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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Autoren: Tanya Carpenter
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ersten Moment glaubte ich bei dem Schrecken in Franklins Augen, er würde mein Anliegen ablehnen, doch dann nickte er.
    „Du denkst, dass sie hier Frieden finden wird.“
    „Ich weiß es. Danke, Dad.“
    All die Jahre im Orden hatte ich den Friedhof mit dem leeren Grab meiner Mutter gemieden. Jetzt blieb es nicht länger leer und es erschien mir richtig, auch Margret hier zu bestatten. Lilly wurde zu Joanna gestellt und ihre Gravur auf dem Stein ergänzt. Die beiden namenlosen Urnen fanden ihre letzte Ruhestatt daneben und auch Warren erhielt seinen Platz in diesem Kreis, obwohl sein Grab leer blieb, bis auf das Amulett mit meinem Blut. Es war friedlich, als wir – Franklin, Armand, Jenny und ich – in der Dunkelheit auf dem Friedhof standen, die Grabstätte nur von ein paar Fackeln erhellt. Arante hielt sich im Hintergrund, aber nach der Beerdigung wollten er und Jenny zu Saphyro aufbrechen. Ich konnte sie verstehen, auch wenn mir ihr Fortgang weh tat.
    Der Wind sang eine leise Trauermelodie und dünne Wolkenschwaden tanzten um einen vollen Mond. Der Augenblick besaß Erhabenheit, als ich die Krüge öffnete und die Asche der beiden Frauen, die mich auf einen Weg geführt hatten, den das Schicksal für mich bereit hielt, in die kleinen gläsernen Särge schüttete. Ich hatte es nicht über mich gebracht, sie in den Urnen zu belassen, die von Margret stammten und womöglich mit magischen Beschwörungsformeln belastet waren. Behutsam schloss ich den Deckel. „Ruht in Frieden. Und der Segen der Göttin sei mit euch.“
    Ein spitzer Schrei durchschnitt die Luft, gefolgt von einem heiseren Krächzen. Die beiden Vögel landeten auf dem weißem Grabstein meiner Großtante Camille, die hier im Orden meiner Lehrerin gewesen war. Der Falke meiner Mutter Joanna und Camilles Krähe mit der blauen Feder im Flügel.
    „Jetzt sind sie vereint. Wie es sein sollte“, sagte ich.
    Franklin kam an meine Seite. Er streckte die Hand nach den Tieren aus, kämpfte mit seinen Gefühlen, als der Falke ihn ansah und einen schrillen langgezogenen Schrei ausstieß. Eine Träne stahl sich über die Wange meines Vaters. Armand trat zwischen uns, legte uns beiden tröstend eine Hand auf die Schulter, symbolisierte damit eine Verbindung, die nie gebrochen war. Die Zeit stand für Sekunden still. Dann erhob sich der Falke und flog davon. Nur Camilles Krähe blieb noch auf dem Grabstein sitzen und nickte mir mit ihrem glänzenden schwarzen Köpfchen zu. Ich nahm die Schachtel mit Margrets Asche, meine Hände zitterten, aber die Krähe bestätigte mein Vorhaben mit einem auffordernden Laut.
    Jenny hielt mir eine kleine Ashera-Urne hin. „Nur für alle Fälle“, sagte sie.
    Ashera-Urnen waren geweiht, so war selbst die letzte Möglichkeit ausgeschlossen, dass Margrets Geist noch für Unruhe sorgen konnte.
    Nachdem wir sie in ihrem Grab zur Ruhe gelegt hatten und alle Gräber wieder mit Erde bedeckt waren, beäugte die Krähe jedes einzelne noch einmal aufmerksam, verharrte lange auf Margrets Ruhestatt, bis plötzlich eine kleine Nachtigall angeflogen kam und sich neben sie setzte. Es wirkte demütig, wie der kleine Vogel dicht an die Krähe heranhüpfte, das zarte Köpfchen senkte und unter ihren Flügel streckte. Die Krähe legte ihren Schnabel darüber und schien die Nachtigall sozusagen zu umarmen. Wir waren alle gleichermaßen verblüfft.
    „Ist das Margrets …“ Mein Vater schaffte es nicht, den Satz zu beenden.
    „Ihr Totem, ja. So wie es aussieht. Sehr ungewöhnlich für jemanden mit ihrem Charakter.“
    „Aber Totemtiere sind rein, oder nicht? Sie geben ihrem Träger ihre Kraft, aber sie formen nicht seinen Charakter“, warf Armand ein.
    Schließlich erhob sich auch die Krähe in die Luft und sagte mit einem letzten lauten Krächzen Lebewohl. Die Nachtigall zögerte nicht, sondern folgte ihr umgehend.
    „Es sieht fast so aus, als hätte Camilles Krähe darauf gewartet, Margrets Seele mitzunehmen, nicht wahr?“, sagte ich.
    Und ich glaubte, dass es so war. Man würde sie läutern. Auf der anderen Seite, in dieser trostlosen Totenstadt die ich gesehen hatte, als ich in Ägypten zwischen den Welten gewandelt war. Dafür trug Camilles Krähe Sorge. Ich wusste, ich würde sie nun ebenso wenig wiedersehen, wie den Falken meiner Mutter. Aber das Gefühl von Zufriedenheit in meinem Herzen sagte, dass das auch nicht mehr nötig war.

Glossar
     
Ashera
-
Semitische Fruchtbarkeitsgöttin, hier PSI-Orden
Crawler
-
Dunkle Vampire unter
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