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Roeslein tot

Roeslein tot

Titel: Roeslein tot
Autoren: Marketa Haist
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Sterbebett gestanden. Er, der Pfarrer, war dabei gewesen, wegen der Letzten Ölung. Dass ihn der Sepp nach dem Tod von der Rosi jahrelang gemieden hat. Bis er ihn neulich aufgesucht und von ihm eine gefälschte Urkunde verlangt hat, die die Familie Schladerer als Besitzer des Kofel-Ecks ausweist. Dass der Sepp gedroht hat, dem Bischof einen Gentest von der Anni zuzuspielen, wenn er die Fälschung verweigert. Für mich ist die Sache mit dem »Gähntest« natürlich keine Neuigkeit. Aber ich muss gestehen, ohne die Geschichte der alten Weide wäre ich nie im Leben darauf gekommen, was das Wort wirklich bedeutet.
    Der Pfarrer gesteht weiter, dass er dem Sepp nachts in den Fahrzeugschuppen hinterhergeschlichen ist und ihn dort überreden wollte, es zu lassen. Dass der Sepp so stur war wie immer und dass dann ihm, dem Pfarrer, die Nerven durchgegangen sind. Dass er ihm mit der Brechstange, die dort herumstand, eins übergezogen hat, als sich der Sepp gebeugt hat, um nach dem Auspuff vom Lieferwagen zu sehen. Dass er sich an den Rosenhaufen erinnert und die Leiche vom Sepp dorthin geschleppt hat. Dass er mit Handschuhen aus dem Schuppen die toten Rosen auf die Leiche vom Sepp geschichtet und die Handschuhe später nach dem Umtopfen des Ölbaums weggeworfen hat. Und dass er es sofort entsetzlich bereut hat und gar nicht versteht, wie er so etwas Furchtbares tun konnte, da sei er nicht er selbst gewesen. Dass es ihm auf immer und ewig unendlich leidtun und er nie mehr Frieden finden wird. Dass er die Anni um Vergebung bittet, falls es ihr jemals möglich sein sollte, sie ihm zu gewähren. Und dass er sich morgen der Polizei stellen wird. Und schließlich, dass er der Anni, seiner Tochter, sein gesamtes persönliches Eigentum überträgt. Das wird er ja im Gefängnis nicht brauchen.
    Jetzt hat also der Herr Pfarrer schlussendlich doch noch die notwendige Trauer gefunden, um dem Namen seiner Rose gerecht zu werden. Was er da sagte, das wussten wir Pflanzen ja schon fast alles. Die Anni wusste es aber nicht. Sie steht mit offenem Mund da und starrt den Herrn Pfarrer entgeistert an.
    »Haben Sie mir zugehört?«, fragt er verzagt.
    Er bekommt keine Antwort.
    Kurze Zeit darauf wird der Jens aus der Untersuchungshaft entlassen. Es ist ihm nicht besonders angenehm, in die Gärtnerei zurückzukehren, aber wo soll er sonst hin?
    Der Jens und die Anni stehen sich inmitten der Rosen schweigend gegenüber. Eigentlich ein romantisches Bild. Ab und zu riskiert einer von ihnen einen verstohlenen Blick zu dem beziehungsweise der anderen, aber nie gleichzeitig. Die Stille, die herrscht, ist jedoch bei Weitem nicht so romantisch wie der optische Eindruck. Eine ganze Viertelstunde dieser Stille auszuhalten, ist selbst für Pflanzen schwierig. Die Anni gibt schließlich als Erste auf.
    »Ähm … tuat ma leid, Jens. Dess i di für den Mörder vo meim Vatter ghoitn hob. Des hoaßt, er wor jo goar ned mei Vatter. I ko’s no goar ned glaubn. Ober geliebt hob i ean, wie wenn er’s gwesn wär. Jetzat hob i an neien Vatter kriagt, und scho is er wieder fort. Bitte verzeih ma …«
    »Mir tut es auch leid. Das mit der Jeannette Eisinger. Ich weiß, wie dich das gekränkt hat …«
    Die Stille wird wieder ungemütlich, und wieder wird sie von der Anni zuerst unterbrochen.
    »I glaub ned, dess ma’s no mitnander aushoitn kenna, nach ollem, wos passiert is.«
    »Du hast recht. An einer Scheidung führt wohl kein Weg vorbei.«
    Jetzt ist es raus, das böse Wort »Scheidung«. Irgendwie sind sie beide erleichtert. Die Stille wird etwas entspannter.
    »Was war hier los während meiner … Abwesenheit?«
    »An Haufen Oarbeit. Sonst nix. Und bei dir? Des hoaßt, fois wos verzäln wuist …«
    »Im Knast ist es so, wie man sich’s vorstellt. Sterbenslangweilig und nicht besonders komfortabel. Ich dachte wirklich, jetzt bin ich dran. Ich konnte ja meine Unschuld nicht beweisen. Aber dann hat der Pfarrer gestanden. Der Polizei wurde endlich klar, dass meine Gummihandschuhe nicht als Beweismittel gegen mich taugen. Und weil der Buchenwalder nicht mehr fürchten musste, selbst unter Mordverdacht zu geraten, hat er die ganze Geschichte aufgeklärt. Ihn hat es nämlich gewurmt, dass er im Knast sitzt und der Sprenger ungeschoren davonkommt. Deshalb hat er zu Protokoll gegeben, dass der Sprenger ihn anrief und ihm erzählte, wo er die Handschuhe, die er bei einem heimlichen Besuch in unserer Gärtnerei mit Rost und Rosenholzfasern präpariert hatte,
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