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Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer

Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer

Titel: Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer
Autoren: Hans Warren
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uniformierten Gewändern. Unwillkürlich wurde ich an den Palast des Fürsten Tippu Nega erinnert, den wir jetzt, nachdem wir tolle Abenteuer mit ihm erlebt hatten, in Gulbargha wiedergetroffen hatten. Tippu Nega war tot. Der Tiger Matsu hatte ihn zerrissen. (Siehe Band 71.) Aber sein Geist schien noch zu leben — es war der Geist einer großen Freiheitsbewegung gegen fremde Herrschaft. In Gulbargha hatten wir die Gewißheit erhalten, daß sich die Bewegung über ganz Indien erstreckte. Durch unsere Hilfe waren die gefährlichsten Führer unschädlich gemacht worden. Nun standen wir sicher auf der schwarzen Liste der Verschworenen. Deshalb war ich gegen jeden indischen Fürsten von Anfang an mißtrauisch.  
      Fürst Ramga machte aber nicht den Eindruck, als plane er etwas Schlimmes gegen uns. Als wir die Halle seines Palastes betraten, begrüßte er uns nochmals als seine Gäste in einer so weltmännischen Form, daß man sofort die Erziehung in westlichen Kulturländern spürte.  
      Vielleicht wäre mein Mißtrauen gegen ihn jetzt eingeschlummert, da erinnerte ich mich an den ungerechten Schlag, den er dem Zwerg Garha versetzt hatte. Nur ein asiatischer Despot konnte einen Leibeigenen so für etwas strafen, woran er keine Schuld trug.  
      Ein Diener führte uns in unsere Zimmer. Wir erhielten drei nebeneinander liegende Räume, die durch vorhangverdeckte Öffnungen verbunden waren.  
      Kaum waren wir eingetreten, wurden schon Waschgefäße mit leicht parfümiertem Wasser gebracht, gleichzeitig weiße indische Gewänder aus feinster Seide. Es war ein Empfang, wie wir ihn selten erlebt hatten, so aufmerksam und von einem so überaus geordneten Haushalt zeugend.  
      Pongo wollte im Zimmer bleiben, als ein Diener in reicherer Kleidung, der wohl den Haushofmeister vorstellte, uns zum Abendessen bat. Sofort wurden für Pongo die Speisen ins Zimmer gebracht. Wir begegneten den Dienern mit den Schüsseln noch auf dem langen Flur, während wir dem Haushofmeister folgten.  
      In einem prunkvoll eingerichteten Saal, dessen Ecke europäisch eingerichtet war, wurde das Abendessen eingenommen. Außer dem Fürsten nahmen sein Sohn Masu, ein junger Mensch von etwa zwanzig Jahren, sowie ein älterer Inder namens Kistna teil, der uns als Masus Erzieher vorgestellt wurde.  
      Die Unterhaltung floß angeregt dahin, denn Fürst Ramrra erwies sich als hochgebildeter Inder, der über alles sprechen konnte, — und doch lag eine eigenartige, gedrückte Stimmung über der kleinen Tafelrunde.  
      Vielleicht erschien es mir nur so, denn das Erlebnis mit dem wütenden Singha war nervenaufreibend gewesen.  
      Rolf brachte das Gespräch auf den Zwerg Garha.  
      „Hoheit, wie ist es möglich, daß er eine solche Gewalt über den Bullelefanten hat?" fragte er. „Sonst gehorcht doch ein Elefant in Wut selbst seinem langjährigen Mahud nicht."  
      „Garha hat geheimnisvolle Mittel," sagte der Fürst ernst, „durch die er die rasendste Bestie sofort zurückschreckt. Er ist sehr klug, wie man es häufig bei Leuten mit verkrüppeltem Körper findet, und hat sich durch seine Mittel eine große Macht geschaffen. Er tauchte eines Tages in meiner Kampfspielarena auf, als ich gerade dem Residenten von Haiderabad einen Kampf zweier Tiger vorführte. Dabei geschah es, daß ein Tiger an unserer Loge emporsprang. Er hätte wohl den Residenten erreicht, da tauchte Garha neben ihm auf. Sofort sprang der wütende Tiger erschrocken in die Arena hinab. Der Zwerg streckte ihm nur die Hand entgegen. Seit dieser Zeit ist Garha in meinen Diensten."  
      „Sehr sonderbar," meinte Rolf. „Ich nehme an, daß er den Tieren eine scharfe oder giftige Flüssigkeit entgegen spritzt, durch die sie sofort in die Flucht getrieben werden. Ich würde Garha gern kennenlernen. Spricht er Englisch?"  
      „Sehr gut sogar! Ich weiß nicht, woher er stammt. Darüber hat er stets geschwiegen. Auch über sein früheres Leben weiß ich nichts. Ich halte ihn mir als eine Art Hofnarren, denn er beherrscht auch die bekannten Fakirkünste und ist ein hervorragender Schlangenbeschwörer. Wenn es Ihnen recht ist, kann er eine Vorstellung mit seinen Kobras geben."  
      Unsere Nerven waren durch das Erlebnis noch zu aufgepeitscht, als daß wir schon an Schlaf denken konnten. Deshalb stimmten wir dem Vorschlag des Fürsten gern zu, der durch ein Zeichen mit einer silbernen Glocke den Haushofmeister herbeirief und dem Mann eine lange Anweisung gab, leider
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