Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Katy Regan
Vom Netzwerk:
hinzugehen?«
    »Ja. Weiß nicht. Mir egal. Ich rede im Moment nicht mit ihm – und mit Mum übrigens auch nicht.«
    »Was? Wie meinst du das, du redest nicht mit ihnen? Willst du damit sagen, du bist mit dem Zug den ganzen Weg nach London gekommen und hast ihnen nichts davon erzählt? Lexi? Okay, ich rufe Dad jetzt sofort an.«
    Ich hole meine Tasche und wühle auf der Suche nach meinem Handy darin herum, aber Lexi beugt sich über den Tisch und schlägt mit der Hand darauf.
    »Caroline, nicht. Bitte.«
    Sie senkt den Kopf und sieht mich unter ihren seidig schwarzen Wimpern hindurch an, die ich als Teenager immer so gerne gehabt hätte.
    »Weg von der Tasche, Caroline. Weg von der Tasche, komm schon …«
    Sie nimmt mir langsam die Tasche aus der Hand, als wäre ich jemand, der sich selbst verletzt, und die Tasche voller Rasierklingen.
    »Bitte ruf Dad nicht an. Sie wissen, dass ich hier bin – Dad hat mich zum Bahnhof gefahren.« Sie sieht ein bisschen verlegen aus. »Und er hat mir das Zugticket bezahlt. Er hat mir auch ein bisschen Geld gegeben. Du weißt schon, für die Ferien.«
    »Oh, hat er das? Und hatte er auch vor, mich anzurufen und mir Bescheid zu sagen?«
    Sie zieht die Nase kraus.
    »Hm, ja. Aber ich glaube, dein Handy war ausgeschaltet.«
    Ich will ihren Kommentar gerade als absolut absurd abtun, als mir einfällt: Ja, das stimmt. Ich schalte immer alle Kommunikationsmittel aus, wenn ich vorhabe, in Selbstmitleid zu baden. Man hat so einfach viel mehr davon.
    Wir sitzen uns eine Minute lang schweigend gegenüber. Ich schaue mich in der Küche um, sehe das Chaos – die Flora-Margarine mit den Brandlöchern im Deckel, die leere Flasche Prosecco (mit einer Zigarettenkippe darin), die kleine Schwester, die die Pistazien aufisst und verkündet, dass sie den Sommer bei mir verbringen will. Den ganzen Sommer. Gott, ich hasse den Sommer, und plötzlich befällt mich die nackte Panik, eine Art Schwindel, als befände ich mich im freien Fall.
    Dann klingelt Lexis Handy erneut. Dieses Mal sieht sie auf das Display und läuft nach oben, um den Anruf entgegenzunehmen.
    Großartig. Ich sitze mit einem liebeskranken Teenager fest.
    Sofort rufe ich über das Festnetz Dad an. Es klingelt dreimal, bevor sich der Anrufbeantworter einschaltet. Wenn sie auf irgendeine obskure griechische Insel geflogen sind, um da ihren Yoga-Urlaub zu machen, dann bringe ich ihn um, das schwöre ich.
    »Hi, dies ist das glückliche Heim von Cassandra und Trevor Steele. Leider sind wir derzeit anderweitig beschäftigt, aber hinterlassen Sie uns gerne eine Nachricht …«
    Dann: »Hallooo?«
    In letzter Zeit klingt Dad, als wäre er gerade von einer Jacht in der Karibik gesprungen, um ans Telefon zu gehen, so enthusiastisch ist er.
    »Dad, hier ist Caroline.«
    »Ah, die liebe Caro! Ich wollte dich gerade anrufen.«
    »Wirklich? Gut.«
    Ich widerstehe dem Drang, ihm Vorwürfe zu machen. Das funktioniert bei Dad nie.
    »Denkst du, du könntest mir vielleicht erklären, was los ist?«
    »Ah. Lexi?«
    »Ja, Dad, Lexi.«
    »Die Sache ist die, Schatz, ich habe schon den ganzen Nachmittag versucht, dich anzurufen, aber du warst nicht zu erreichen.«
    (Merke: emotionale Erpressung schon drei Sekunden nach Gesprächsbeginn.)
    »Ich verstehe, und da hast du sie einfach so zu mir geschickt?«
    »Nein! So war es nicht. Sieh mal, ich kann hören, dass du wütend bist …«
    »Bin ich das? So wütend bin ich gar nicht.«
    »Also nehmen wir uns einen Moment, um uns zu entspannen. Ein paar tiefe Atemzüge. Möchtest du, dass ich dich zurückrufe?«
    »Nein, mir geht’s gut. Ich möchte jetzt darüber reden.«
    »Okay, also gut.« (Dramatischer Seufzer.) »Die Sache ist die, Schatz, Lex ist … wie soll ich das ausdrücken … im Moment ›auf See‹. Sie befindet sich in einer Übergangsphase, da sind eine Menge innerer Konflikte. In letzter Zeit war sie etwas neben der Spur, sie ist voller Wut auf die Welt. Der normale Teenager-Kram, aber auch eine Traurigkeit, ein Suchen; ihre Mutter und ich haben das Gefühl, dass es da einige unerfüllte Bedürfnisse gibt.«
    Ich halte den Hörer für eine Sekunde von meinem Mund weg und fluche leise und voller Inbrunst.
    »Dad, denkst du, ich könnte das auch noch mal in einfachem Englisch hören, bitte?«
    »Also, im Grunde hat sie entschieden …« (Seufzer.) »Lex hat entschieden, nach dem Sommer nicht weiter zur Schule zu gehen und ihren Abschluss zu machen.«
    Puh, das ist eine Erleichterung. Nach dem, was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher