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Rolf Torring 078 - Die Macht des Gottes

Rolf Torring 078 - Die Macht des Gottes

Titel: Rolf Torring 078 - Die Macht des Gottes
Autoren: Hans Warren
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war, konnten wir nicht erfahren, denn er verweigerte jede Auskunft. Blind, mit zerstörtem Gesicht, ist er vor wenigen Tagen in seine Heimat gereist.  
      Er blieb nicht der einzige. Innerhalb der letzten sechs Wochen haben wir sieben Tote und fünf Geblendete gefunden. Die Verwundeten verweigerten jede Auskunft, nur einer, ein Greis, rief in seinen Wundfieberdelirien, daß er für die Sünden eines Vorfahren jetzt schon büßen müsse.  
      Sie wissen ja, meine Herren, daß Gaya Wallfahrtsort ist, zu dem die Pilger wandern, um vor dem Bild des Gottes Gaya zum Zwecke der Vergebung der Sünden ihrer Vorfahren zu opfern. Das rätselhafte Untier nun, das jetzt aufgetaucht ist, halten die Pilger für einen bösen Dämon, der auf Erden schon besonders schwere Sünden der Vorfahren an den Lebenden bestraft.  
      Wir haben die besten Jäger ausgeschickt, um das Untier, das vielleicht ein verlaufener Tiger ist, zu erlegen. Es war vergeblich. Vorgestern ist sogar einer unserer tüchtigsten Leute dem Untier zum Opfer gefallen. Wir haben ihn tot, zerfleischt, aufgefunden. Ein Prankenhieb hat sein Gesicht zerstört. Möge es Ihnen, meine Herren, gelingen, das Rätsel zu lösen! Sie haben schon Sachen geklärt, die noch geheimnisvoller und gefährlicher waren."  
      Ich war erstaunt, weniger über das Gehörte, so eigenartig und seltsam es klang, als über die Ausdrucksweise des Pförtners, die ich nie bei einem einfachen Beamten vermutet hätte.  
      Rolf hatte die gleiche Empfindung. Er blickte den Pförtner verwundert an und sagte:  
      „Entschuldigen Sie bitte eine Frage! Sind Sie immer Pförtner gewesen?"  
      Der Beamte lachte bitter auf.  
      „Nein, meine Herren, ich bin vor acht Wochen von Kalkutta hierher strafversetzt worden. Bis dahin war ich Kriminalinspektor unter Leutnant Jerry. Vielleicht hat Ihnen Sir James Cunningham den Fall des Inspektors Mitchell erzählt, den Sie hier als Pförtner treffen würden."  
      „Nein, Herr Mitchell," sagte Rolf, „das hat Sir James nicht getan. Mich interessiert die Sache. Würden Sie mir Näheres erzählen? Ist Leutnant Jerry auch strafversetzt?"  
      Wieder lachte der frühere Inspektor bitter auf.  
      „Nein, meine Herren, Leutnant Jerry kam erst später hierher. Ich vermute, daß er mich beobachten soll, weil mir nichts nachgewiesen werden konnte. Es handelt sich um das Verschwinden wichtiger Akten, die aus meinem Dienstzimmer im Polizeigebäude von Kalkutta gestohlen wurden. Wir waren einem großangelegten Opiumschmuggel, verbunden mit dem streng verfolgten Waffentransport, auf die Spur gekommen. Ich erhielt einen Brief, auf dessen Umschlag der Vermerk stand: ,Wichtig betreffs Opium und Waffen!'  
      Als ich ihn öffnen wollte, wurde ich von Sir James Cunningham zum Vortrag in sein Zimmer gerufen. Ich mußte Sir James über den Stand der Angelegenheit berichten. Den Brief hatte ich in das Aktenstück gelegt. Als ich nach einer halben Stunde in mein Zimmer zurückkehrte, war die Mappe verschwunden. Sie wurde nie wiedergefunden. Nach langen Verhören wurde ich meines Dienstgrades enthoben und hierher strafversetzt — als Pförtner. Die Richter stellten fest, daß mir eine Teilnahme an den verbrecherischen Unternehmungen nicht nachzuweisen wäre, daß aber der Verdacht bestände, daß ich beteiligt sei. Für die Nachlässigkeit, die ich in der Behandlung der wichtigen Akten an den Tag gelegt hatte, wurde ich degradiert und strafversetzt."  
      „Haben Sie die Akten offen liegen lassen?" fragte Rolf.  
      „Nein, Herr Torring, ich habe sie ordnungsgemäß in meinen Schreibtisch gelegt und das Fach verschlossen. Als ich zurückkam, war das Schloß geöffnet. Fingerspuren fanden sich nicht."  
      Mitchell sprach in so aufrichtigem, ehrlichem Tone, daß Rolf sofort sagte:    
      „Wir sind zwar keine Detektive, Herr Mitchell, aber wir werden uns auch um Ihren Fall kümmern wenn wir Glück haben und das Rätsel Gayas lösen sollten. Ich glaube Ihnen."  
      Der frühere Inspektor ergriff Rolfs dargebotene Hand und schüttelte sie.  
      „Herr Torring," sagte er dabei bewegt, „ich wüßte nicht, wie ich Ihnen danken sollte, wenn es Ihnen gelänge, den Diebstahl aufzuklären. Der Leutnant kommt."  
      Wir konnten durch das Fenster der Pförtnerloge, das auf den Flur des Polizeigebäudes führte, die breite Treppe nach den oberen Stockwerken übersehen.  
      Leutnant Jerry machte einen guten Eindruck. Er hatte eine hohe, schlanke
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