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Riskante Versuchung

Riskante Versuchung

Titel: Riskante Versuchung
Autoren: S Brockmann
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weitere Geheimnisse.
    Er hatte keine Familie und war froh darüber.
    Er war irgendwo in der Nähe von New York City aufgewachsen, aber als sie sich erkundigte, wo genau, war er ihr ausgewichen.
    Jess griff nach der Zeitung, die Rob mit hereingebracht hatte, und machte sich auf den Weg, um nach Kelsey zu schauen. Eigentlich war es deren Aufgabe, abends die Zeitung hereinzuholen, allerdings vergaß ihre Tochter das manchmal. Das gehörte bei Sechsjährigen nun mal dazu.
    Kelsey schlief tief und fest und hatte die Bettdecke um sich gewickelt wie eine römische Toga. Jess strich ihr die feuchten braunen Haare aus dem warmen runden sommersprossigen Gesicht. Sie hatte nicht erwartet, dass ihr leises Gespräch mit Rob in der Küche ihre Tochter aufwecken würde. Kelsey würde im lautesten Gewitter tief und fest schlafen. So leicht war sie nicht wach zu bekommen.
    Das war vermutlich eine Art Selbstschutz, ein Überbleibsel aus der Zeit, in der Kelseys Vater noch mit ihnen zusammengelebt hatte. Ian Davis, mit seinen wilden blonden Locken und den spöttischen blauen Augen, war erster Geiger und Konzertmeister des Sarasota Symphony Orchestra. Er war schrill, arrogant und selbstbezogen. Außerdem ständig laut, grob und ausfallend. Jess‘ Exmann war rasend eifersüchtig gewesen und hatte sogar einmal wegen eines harmlosen Lächelns, das sie einem Tankstellenangestellten geschenkt hatte, einen Streit vom Zaun gebrochen.
    Im Gegenzug war eheliche Treue in Ians Vokabular nicht vorgekommen.
    Jess erinnerte sich noch sehr gut daran, wie frei und beschwingt sie sich an jenem Tag vor zwei Jahren gefühlt hatte, als sie Ians Sachen gepackt und an die Orchesterverwaltung geschickt hatte, zusammen mit einem Brief ihres Anwalts.
    Sie ging mit der Zeitung in der Hand ins Wohnzimmer. Doris hatte sich geirrt. So schwierig Jess‘ finanzielle Situation auch sein mochte, einen Mann brauchte - und wollte - sie nicht. Kelsey und sie schafften es auch gut alleine.
    Ian war da anderer Ansicht. Er glaubte, ihre Beziehung sei keineswegs vorbei. Dauernd tauchte er bei ihr auf und hinterließ seinen Wohnungsschlüssel in ihrem Briefkasten, auf ihrer Veranda, in ihrem Wagen. Dachte er wirklich, sie würde zu ihm zurückgekrochen kommen? Beim letzten Mal hatte Jess ihm den Schlüssel zurückgeschickt und ihn einige Tage später wieder irgendwo gefunden. Am Ende hatte sie ihn in ihre Schublade, in der sie allen möglichen Kram aufbewahrte, gesteckt. Sollte Ian ruhig denken, er habe gewonnen.
    Als Jess die Zeitung auf den Couchtisch legte, sprang ihr die Schlagzeile ins Auge. Wie üblich ging es um den Sarasota-Serienkiller. Das war wirklich erstaunlich, denn Sarasota war keine besonders große Stadt. Natürlich gab es auch hier Kriminalität, aber doch keine solchen Verbrechen. Es war beunruhigend, sich vorzustellen, dass irgendwo dort draußen ein Irrer unterwegs war, der jungen Frauen auflauerte und sie umbrachte.
    Sein neuestes Opfer war eine Zweiundzwanzigjährige. Sie war zu Beginn der Semesterferien auf dem Weg zu ihren Eltern gewesen. Man hatte ihre Leiche in ihrem eigenen Zimmer gefunden, wo sie vergewaltigt und ermordet worden war. Jess schauderte, während sie das Interview mit der Polizei las.
    Das Morden dauerte nun schon sechs Monate an. Allerdings wussten die Medien und die Öffentlichkeit erst halb so lange davon. Das FBI hielt sich bedeckt bei der Frage nach Verdächtigen. Es warnte alle Bewohner in der Gegend - besonders Frauen -, ihre Türen abzuschließen, die Fenster geschlossen zu halten und möglichst nicht allein hinauszugehen, schon gar nicht nachts.
    Jess stand auf und schloss ihre Haustür ab.
    Mit Rob als Mieter des Anbaus sollte sie sich eigentlich sicher fühlen. Die Wände waren so dünn, dass sie nicht einmal sehr laut schreien müsste, damit er es hörte. Es sei denn, dachte sie ironisch lächelnd, sowie sie sich an Doris‘ Worte erinnerte, Rob selbst war der Sarasota-Serienkiller.
    So witzig war das gar nicht. Sicher, Doris verhielt sich so melodramatisch wie üblich, dennoch blieb es eine Tatsache, dass Jess absolut nichts über Rob wusste. Er war ein Fremder, überdies einer, der ganz zufällig sechs Monate zuvor nach Sarasota gezogen war - kurz bevor die Morde anfingen.
    Jess tadelte sich im Stillen. Seltsamer Zufall? Sie wurde schon genauso paranoid wie Doris. Ja, er war erst seit sechs Monaten in der Stadt, aber das waren viele andere Leute auch. Das war nicht seltsam, sondern einfach purer Zufall.
    Rob war ein
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