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Rügensommer

Rügensommer

Titel: Rügensommer
Autoren: Aufbau
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Hartmann, in dem er ihr zum ersten Mal eine leitende Position auf einer Insel in Aussicht gestellt hatte, in einem Anfall völlig verfrühter Euphorie diese sündhaft teure wasserfeste Wimperntusche gekauft hatte. So brauchte sie sich keine Sorgen zu machen, wenn ihr Make-up einige Spritzer Wasser abbekam. Sie hatte den Gedanken noch gar nicht zu Ende geführt, da plumpste neben ihr etwas ins Wasser und löste eine Welle aus,die Deikes Gesicht einmal komplett überspülte. Sie versuchte sich hinzustellen, bekam die Füße aber wegen des hohen Salzgehalts und der dadurch bedingten Tragfähigkeit des Wassers nicht so leicht auf den Boden und musste ordentlich mit den Armen rudern, bis sie schließlich stand. Sie würgte und hustete. Gegen gutgewürztes Essen hatte sie nichts einzuwenden, aber dieser Salzgeschmack war entsetzlich.
    »Da haben Sie aber Glück, dass mir nichts aus der Hand gefallen ist, was Strom führt«, rief eine Stimme vergnügt von oben.
    Deike legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in Richtung Decke. Verschwommen konnte sie einen Mann erkennen, der den Pavillon betreten haben und auf das Baugerüst und von dort in die Konstruktion unter der Decke geklettert sein musste, als sie auf dem Rücken, die Ohren unter Wasser, durch das Becken getrieben war.
    »Glück?«, fauchte sie und kniff die Augen zu, die wie verrückt brannten. »Das Ding hätte mich erschlagen können! Was war das überhaupt?« Sie öffnete die Augen kurz, um sich umzusehen, musste sie aber sofort wieder schließen. Herrje, das brannte wirklich fürchterlich.
    »Das war nur ein Plastikrohr, das wiegt nicht viel«, kam die Stimme von oben. Von den Geräuschen, die ebenfalls an Deikes Ohr drangen, leitete sie ab, dass der Handwerker vom Gerüst kletterte.
    »Wieso arbeiten Sie überhaupt noch um diese Zeit? Schon mal etwas von Feierabend gehört?« Sie streckte die Arme vor und machte unsichere Schritte in Richtung Beckenrand.
    »Haben Sie schon mal etwas von Fertigwerden gehört? Hier ist noch einiges zu tun, in zwei Wochen soll Eröffnung sein. Was machen Sie hier überhaupt? Der Bereich ist für Gästegesperrt. Haben Sie die Schilder und die Absperrung nicht gesehen?«
    Sie erklärte ihm, dass sie Journalistin und von M. persönlich eingeladen sei. Endlich erreichten ihre Fingerspitzen den Beckenrand.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen.« Die Stimme war jetzt ganz nah. Der Mann nahm ihre Hände in seine und führte sie langsam bis zur Treppe. Dann half er ihr aus dem Wasser und brachte sie zu ihrem Handtuch.
    »Danke.« Sie wickelte sich ein und versuchte zu blinzeln, aber es tat noch immer teuflisch weh. Trotzdem sagte sie: »Den Rest schaffe ich schon alleine.«
    »Okay, dann rette ich jetzt mal das Rohr.« Damit ließ er sie stehen.
    Deike brauchte lange für den Weg zu den Umkleidekabinen. Ihre Augen tränten noch immer pausenlos, aber immerhin konnte sie sie allmählich wieder öffnen. Sie sah zwar noch verschwommen, war jedoch in der Lage, sich zu orientieren. Und irgendwann hatte sie ihre Sehkraft vollends zurück. Sie warf als Erstes einen Blick in den Spiegel.
    »Na toll!«, stöhnte sie. Nicht genug, dass die Wimperntusche den Härtetest nicht bestanden, sondern sich großflächig um die Augen verteilt hatte, waren diese auch noch deutlich gerötet. Sie zog sich eilig an und versuchte, die dunkelgrauen Ringe abzuwischen. Jetzt zeigte die Tusche noch einmal so richtig, was sie konnte. Deike musste schrubben und reiben, bis das Zeug weg war. Das Ergebnis waren rote Ringe, die ihre Augen farblich durchaus passend einrahmten. Super, sie sah aus wie ein Rotgesichtsmakak, den sie einmal in einer Dokumentation über japanische Affen gesehen hatte.
     
    Fünf Stunden später waren nicht nur die Rötungen verschwunden, auch ihr Ärger war verflogen. Das Essen war wirklich ausgezeichnet gewesen und das Gespräch mit M. sehr angenehm. Wie Andrea angekündigt hatte, brauchte man bei ihm kein peinliches Schweigen oder eine zähe Konversation zu fürchten. M. gehörte zu den kommunikativen Männern und hatte ein bewundernswertes Wissen. Zum Beispiel erklärte er ihr, warum gerade der hohe Salzgehalt, der Deike etwas zu schaffen gemacht hatte, besonders gesund war. Zudem konnte er unzählige Anekdoten über Rügen und seine Geschichte zum Besten geben. Er hatte von der ersten Minute dafür gesorgt, dass Deike sich wohlfühlte und es ihr sogar gelang, die leuchtenden Flecken in ihrem Gesicht zu vergessen.
    Als sie nun nach Hause kam, war
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