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Rolf Torring 082 - Die Tempel-Tänzerin

Rolf Torring 082 - Die Tempel-Tänzerin

Titel: Rolf Torring 082 - Die Tempel-Tänzerin
Autoren: Hans Warren
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Tänzerin.  
      Ich hatte längst die Hand mit der Pistole sinken lassen und verfolgte gespannt den Tanz des wirbelnden Körpers unter den weiten, flatternden Schleiern.  
      Welche Tücke mit dem Tanz verbunden war, sollten wir zu unserem Leidwesen bald erfahren. Die schöne Tänzerin stieß einen Laut aus, der halb wie Lachen, halb wie Schluchzen klang. Ich reckte mich auf, das kam mir verdächtig vor.  
      Da erklang dicht neben meinem Kopf ein Ton, der mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte: das unheilvolle Drohen einer zischenden, gereizten Schlange.  
      Wie aber sollte sie so nahe an mein Ohr kommen? Dann hätte ja ein Mensch sie in der Höhe halten lassen! Vorsichtig drehte ich den Kopf nach links und sah, daß auch Rolf sich zu mir gewandt hatte. Ich erstarrte und wagte keine Bewegung mehr. Zwischen Rolfs und meinem Kopfe befand sich das Haupt einer Schlange: ein Kobrakopf von riesiger Größe. Die Schlange stand hoch aufgerichtet hinter uns. Wie war das möglich?  
      „Naja bungarus," flüsterte Rolf, ohne die Lippen zu bewegen.  
      Das also war sie, die gefürchtete Königskobra! Die Riesenhutschlange, von der in Indien wie auf der ganzen Erde so viel gefabelt wird. Die größte Giftschlange, die es gibt, denn sie wird bis zu vier Metern lang.  
      Ein Biß dieser Schlange wirkt tödlich, da gibt es keine Rettung. Ihre Giftdrüsen entsprechen der Länge ihres Körpers.  
      Königskobra wird sie genannt, weil die Eingeborenen behaupten, sie übe über die gewöhnlichen Kobras eine Art Herrschaft aus. Die kleinen Kobras wären ihr tributpflichtig, sie suche sich unter ihnen ihre Opfer aus. Tatsache ist, daß die Königskobra kleinere Giftschlangen als Nahrung nicht verschmäht, wenn sie keine andere Beute haben kann. Natürlich muß ein solches Tier die Phantasie der Eingeborenen im höchsten Maße erregen.  
      Wir hatten bisher vergeblich versucht, ein Exemplar der Naja bungarus zu erlangen. Jetzt stand das Tier hinter uns und zischte zornig.  
      Rolf flüsterte mir ein paar Worte zu. Das schien die Schlange noch weiter zu reizen. Sie war so schon durch die Musik in höchste Erregung gebracht worden. Ihr Zischen verstärkte sich. Der Kopf schwankte bedrohlich hin und her.  
      Sie schien zu überlegen, wen von uns beiden sie zuerst angreifen sollte.  
      Ich hörte ein leises Geräusch aus der Tempelhalle, wo eben noch die Tänzerin ihre Kunst gezeigt hatte. Aber wir durften nicht wagen, die Köpfe zu wenden. Wir konnten nicht einmal die Pistolen gebrauchen, denn dabei hätten wir uns halb umdrehen müssen. Und die geringste Bewegung hätte die Königskobra sicher zum tödlichen Biß gereizt. Es blieb uns nichts anderes übrig, als unbeweglich sitzen zu bleiben und möglichst ruhig zu atmen.  
      Da war wieder das leise Geräusch aus der Tempelhalle. Es klang wie ein Schnarren. Darauf der sonderbare Ton, den die Tänzerin von sich gegeben hatte, der halb wie Lachen, halb wie Weinen klang.  
      Mir trat langsam der Schweiß auf die Stirn.  
      Ein leises Zittern lief durch den Steinblock, auf dem wir saßen. Die Riesenschlange schien sich noch mehr aufzublähen. Ihr Zischen wurde wilder. Ihre Kopfbewegungen wurden bedrohlicher.  
      Plötzlich fühlte ich, wie sich der Steinblock langsam senkte. Ich blickte Rolf an und sah in seinen Augen ein gefährliches Funkeln. Auf die Art also hatten uns die unsichtbaren Gegner überlistet! Wir waren unfähig, uns zu bewegen, und wurden langsam nach den unterirdischen Räumen in die Hände unserer Feinde befördert. Wer weiß, was uns da unten bedrohte!  
      Je tiefer wir sanken, um so mehr beugte sich die Kobra nieder. Ich starrte wie gebannt in ihre kleinen funkelnden Augen.  
      Ein Seitenblick auf die Tempelhalle zeigte mir an, daß wir schon bis zu den Schultern hinab gesunken waren. Die breite Platte vor dem Steinblock, auf der unsere Füße standen, sank mit uns in die Tiefe.  
      Als ich die Augen wieder auf die Kobra richtete, sah ich mit Befriedigung, daß die Kobra oben blieb. Ich hatte im ersten Augenblick befürchtet, daß sie mit in die Tiefe fahren würde. Sie hatte sich allmählich zusammen geringelt und bedrohte uns aus dieser Lage.  
      Sollte ich jetzt nicht schießen können? Schräg von unten her hätte ich ganz gut zielen können. Ich kniff die Augen zusammen und blickte den gefährlichen, dreieckig wirkenden Kopf der Schlange an. Da flüsterte Rolf, der meine Absicht aus meiner angespannten
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