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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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auf die Suche nach Freddo. Aber in Francos Bar hatte er sich nicht sehen lassen – nur Sorcio war da und kratzte sich mit verlorenem Blick die Pusteln am Hals – und bei ihm zu Hause ging niemand ans Telefon. Libanese war bereits etwas nervös, aber nach mehreren Telefonaten erfuhr er endlich von Fierolocchio, wo Dandi steckte. Er fuhr sofort hin.
    Er musste eine Dreiviertelstunde vor der Wohnung in der Via Cavour warten. Zum Glück hatte er ein sauberes Auto und war ohne Waffe unterwegs. Dandi torkelte etwas und war überrascht, ihn hier zu sehen. Libanese ließ ihn nicht ausreden und fragte, wie das Treffen mit Puma gelaufen war. Als er erfuhr, dass es danebengegangen war, schnaubte er. Auch egal, mussten sie sich eben was anderes einfallen lassen. Er erzählte ihm vom Lager im Ministerium. Sie bogen sich vor Lachen, dann erzählte ihm Dandi plötzlich todernst, dass er sich verliebt hatte.
    – In diese Hure?, fragte Libanese verwundert. Du kennst sie ja gar nicht …
    – Na und? Liebe auf den ersten Blick, wie es so schön heißt …
    – Gefällt mir nicht. Halt ja den Mund!
    – In spätestens zwei Monaten ziehe ich mit ihr zusammen!
    – Und Gina?
    – Hör auf, Libano! An die will ich jetzt gar nicht denken. Was weißt du schon? Warum hast du eigentlich keine Frau? Du wirst doch nicht zufällig schwul sein? Was mir übrigens egal wäre …
    Nein, er war nicht schwul. Er mochte die Frauen, und wie. Aber wie hätte er das Dandi erklären sollen? Er hätte ihm erklären müssen, dass es sich um ein militärisches Problem handelte. Sie befanden sich im Krieg. Und im Krieg kann man sich kein Vergnügen erlauben. Eine Nummer hie und da hätte zwar nicht geschadet … aber einlassen wollte er sich auf nichts. Er musste sauber bleiben … wie hieß doch das Wort? Keusch, er musste keusch bleiben. Wie ein Priester. Später würde er genug Zeit haben. Zuerst musste er diesen Krieg gewinnen. Die Stadt erobern.
    Dandi begriff, dass der Augenblick nicht günstig war und ging zu seinem Motorrad. Am liebsten hätte er allen von Patrizia erzählt. Er beschloss, bei Trentadenari anzufangen. Vielleicht würde der ihm einen Rat geben können. Der Neapolitaner besaß ja Klasse.
    An diesem Abend war Trentadenari jedoch in zu guter Gesellschaft, um ihm zuzuhören. Er öffnete ihm im Bademantel, mit weißem Pulver an der Nase und glänzenden Augen. Aus der Tür drang leise Musik.
    – Komm rein, mein Freund, uns fehlt ohnehin noch einer für die Nummer.
    Dandi warf einen Blick ins Innere. Auf dem großen weißen Sofa bewegten sich zwei weibliche Silhouetten. Aus dem Durcheinander tauchte ein blonder Lockenkopf auf. Dandi fing den Blick der Anwältin Mariano auf. Die andere, die den Blick einer Süchtigen hatte, kannte er nicht. Die Anwältin winkte ihm zu, dann stürzte sie sich wieder zwischen die Beine ihrer Partnerin.
    – Kommst du, Dandi? Lohnt sich gewiss …
    Ohne zu zögern sagte er nein. Er hatte nur Patrizia im Kopf.
V.
    Kommissar Nicola Scialoja war ein unruhiger Geist. Zweimal hatte er gebeten, zur Antiterroreinheit versetzt zu werden, und zweimal hatte man ihn abgelehnt. Politisch nicht einwandfrei. Vor ein paar Monaten hatte er sich was mit einer von Autonomia Operaia angefangen, der Tochter eines hohen Tiers bei der Banca d’Italia. Sie wohnte in einer großen Dachgeschosswohnung mit Blick auf die Villa Pamphili und sammelte für politische Häftlinge. Eines Abends hatte sie ihn gefragt, warum er sein Glück in Rom versuchte und nicht in seinem Dorf geblieben war. Damit war die Beziehung beendet. Seine Kollegen hielten ihn für einen Protegé oder einen Freak oder für beides gleichzeitig. Theoretisch war er ein Detektiv, in Wirklichkeit ein Lückenbüßer. An dem Abend, an dem Baron Rosellini entführt worden war, hatte er einen kompetenteren Kollegen vertreten, der – was sonst? – damit beauftragt war, ein Nest der Brigate Rosse auszuheben. So hatte er den stellvertretenden Staatsanwalt Borgia kennengelernt. Sie waren sich von Anfang an sympathisch gewesen. Beide waren groß und schlaksig, beide hatten keine politische Rückendeckung, beide bewegten sich am Rande der einflussreichen Kreise. Borgia war es gelungen, ihn zur Gerichtspolizei zu bringen. Sein Abschlussbericht über die Entführung des Barons hatte ihm gefallen. Borgia hatte ihm in Anwesenheit des Beamten, der die kriminalpolizeilichen Ermittlungen leitete, gratuliert. Schließlich waren sie in der Mittagspause auf ein Bier gegangen. In die Bar
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