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Rosas Vermaechtnis

Rosas Vermaechtnis

Titel: Rosas Vermaechtnis
Autoren: Christa Leinweber
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Schnaps, nehme ich an.«
    »Vom Essen scheint er ja etwas verstanden zu haben, auf jeden Fall war er kein Kostverächter, und gefahren ist er anschließend auch noch«, überlegte Alexandra, während sie den Toten intensiv musterte. Dann hob sie den Blick und sah ihrem Nachfolger freundlich in die Augen, während sie ihm die Hand reichte. »Ich danke Ihnen, Herr Kollege. Wenn sich noch etwas Neues in diesem Fall ergeben sollte, geben Sie mir dann Bescheid?«
    »Natürlich, Frau Lindner, das mache ich gern.«
    Auf dem Weg nach draußen dachte Alexandra noch einmal über Dr. Krüger nach. Seine vollendeten Umgangsformen deuteten auf ein strenges, standesbewusstes Elternhaus hin oder auf eine elitäre Internatserziehung. Manchmal konnte er im eher kameradschaftlich-jovialen Umfeld des Kommissariats wie ein Fremdkörper wirken, fast wie ein Pierrot, der weiße Clown im Zirkus, der sich nicht auf die Ebene der anderen herablassen mag und doch solch traurige Augen hat, die etwas von Heimatlosigkeit in sich tragen. Ob er verheiratet war und Familie hatte? Normalerweise hätte Alexandra das gewusst, aber nicht bei Dr. Krüger, über dessen Lippen niemals ein privates Wort kam. Eigenartig! Alexandra schüttelte unwillig den Kopf – warum machte sie sich überhaupt solche Gedanken? Vielleicht weil sein Augenausdruck sie berührt hatte, denn irgendwie fühlte sie sich solidarisch mit ihm; sie kannte diesen Blick von sich selbst. Lange hatte sie dazu gebraucht, um die Melancholie daraus zu verbannen, auch wenn es ihr immer noch nicht ganz gelang, was außer Marie jedoch niemand bemerkte.
    Alexandra schüttelte sich unwillkürlich, als könne sie den Schatten der Vergangenheit damit Einhalt gebieten, und lenkte ihre Aufmerksamkeit jetzt bewusst auf die nächsten Schritte, die sie in Bezug auf Balduin Hafner unternehmen wollte. Immerhin wusste sie, dass er Wein getrunken hatte, bevor er starb, daher war schon einmal nicht zu befürchten, dass ihre Notlüge, er habe einige Kisten Rotwein bei ihr bestellt, augenblicklich enttarnt würde.
    Nachdem sie sich im Universitäts-Hauptgebäude über die Lage des Historischen Seminars informiert hatte, suchte sie unverzüglich das Sekretariat für Alte Geschichte auf und fand sich einige Minuten später einer zupackend wirkenden Frau gegenüber, die hinter einem mit Papieren und Mappen überquellenden Schreibtisch saß und mittleren Alters sein mochte.
    »Die Liste für die Veranstaltungen finden Sie da hinten am Schwarzen Brett, und beachten Sie, dass einige Seminare bereits voll sind«, sagte sie, mit der Hand über die rechte Schulter deutend, ohne von der Arbeit aufzusehen.
    »Verzeihen Sie, mein Name ist Alexandra Lindner, und ich komme in einer ganz anderen Angelegenheit.« Alexandra setzte ihr freundlichstes Lächeln auf, als die andere jetzt aufschaute und sie befremdet musterte. Die geröteten Augen hinter der Hornbrille in auffälligem Tigermuster schauten skeptisch, und bevor etwas Abweisendes über die Lippen der Sekretärin kommen konnte, beeilte Alexandra sich, deren offensichtliche Voreingenommenheit zu unterwandern.
    »Ich komme vom Weingut Lindner und Sander. Herr Professor Hafner hat einen größeren Posten Rotwein bei uns bestellt, und ich würde gerne wissen, wann ich ihn liefern kann. Wir hatten verabredet, miteinander zu telefonieren, aber ich erwische immer nur den Anrufbeantworter. Können Sie mir vielleicht weiterhelfen?«
    Alexandra versuchte einen unschuldigen Augenaufschlag, während sie sich regelrecht schlecht dabei vorkam, die andere so gemein zu belügen, um an weitere Informationen heranzukommen. Und tatsächlich quollen wie auf Kommando die Tränen aus den Augen der sonst so streng wirkenden Vorzimmerdame, die jetzt hektisch nach einem Taschentuch zu suchen begann. Alexandra griff in ihre Jackentasche, zog augenblicklich ein sauberes Tüchlein heraus und reichte es der anderen.
    »Danke«, schluchzte diese, während sie danach griff, sich vorsichtig die Tränen abtupfte, um das Augen-Make-up nicht zu verwischen, und sich dann geräuschvoll die Nase putzte. »Ogottogott, nein, dieses Elend«, sie blickte Alexandra aus verweinten Augen an, »der Herr Professor ..., wenn Sie wüssten ...« Die Tränen flossen aufs Neue und Alexandra reichte ihr voller Mitgefühl ein weiteres Taschentuch. Der mächtige Busen unter dem gelb-schwarz getigerten Oberteil wogte im Rhythmus der Schluchzer auf und ab.
    »Almut Berger, mein Name.« Sie reichte Alexandra über den
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