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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens
Autoren: R Merle
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Herzog von Piemont.
    Wenn Ludwig einen Gesandten empfing, bezeigte er ihm die gewissenhafteste Höflichkeit. Er erhob sich, schritt ihm entgegen
     und grüßte ihn mehrmals, indem er den Hut zog, um dem Land, das jener repräsentierte, Ehre zu erweisen. Und gehörte der Würdenträger
     einem befreundeten Reich wie etwa Savoyen an und hatte er ihn lange nicht gesehen, dann umarmte er ihn sogar. Und jedesmal
     wenn der Gesandte ihn im Verlauf des Gesprächs mit »Seine Majestät« anredete und sich dabei verneigte, erwiderte Ludwig die
     Verneigung unverzüglich. Was ihn nicht hinderte, der Rede seines Gegenübers mit aller Aufmerksamkeit zu folgen. Sein junges
     Gesicht – meine schöne Leserin möge sich vergegenwärtigen, daß er noch keine sechzehn Jahre alt war –, war dann zugleich von
     Ernst, Würde und Wohlwollen durchdrungen.
    Keinen solchen Empfang erfuhr der Vertreter des besagten Reiches, das bekanntlich einer Monarchie, die unseren Herzen teuer
     war, immer wieder zu schaden versuchte. Als der Herzog von Monteleone erschien und auf den König zuging, erhob sich Ludwig
     zur Erwiderung seines Grußes nur halb vom Sitz und lüftete nur halb den Hut. Dann sagte er gleich zur Eröffnung ohne alle
     Floskeln, Umschweife und Schonung, sollten die Truppen seines liebwerten Vetters das Land Savoyen weiterhin belästigen, werde
     er zu den Waffen greifen und seinen Freunden Hilfe leisten.
    Da stand der Herzog von Monteleone mit langem Gesicht, langen Gliedern, lang in allem, hager und steif. Nur mühsam hatte man
     diesem Herrn bei seiner Ankunft in Frankreich beibringen |14| können, daß er, auch wenn er als spanischer Grande vor seinem eigenen Herrscher bedeckt bleiben durfte, vor dem König von
     Frankreich das Haupt zu entblößen hatte. Verblüfft nun über Ludwigs ebenso entschlossene wie knappe Rede, wußte er sie sich
     nicht anders zu deuten denn als Beweis der Unerfahrenheit, und er dachte, über einen so grünen König leicht die Oberhand zu
     gewinnen.
    »Sire«, sagte er, »dies kommt für mich so unerwartet, daß ich mich enthalten werde, meinem König zu schreiben, der König von
     Frankreich habe die Absicht, zugunsten Savoyens zu den Waffen zu greifen.«
    Ich stand hinter Monsieur de Villeroy, der hinter dem Lehnstuhl Seiner Majestät stand, und konnte deshalb Ludwigs Miene nicht
     sehen, als er antwortete. Aber am Klang seiner Stimme hörte ich, daß er die Herablassung, die aus den Worten des Gesandten
     sprach, als verletzend empfand.
    »Monsieur«, sagte er kühl, »schreibt nur immer, daß die Kämpfe um des allgemeinen Friedens willen einzustellen sind, oder
     ich eile Savoyen, das meiner Krone untersteht, zu Hilfe.«
    Dieser Erklärung folgte ein Schweigen.
    »Wenn Eure Majestät es so wünscht«, sagte der Herzog von Monteleone mit einer Verneigung, doch ohne seine Hoffart aufzugeben,
     »werde ich schreiben, was sie mir meinem König zu schreiben befiehlt, aber ich bedaure, daß Eurer Majestät zu einem solchen
     Entschluß geraten wurde.«
    Auf diese kaum verhüllte Unverschämtheit hin straffte sich Ludwig und erwiderte, ohne die Stimme zu heben: »Dazu, Monsieur,
     rät mir einzig meine Pflicht.«
    Und mit eisiger Stimme setzte er hinzu: »Ich habe Euch meinen Willen gesagt. Unterrichtet Euren Herrn davon und sucht Monsieur
     de Villeroy auf, er wird Euch meine übrigen Intentionen mitteilen.«
    Dies war das erste und letzte Mal, daß Herr von Monteleone dem König von oben herab zu kommen versuchte. Nicht daß er dumm
     war, er hielt nur, weil er unter der Regentschaft wenig in Ludwigs Nähe gekommen war, noch an der Version von dem ›höchst
     kindischen Kinde‹ fest, die seine Mutter in die Welt gesetzt hatte. So kam es, daß die Audienz vom vierundzwanzigsten April
     1617 ihn unversehen traf und sprachlos machte. Dennoch, von seiner eigenen Unfehlbarkeit eingenommen wie |15| Diplomaten oft, blieb er überzeugt, daß die Vaterschaft des Staatsstreiches nicht dem König zukam, sondern Monsieur de Luynes
     und seiner Umgebung. Nun, daß dem nicht so war, kann ich als einer der Verschworenen um Ludwig bezeugen. In unseren geheimen
     Versammlungen wußte der arme Luynes, ein so reizender Mensch und eine solche Memme, immer nur die Flucht vorzuschlagen. Wäre
     es nach ihm gegangen, lebte Concini noch und säße die Regentin immer noch auf dem Thron.
    Gegen Spanien nun begnügte sich Ludwig nicht mit einer Drohung. Ungesäumt entsandte er Truppen unter dem Befehl von
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