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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot
Autoren: Bernhard Salomon
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»Kennt man ihn?«
    »Die Wiener Mordkommission wurde eingeschaltet. Obwohl der Tatort in Niederösterreich liegt.«
    »Die wissen nie genau, wer wofür zuständig ist.«
    »Ich glaube, ich habe den Mörder wegfahren sehen.«
    May tippte auf den Artikel. »Hier steht, dass es auch ein Selbstmord gewesen sein könnte.«
    »Es steckt mehr dahinter. Das sagt mir mein Instinkt.«
    »Dein Instinkt also.« May verzog spöttisch den Mund. »Wenn das schon für eine Seite bei uns reichen würde, müssten wir jede Woche als Telefonbuch erscheinen.«
    »Wir hätten einen gewissen Informationsvorsprung.«
    »Das ist ein Fall für dein Tagebuch. Man findet ja wirklich nicht jeden Tag eine Leiche.«
    Albin nahm die Zeitung wieder an sich.
    »Kein Problem, oder?«, sagte May.
    »Kein Problem«, sagte Albin und ging.
    »Albin Fischer. Würden Sie mich bitte mit Chefinspektor Damian Bergmann verbinden?«
    Albin hatte keine Sekunde gezögert. Zwar kannte er sich bei der Kripo nicht aus, doch andererseits hatte er beim Report immer nur mit Dingen zu tun gehabt, bei denen er sich nicht auskannte.
    »Verzeihen Sie. Würden Sie noch einmal Ihren Namen nennen?«
    »Natürlich …«
    Wenig später hob Bergmann mit gelangweiltem Murren ab.
    »Albin Fischer vom Report …«
    »Sie sind bei mir falsch, Herr Redakteur«, unterbrach ihn der Chefinspektor sofort. »Rufen Sie bitte unsere Pressestelle an.«
    »Ich habe den Toten beim Heidentor gefunden. Ich …«
    »Wie war Ihr Name?«
    »Fischer. Albin Fischer.«
    »Ich erinnere mich. Sie wurden in Wildungsmauer vernommen. Was wollen Sie?«
    »Mit Ihnen reden.«
    »Weshalb? Gibt es Dinge, die Sie bei Ihrer ersten Vernehmung verheimlicht haben?« »Ich habe alle Fragen der Kripoleute beantwortet.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Wie ich es gesagt habe.«
    »Es klingt, als hätten Ihnen die niederösterreichischen Kollegen gewisse Fragen nicht gestellt.«
    »Das ist Ihre Interpretation.«
    »Ich kenne diesen Unterton. Sie wollen mich erpressen. Information gegen Information. Bei mir zieht das nicht.«
    »Nichts liegt mir ferner.«
    »Ihr Journalisten seid doch alle gleich.«
    »Weshalb ermittelt ein Wiener Chefinspektor in einem niederösterreichischen Mordfall?«
    Bergmann ging nicht darauf ein. »Rufen Sie nun als Redakteur oder als Zeuge an?«
    »Als Redakteur, der zufällig Zeuge wurde.«
    »Ich bin mit Schreiberlingen immer nur auf die Nase gefallen. Zuerst holen sie sich, was sie brauchen, und dann verkaufen sie dich für ein paar Zeilen.«
    »Ich möchte zur Aufklärung beitragen.«
    »Gott bewahre. Das hört sich nach einem jungen Mann auf der Suche nach Gerechtigkeit an. Da sind mir Ihre karrieregeilen und erpresserischen Kollegen noch lieber.«
    »Was muss ich tun, damit Sie mit mir reden?«
    Bergmann dachte kurz nach. »Geben Sie zu, dass Sie tatrelevante Informationen bewusst zurückgehalten haben, um Profit daraus zu schlagen. Dann lasse ich Sie verhaften und wir reden beim Verhör.«
    Albin war gar nicht auf die Idee gekommen, Informationen strategisch zurückzuhalten. Das tat ihm jetzt Leid. So blieb ihm nur der Bluff. »Wenn ich mehr wüsste, würde ich es sicher nicht bei einem Verhör sagen.«
    »Sie kennen unsere Methoden nicht. Manchmal steht etwas darüber in den Zeitungen. Sie wissen schon. Blutige Gesichter, geschwollene Augen, ausgeschlagene Zähne, gebrochene Arme. Wir dementieren alles. Die Leute haben vor Gericht keine Chance. Es steht immer die Aussage eines Verdächtigen gegen die von drei Beamten. Wie alt sind Sie?«
    »Sechsundzwanzig.«
    »Dann unterstelle ich, dass Ihnen die schweren Fehler, die sie gerade machen, in guter Absicht unterlaufen. Ich gebe Ihnen noch eine Chance, alles zu sagen, was Sie wissen. Obwohl ich glaube, dass Sie nur bluffen. Sprechen Sie jetzt.«
    »Wir sollten uns lieber treffen. Ich möchte den Fall noch einmal durchgehen.«
    »Also meinetwegen. Kennen Sie das Domcafé?«
    »Nie gehört.«
    »Ein echter Geheimtipp. Es liegt gegenüber dem Hauptportal des Stephansdoms und trotzdem kennt es kein Mensch. Passt Ihnen sechzehn Uhr?«
    »Vielen Dank. Ich werde pünktlich sein.«
    Hinter Albin klingelte es silbern. Ein seltsamer Singsang ertönte. Ein Junge mit weißem T-Shirt und roter Schürze machte im ganzen Stockwerk mit einer kleinen Glocke Werbung für seinen Buffet-Wagen. »Was gibt es dort?«, fragte Albin.
    »Tramezzini, Antipasti, Salate und Mehlspeisen«, sagte der Junge. »Kommen Sie und sehen Sie.«
    Albin seufzte. Vor wenigen
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