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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.
Autoren: Annelies Laschitza
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Handelsverkehr mit Deutschland gestanden und war in Berlin gestorben. Allen seinen Kindern, sieben Söhnen und einer Tochter,
     hatte er eine gründliche Bildung angedeihen lassen, sie hatten die Schulen und Handelsakademien in Berlin und Bromberg besucht.
     Rosas Vater gehörte also der jüdischen Intelligenz der Stadt an, war aber zugleich polnisch gesinnt. Er war daher nicht nur
     ein eifriger Förderer aller Kulturbestrebungen seiner Glaubensgenossen, sondern kämpfte auch in deren Kreisen für das polnische
     Schulwesen, dessen damaliges tiefes Niveau er möglichst heben wollte. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran […]. Wo immer
     er Bildungsbestrebungen unterstützen konnte, tat er es mit Freuden, so z. B. hatten die polnischen Volksschullehrer wie auch
     die polnischen wandernden Theatertruppen an ihm einen großen Gönner.
    Rosas Mutter, Lina, geborene Löwenstein, brachte allen diesen Betätigungen ebenfalls vollstes Verständnis entgegen, so daß
     der ganze Ton des Hauses in kultureller Beziehung auf sehr hoher Stufe stand. Auch sie stammte aus hochintellektuellen Kreisen
     […]. Sie schwärmte für schöne Literatur und war ebenso zu Hause in den Werken von Schiller wie in denen von Mickiewicz. Sie
     hatte einen ungewöhnlich sanften, milden Charakter, und aus dem Munde dieser geliebten Mutter vernahm die aufnahmefähige kleine
     Rosa die ersten Märchen |18| und Fabeln. Aus Rosas spärlichen Erzählungen gewann man den Eindruck, als sei die Mutter eine von jenen selbstaufopfernden
     Frauen gewesen, wie sie gerade in jüdischen Familien so ungemein oft vorkommen, die ihr ganzes Sein auf Mann und Kinder einstellen.« 10
    Die Mutter war gütig, still und bescheiden; sie kannte keine anderen Freuden als die der Familie. 11 Wie Rosa Luxemburg sich erinnerte, galt in ihrer Familie als »unverbrüchliches Naturgesetz […], daß die Mutter ausschließlich
     dazu auf der Welt sei, um unsere ewig aufgerissenen Schnäbel (den des Paterfamilias vor allem!) nach jeglicher Richtung und
     Dimension zu stopfen« 12 . Als sie im gleichen Jahr in Beobachtungen über die Vogelwelt versank, schweiften ihre Gedanken zurück: »Meine Mutter, die
     nebst Schiller die Bibel für der höchsten Weisheit Quell hielt, glaubte steif und fest, daß König Salomo die Sprache der Vögel
     verstand. Ich lächelte damals mit der ganzen Überlegenheit meiner fünfzehn Jahre und einer modernen naturwissenschaftlichen
     Bildung über diese mütterliche Naivität. Jetzt bin ich selbst wie König Salomo: Ich verstehe auch die Sprache der Vögel und
     aller Tiere.« 13
    Über die finanziellen bzw. materiellen Lebensbedingungen existieren keine Quellen. »Mein armer Vater ist leider kein Bankier,
     um nach Belieben Ferien zu machen«, erklärte Rosa Luxemburg Leo Jogiches 1899, »er ist völlig von seinen armseligen Groschengeschäften
     abhängig.« 14 Als der Vater 1899/ 1900 ernstlich erkrankte, mußte er von Verwandten ein Darlehen annehmen. Da er nicht arbeiten könne,
     bleibe ihm nichts anderes übrig, stellte er verbittert fest. 15 Ihn plagten Sorgen um Annas Mitgift, und er interessierte sich für die Vermögenslage der Familie Jogiches. Danach zu urteilen,
     mußte im elterlichen Haushalt mit den Mitteln sehr sparsam umgegangen werden. Später schrieb Rosa Luxemburg, sie habe in der
     Schule nie eigene Bücher, Karten etc. gehabt und sich immer erst in den Pausen schnell mit geliehenen Büchern vorbereiten
     müssen. 16
    »Die Familie hatte oft Mangel zu leiden«, berichtete Julian Marchlewski, mit dem Rosa Luxemburg seit ihrer Jugendzeit befreundet
     war, »und nicht selten wurde sogar das Bett zum Wucherer getragen, um es für einige Rubel zu verpfänden; |19| doch das rief nicht, wie es oft geschieht, Bitterkeit und Niedergedrücktheit hervor. Ich erinnere mich, wie Rosa erzählte,
     sie hätte einst mit einem Papierfetzen die Lampe angezündet, später jedoch erwies sich, daß es das letzte Geld im Hause gewesen
     war, das der Vater mit Mühe erworben hatte; der Alte bestrafte seine Tochter nicht, sondern tröstete sie, nachdem er sich
     von dem ersten Eindruck erholt hatte, mit Scherzen über das teure Streichhölzchen.« 17
    Im Jahre 1873 zog Familie Luxemburg nach Warschau um. Die Gründe für die Übersiedelung sind nicht authentisch bezeugt. Vater
     Luxemburg mag sich von der Entwicklung Warschaus zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Landes eine bessere
     Geschäftstätigkeit und für seine Kinder eine
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