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Rosen und der Tod)

Rosen und der Tod)

Titel: Rosen und der Tod)
Autoren: Isadorra Ewans
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hindurchpasste. Alle anderen mussten sich drehen und wenden, um sich nicht an den rauen Wänden zu verletzten. Vorsichtig ging ich hinauf. Am Ende der Stiege war eine weitere Tür, die nur angelehnt war. Ein Lichtstrahl fiel auf die oberste Stufe, und als ich vollkommen außer Atem oben angekommen war, schob ich die Tür weiter auf, steckte den Kopf durch den Spalt und lauschte. Von meiner Position aus, war der Raum hinter dieser Tür nicht einsehbar, obwohl er sehr groß sein musste. Entschlossen trat ich ein. Ich musste um eine Ecke gehen, denn der Treppenaufgang spielte in den Dachboden hinein. Helle Farben empfingen mich, ein weicher Teppich unter meinen Füßen schluckte jedes Geräusch. Die schrägen Wände dieses Dachbodens waren mit schweren Brokatstoffen gepolstert worden; Fenster gab es zwei, die jeweils in einer Gaube gegenüberliegend versteckt waren. Indirektes Licht strahlte Wärme aus. Wären die Brokatstoffe nicht gewesen, so hätte man denken können, dass man in einer luxuriösen Turnhalle aus dem 19. Jahrhundert gelandet wäre. Russel wartete in der Mitte des Raumes auf mich. Er war ganz in Schwarz gekleidet und wirkte dadurch noch größer und imposanter als er es eh schon tat. Zu seinen Füßen kringelten sich diverse Seile wie Schlangen, die sich einem Fakir zur Dressur vorwarfen; über seinem Kopf ein Karabiner an einer schweren Kette. Ich folgte der Kette mit meinem Blick. Neben einer der Gauben war eine Vorrichtung, um die schweren Glieder zu fixieren. Russel sortierte etwas, war sehr konzentriert, doch als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, sah er kurz auf, winkte mich zu ihm. Seine dunklen Augen musterten mich für einen Augenblick streng und machten mir bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, was er von mir wollte. Ich war die Schülerin, er der Meister. Er wendete sich wieder seinen Seilen zu und wir schwiegen uns an. Nervös, wie ich war, sah ich mich um. Der Raum war nicht besonders ergiebig, was mir also keinerlei neuerliche Erkenntnisse bescherte. Ich wippte unbeholfen wie verlegen auf meinen Fußspitzen hin und her, und vermied es Sir Russel anzusehen. Ich die Schülerin, er der Meister.
    Ein sachter Luftzug, um meine nackten Beine, ließ mich vermuten, dass noch jemand den Raum betreten haben musste und ich drehte mich um. Es war Sir Zachery. Mir stockte der Atem. Er? Hier? Blieb mir denn gar nichts erspart? Er lächelte ein sicheres Lächeln. Noch ein Meister. „Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung“, sagte er und sein süffisanter Unterton gefiel mir ganz und gar nicht. Er trat hinter mich, öffnete den Knoten meines Gürtels und schob den Mantel über meine Schultern. Darunter war ich nackt. Hätte ich denn ahnen können …? Natürlich hätte ich. Aber doch nicht mit zwei Herren gleichzeitig! „Praktisch“, konstatierte Sir Zachery. „Wie weit bist du?“, fragte er Russel.
    „Gleich fertig“, gab der zur Antwort. Und verdammt: Irgendwie war hier im ganzen Haus Klebstoff auf den Böden verteilt. Ich war erstarrt, und konnte wieder einmal meine Füße nicht bewegen, obwohl ich sofort hätte weglaufen sollen. Um ehrlich zu sein, fürchtete ich mich vor dem, was nun passieren würde. Aber genau diese Furcht nährte diese verfluchte Sehnsucht, ihn mir fühlen zu wollen. Ich schloss die Augen – nur für einen Moment – atmete hörbar aus und befreite mich von allen Gedanken, die ich an diesem Tag hatte und je hätte haben können. „Sie haben sicherlich die Zeit genutzt, um sich ein wenig mit unserem Regelwerk vertraut zu machen", begann Sir Russel, ohne den Blick von seinen Händen zu nehmen, die immer noch mit dem Seil beschäftigt waren. Ohne eine Antwort abzuwarten und ohne mich anzusehen, fuhr er fort. „Dort werden Sie ebenfalls sicherlich das Kapitel über die Bestrafungen bei Verstoß gegen das Regelwerk entdeckt haben.“
    Hatte ich nicht. Aber würde er mir das glauben? Wohl eher nicht.
    „Wir unterscheiden Bestrafungen in zwei Kategorien. Da wäre zum einen die Private, die sie heute erfahren werden. Zum anderen die öffentliche, die vor den Mitgliedern der Bruderschaft vollzogen wird.“
    Bestrafung? Halluzinierte er? Wofür wollte er mich bestrafen? Und wer gab ihm überhaupt das Recht dazu?
    „Die private Bestrafung wird von einem Zeugen begleitet, der – je nachdem, ob es erforderlich ist – auch einmal zur Hand gehen darf. Sie wissen, warum Sie heute Abend eine Bestrafung erhalten werden?“
    Ich schüttelte den Kopf. Meine Gedanken jagten hin
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