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Roverandom

Roverandom

Titel: Roverandom
Autoren: J. R. R. Tolkien
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und auf den Mond. Das hat der alte Psamathos gesagt.«
    Rover gefiel die Vorstellung überhaupt nicht, den Rand der Welt zu überqueren, und der Mond erschien ihm irgendwie als ein kalter Ort.
    »Warum zum Mond?«, fragte er. »Es gibt jede Menge Orte auf der Welt, wo ich nie gewesen bin. Ich habe nie davon gehört, dass es auf dem Mond Knochen gibt, geschweige denn Hunde.«
    »Zumindest einen Hund gibt es dort, denn der Mann im Mond hält einen; und weil er ein rechtschaffener alter Bursche ist, nicht anders als die größten aller Zauberer, gibt es dort gewiss auch Knochen für den Hund und vermutlich für Besucher. Warum er dich dort hinschickt, wirst du, glaube ich, bald herausfinden, wenn du einen klaren Kopf behältst und nicht deine Zeit mit Murren verschwendest. Ich denke, es ist sehr freundlich von Psamathos, dass er sich überhaupt um dich kümmert; um ehrlich zu sein, verstehe ich nicht, warum er das tut. Es ist nicht seine Art, Dinge ohne einen guten, gewichtigen Grund zu tun – und du scheinst mir weder gut noch gewichtig zu sein.«
    »Danke«, sagte Rover und fühlte sich zerknirscht. »Es istsehr freundlich von all diesen Zauberern, sich um mich zu bemühen, da bin ich sicher, wenn es auch ziemlich anstrengend ist. Du weißt nie, was als Nächstes passiert, wenn du dich einmal mit Zauberern und ihren Freunden eingelassen hast.«
    »Es ist ein viel größeres Glück, als es ein kläffendes kleines Spielzeughündchen verdient«, sagte die Seemöwe, und darauf verstummte ihre Unterhaltung für lange Zeit.
    Der Mond wurde größer und heller und die Welt unten dunkler und ferner. Schließlich hörte die Welt plötzlich auf, und Rover konnte die Sterne sehen, die aus der Dunkelheit unter ihnen heraufstrahlten. Tief unten konnte er die weiße Gischt im Mondlicht erkennen, wo Wasserfälle über den Rand der Welt fielen und geradewegs in den Raum stürzten. Ihn überkam ein höchst unbehagliches Schwindelgefühl, und er kuschelte sich in Möwes Federn und schloss die Augen für eine lange, lange Zeit.
    Als er sie wieder öffnete, erstreckte sich unter ihnen der Mond, eine neue weiße Welt, schimmernd wie Schnee, mit weiten freien Flächen von Mattblau und Grün, wo die hohen, spitzen Berge ihre langen Schatten auf den Boden warfen.
    Ganz oben auf dem höchsten dieser Berge, der so hoch war, dass er sie aufzuspießen schien, als Möwe niederschwebte,konnte Rover einen weißen Turm erblicken. Er war weiß mit rosafarbenen und mattgrünen Linien durchzogen und schimmerte, als wäre er aus Millionen von Muscheln erbaut, die vom Schaum noch feucht schimmerten; und der Turm stand am Rand einer weißen Klippe, weiß wie ein Kreidefelsen, doch im Mondlicht heller erstrahlend alseine weit entfernte Glasscheibe in einer wolkenlosen Nacht. Die Klippe hinab gab es keinen Pfad, soweit Rover sehen konnte; doch das spielte im Augenblick keine Rolle, denn Möwe schwebte geschwind hinab und ließ sich bald auf dem Dach des Turms nieder, in schwindelerregender Höhe über der Mondwelt, gegen welche die Klippen am Meer, wo Möwe wohnte, niedrig und sicher erschienen.
    Zu Rovers großer Überraschung öffnete sich neben ihnen im Dach sogleich eine kleine Tür, und ein alter Mann mit einem langen, silbrigen Bart steckte seinen Kopf heraus.
    »Kein übles Tempo, wahrlich!«, sagte er. »Ich habe deine Zeit gemessen, seit du den Rand passiert hast – tausend Meilen in der Minute, schätze ich. Du hast es eilig heute Morgen! Ich bin froh, dass du meinen Hund nicht gerammt hast. Wo, um Mondes willen, steckt er wieder, möchte ich wissen?«
    Er zog ein riesig langes Fernrohr hervor und setzte es an ein Auge.
    »Da ist er! Da ist er!«, rief er. »Ärgert wieder die Mondstrahlen, verflixt noch mal! Komm runter, mein Freund! Komm runter, mein Freund!«, rief er in die Luft hinauf, und dann begann er einen langen klaren Silberton zu pfeifen.
    Rover blickte in die Luft hinauf und dachte, dieser komische alte Mann müsse völlig verrückt sein, nach seinem Hund im Himmel zu pfeifen; doch zu seinem Erstaunen sah er hoch oben über dem Turm einen kleinen Hund mit weißen Flügeln Dinge jagen, die wie durchsichtige Schmetterlinge aussahen.
    »Rover! Rover!«, rief der alte Mann; und gerade als unser Rover auf Möwes Rücken hochfuhr, um zu sagen »Da binich!« – ohne sich erst einmal zu fragen, woher der alte Mann seinen Namen wusste –, sah er den kleinen fliegenden Hund aus dem Himmel nach unten schnellen und auf den Schultern des alten
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