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Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Titel: Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
Autoren: Alexandra Balzer
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Nur dieses eine Mal. Egal, ob ich stark oder schwach bin, ich muss damit leben, jedes nur denkbare Unglück schon Jahrzehnte im Voraus zu kennen und zu warten. Warten, dass es mich einholt. Hoffen, dass es vielleicht nur das kleinere Übel sein wird. Wie sehr, wie unendlich ich euch alle beneide, jeden von euch …“
Zitat von P’Maondny, Traumseherin der Elfen
     
     
Inani wachte über die beiden Männer, die dort in ihrem Bett schliefen. Sie selbst war viel zu aufgewühlt, um an Ruhe auch nur zu denken. Wie erwartet, hatte Kythara die Neuigkeiten mit jener glühenden Selbstbeherrschung hingenommen, die nur eine Rabenhexe aufbringen konnte. Ja, sie mussten noch mehr Informationen sammeln, bevor sie reagieren konnten, aber es war gewiss, ihnen standen blutige Zeiten bevor.
Geistesabwesend streichelte sie den Kopf der Leopardin, gegen deren Rücken gelehnt sie ruhte. Wie gut, dass ihr diese Seelenvertraute geblieben war … Der Tod der Kyphra hatte eine tiefe Wunde in ihr Inneres gerissen. Schon an diesem Tag, als sie ihre Schlangenschwester gehen lassen musste, hatte Inani geahnt, dass sich etwas veränderte, Entwicklungen in Bewegung waren, die sie noch nicht verstand.
Ihre Gedanken wanderten zurück. Der Verlust der Kyphra, alles das, was dazu geführt hatte, war erst vor so kurzer Zeit geschehen, doch wie immer, wenn etwas zu furchtbar war, um es wirklich zu begreifen, hätte es genauso vor zwanzig Jahren geschehen sein können, oder vor zwei Minuten … alles war weit entrückt und viel zu nah.
     
Der Hilferuf einer Hexenschwester hatte sie nach Roen Orm geführt.
„Savina braucht jetzt sofort Hilfe, Kythara, ich gehe zu ihr.“
„Sei vorsichtig. Seit unserem kleinen Spiel im Tempel sind die Sonnenpriester wachsamer und gefährlicher denn je, es ist eigentlich viel zu früh, sich schon wieder dorthin zu wagen. Benutze am besten diese Nola-Tunnel, und beim geringsten Anzeichen, dass es sich um eine Falle handelt, verschwindest du, verstanden?“
„Savina ist zu erfahren, um sich als Köder benutzen zu lassen“, widersprach Inani hitzig.
„Trotzdem! Sei vorsichtig.“
„Bin ich das nicht immer?“, knurrte Inani, und verschwand im Nebel.
Wäre sie doch wirklich vorsichtig gewesen, wenigstens ein einziges Mal! Nicht für sich selbst, sondern für jene, die bereitwillig ihr Leben opferten, um ihres zu bewahren. Sie hätte wissen müssen, dass so etwas geschehen konnte!
Hätte …
Savina war gefangen genommen worden. Als Katzen-Hexe hatte ihr die Flucht durch die Luft nicht offen gestanden, die Nebelpfade waren blockiert gewesen. Sie hatte gar keinen Zugang zur Luftmagie, war dazu verdammt zu warten, bis eine ihrer Schwestern zu ihr fand. Da sich keine Hexe in der Stadt aufhielt, die machtvoll genug war, in den Tempel einzudringen, war es schon fast zu spät, als Inani schließlich eintraf. Die Priester waren in Aufruhr, schienen regelrecht darauf zu lauern, dass es einen Befreiungsversuch geben würde. Es hatte sie Stunden gekostet, unbeobachtet bis zu den Verliesen schleichen zu können. Savina lag sterbend in ihrer Zelle, auf jene grausame Weise gefoltert, der Inani nur knapp entgangen war. Da die Nebelpfade immer noch blockiert wurden, gab es nur einen Weg in die Freiheit: Kampf. Savina wusste das, und sie wusste, dass sie diesen Weg nicht nehmen durfte.
„Lass mich gehen“, flüsterte sie. „Gib mir den Todeskuss und bring dich in Sicherheit. In Kyphra-Gestalt kannst du mich nicht tragen, als Raubkatze findest du hier nur den Tod.“
„Niemals!“, zischte Inani. „Ich lasse sie nicht triumphieren!“
„Töte mich. Ich gehe nicht mit dir“, bettelte Savina, außer sich vor unerträglicher Qual. Inani wusste, sie hatte verloren. Savina könnte sich in eine Wildkatze verwandeln, aber selbst in menschlicher Gestalt wäre sie, Inani, kaum in der Lage, ein solch großes und schweres Tier zu tragen und gleichzeitig zu kämpfen. Weinend zog sie die zerstörte Frau in ihre Arme, flüsterte ihr den rituellen Erlösungssegen in die Ohren.
„Räche mich, wenn du kannst. Nicht heute. Flieh! Räche mich irgendwann“, bat Savina. „Töte Graf Orel. Er hat mich verraten, wusste dabei nicht einmal, dass ich wirklich eine Hexe bin. Er wollte mich dafür bestrafen, dass ich ihn abgewiesen habe … Räche mich.“
„Das werde ich“, schwor Inani, bebend vor Zorn, streichelte Savinas Gesicht, bis das Ritual vollendet und die Hexe erlöst war. So jung … Savina war nicht einmal achtzehn Jahre alt
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