezwängt war.
    »So schlau, so schlau«, sagte Peepsie Cunningham gehässig. Sie nahm einen großen Schluck Tee und wandte sich flehend an Hazel. »Ich kann sie nicht finden. Ich habe sie nach Hause gebracht und kann sie nicht finden. Bitte, Peepsie, hilf mir.«
    Hazel beugte sich vor. »Was kannst du nicht finden?«
    »Du weißt schon«, antwortete Peepsie Cunningham. »Sag es Marion.« Sie wandte sich um und starrte Wetzon an. Ihre Stimme wurde laut vor Schreck. »Wer sind Sie? Was machen
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