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Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Titel: Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
Autoren: Gianni Sander , Marc-André Rüssau
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täuschten sich.
    Von Anfang an wollte die niederländische Regierung verhindern, dass die Molukker in Europa heimisch wurden. Daher gettoisierten sie die Molukker in eigenen Vierteln, gaben ihnen keine Arbeit und keine Möglichkeit, am Leben in den Niederlanden teilzuhaben. Die stolzen Molukken-Krieger waren so an den Rand der Gesellschaft gedrängt, degradiert zu Almosenempfängern.
    Die Molukker gaben ihren Stolz an ihre Kinder weiter, die in den Niederlanden geboren wurden. 1975 wandelte sich die bestehende Unzufriedenheit in Gewalt gegen die Niederländer. Die Molukker forderten, dass sich die Niederländer für einen unabhängigen Molukkenstaat einsetzten. Und sie waren bereit, diese Forderung mit Gewalt durchzusetzen.
    1970 wollte der indonesische Präsident Suharto die Niederlande besuchen. Die Niederländer rollten ihm den roten Teppich aus. Dabei hatte Indonesien erst vier Jahre zuvor den Präsidenten der Südmolukken hingerichtet. Die Molukker konnten nicht ertragen, dass sich die Niederländer mit Suharto an einen Tisch setzten.
    Daher planten die Molukker-Krieger, am Vorabend des Staatsbesuchs die indonesische Botschaft in Den Haag, das indonesische Konsulat in Amsterdam und die Botschafterwohnung in Wassenaar zu erstürmen und zu besetzen. Umgesetzt wurde schließlich nur der letzte Plan, dabei kam ein Polizist ums Leben, der indonesische Botschafter konnte fliehen. Die 33 Molukker-Krieger konnten durch die Geiselnahme des Botschaftspersonals zumindest durchsetzen, dass es zu einem Gespräch zwischen dem Molukker-Chef und dem niederländischen Ministerpräsidenten kam – aus dem sich natürlich nichts Konkretes ergab.
    Aber die Molukker hatten den Krieg in den Niederlanden eröffnet. Es folgten Brandanschläge auf indonesische Einrichtungen und den Friedenspalast in Den Haag. Sogar die Entführung der niederländischen Königin wurde geplant, aber nicht umgesetzt.
    Schließlich, im Jahr 1975, entführten sieben Molukken-Krieger einen niederländischen Regionalzug. Sie zogen die Notbremse, erschossen den Lokführer und forderten die Freilassung aller inhaftierten Molukker sowie diplomatische Gespräche zwischen den Molukkern, dem indonesischen Präsidenten und der niederländischen Regierung. Parallel besetzten die Molukker das indonesische Konsulat in Amsterdam.
    Als die niederländische Regierung nicht auf die Forderungen einging, erschossen die Molukker zwei Geiseln. Zwölf Tage später wurden die Geiselnahmen beendet, als die niederländische Regierung Gespräche zusagte. Die Minimalforderung war, dass die Niederlande einen unabhängigen Südmolukkenstaat nicht mehr kategorisch ausschließen sollten. Doch nicht einmal darauf wollten sich die Niederlande festlegen.
    Das radikalisierte die Molukker noch weiter. Sie entführten 1977 einen Intercity und besetzten zeitgleich eine Grundschule und nahmen mehr als 100 Kinder als Geiseln. Die Besetzung der Grundschule wurde unblutig beendet. Der Zug blieb aber drei Wochen lang in der Gewalt der Molukker, bis die Niederländer den Zug stürmten. Dabei starben zwei Geiseln und sechs der neun Geiselnehmer.
    Diese Gewalttaten sorgten dafür, dass die Molukker in den Niederlanden einen verheerenden Ruf haben. Ihre Verzweiflung und die gerechte Sache, für die sie sich eigentlich einsetzten, wird dabei nicht mehr gesehen.

    1990 gründeten Molukker den Motorradclub MC Satudarah in Moordrecht in Südholland, in der Nähe von Gouda. In Moordrecht gibt es seit mehr als 50 Jahren eine große Molukken-Gemeinde. Hier hatten die Niederländer, weit ab vom Schuss, eine Gruppe Molukker angesiedelt.
    Die Molukker wählten für ihren Club den Namen Satudarah, ein Wort aus der malayo-polynesischen Sprache, das »ein Blut« bedeutet. Als Logo entschieden sie sich für einen doppelköpfigen Indianer, dessen eines Gesicht schwarz und das andere weiß ist, als Symbol für die Freundschaft der Rassen. Die Illoyalität der Niederländer hat die Molukker nicht resignieren lassen. Ihre Bruderschaft soll offen sein für alle Menschen. Der Indianer trägt neun Federn, eine für jedes Gründungsmitglied. Den Bottom Rocker, also den Aufnäher auf der Weste unter dem Clublogo, ziert nicht wie bei anderen Clubs üblich der Name der Stadt, in der das Chapter sitzt, sondern Maluku – der Name der ehemaligen Molukker-Republik in Indonesien.
    Satudarah erhielt nicht zuletzt wegen der Geschichte der Molukker, die sich hier organisierten, von Anfang an starken Zulauf. Die Mitglieder sehen sich
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