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Ruby und Niall

Ruby und Niall

Titel: Ruby und Niall
Autoren: Pia Recht
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Socken gezogen. Vermutlich war das eine der schrägen Gestalten, die Julianne erwähnt hatte, bevor sie hektisch abgedampft war.

Eine halbe Stunde später kamen doch noch Kunden und sie verkaufte Tickets für den Bus nach Norway, was leider nicht mehr als zweiundsiebzig Meilen brachte, auch wenn es vier Tickets waren. In dem Wettbewerb zählte die Anzahl nicht.
Die beiden Pärchen sahen aus wie Ruby sich Studenten vorstellte, allerdings die echten Studenten, denn ihre Schwester hatte sich auch immer mit der Aura einer Studentin umgeben und dabei noch nie eine Universität von innen gesehen. Manchmal plauderte Ruby mit den Kunden, aber bei Pärchen hielt sie sich zurück. Manche Frauen kamen nicht damit klar, wenn sich ihre Männer zu sehr mit anderen Frauen beschäftigten. Sie stellte Vermutungen an, was sie in Norway vorhatten und kam nicht wirklich dahinter. Dort gab es nichts, was es in Winslow nicht auch gab.
Sie schaltete das Radio ein und drehte von einem Sender auf den nächsten, konnte aber nichts finden, wo sie gerne hängen geblieben wäre. Ethan redete seit Monaten davon, er würde einen kleinen tragbaren Fernseher besorgen, aber bisher war noch nichts passiert, außerdem hätte Golightly bestimmt etwas dagegen.
Während sie noch am Radio herumdrehte, klingelte ihr Handy in den Tiefen ihrer Handtasche und sie tauchte unter den Tisch ab, wühlte in der Tasche herum und fand es schnell genug, bevor die Verbindung unterbrochen wurde. Die meisten wussten, dass sie bei Ruby lange klingeln lassen mussten.
"Hallo", sagte sie, schaltete das Radio aus. Sie hatte die Telefonnummer erkannt und wusste, was kam. Sie hätte dieses Telefonat auch als Monolog auf einer Kleinkunstbühne halten können.
"Ruby, wo warst du?" Die wütende Stimme ihrer Mutter. Sie war von einer sehr direkten Natur, und wenn sie wütend war, ließ sie das einen sofort spüren. Ruby starrte auf das zerfledderte Buch mit den Busverbindungen. Die Wichtigsten waren gelb markiert worden, dort wollten die Menschen am häufigsten hin. Die kleinen Sternchen markierten die Orte, an denen sie am liebsten wäre. Es waren die Langstreckenverbindungen in den mittleren Westen. Sie fand, dass sich New Mexico verdammt gut anhörte. Aber bei ihrem Budget hätte sie auch eine Reise zum Mars buchen können.

Sie hielt sich vor Augen, dass sie zwar keinen solchen Job hatte, den ihre Mutter sich gewünscht hätte, aber es war ein Job, den sie sich selbst besorgt hatte und mit dem sie über die Runden kam. Sie versuchte sich abzulenken, um nicht ebenfalls wütend und laut zu werden. Sie dachte an Las Vegas, San Francisco.
"Wer spricht denn da?", fragte sie. So reagierte sie immer, wenn ihre Mutter es unterließ, sich mit Namen zu melden.
"Jetzt sei nicht albern. Du weißt genau, wer hier ist. Und erzähle mir nicht, du hättest die Einladung nicht erhalten."
"Ich hab sie bekommen, aber ich habe nicht zugesagt."
"Zu einer Familienfeier muss man nicht zusagen. Helen war drei Tage bei uns. Wir haben auf dich gewartet."
"Ich hatte keine Zeit." Es war unmöglich zu sagen, dass sie die Familie nicht hatte sehen wollen, nicht einmal für ein paar Stunden.
"Hast du mit deiner Schwester telefoniert? Sie wollte dich anrufen. Ich habe extra einen großen Truthahn gekauft, du hättest dir die Reste mitnehmen können. Und Alfie hätte sich auch gefreut, dich zu sehen."
"Geht es dir um den Truthahn?" Sie hätte fast noch vorgeschlagen, sie hätte die Reste auch per Post verschicken können, aber das verkniff sie sich. Und dass ihre Mutter Alfie vorschob, um ihr ein schlechtes Gewissen zu machen, versuchte sie zu ignorieren. Sie beobachtete, dass der Eisbär sich auf einer Krücke durch die Halle bewegte. Sie klemmte unter seiner rechten Armbeuge, es war eine dieser altmodischen Krücken, die Ruby nur aus schwarz-weißen Filmen kannte.
"Sei nicht albern, Ruby, es geht mir nicht um den Truthahn. Es wäre sehr nett gewesen, wenn du bei diesem Familienfest anwesend gewesen wärst."
"Ich hatte wirklich keine Zeit, Mom. Und nein, Helen hat mich nicht angerufen. Sie ruft mich nie an. Sie sagt dir nur, sie würde es tun."
"Lass deine Laune nicht an deiner Schwester aus."
"Ich will sie nur nicht enttäuschen."
Ihre Mutter machte ein Geräusch, das nach einem Lachen klang, aber keines war. Es hatte einen gehässigen Unterton.
Ruby starrte gebannt auf den Eisbären, der jetzt genau auf den Kartenschalter zusteuerte. Er war linkslastig durch die Krücke auf der rechten Seite, hielt den
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