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Riskante Versuchung

Riskante Versuchung

Titel: Riskante Versuchung
Autoren: S Brockmann
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sinnlich geformt, und wenn er lächelte, funkelten seine braunen Augen belustigt. Doch es wirkte oft so, als ob sich hinter diesem Lächeln auch immer ein Anflug von Traurigkeit verbarg, die Andeutung einer Tragödie.
    Vielleicht war es das, was Jess so attraktiv fand, dieses Geheimnisvolle, das ihn umgab.
    Möglicherweise lag es auch an der Tatsache, dass Rob das genaue Gegenteil von Ian Davis zu sein schien, Jess‘ Exmann. Rob verkörperte von den Haarspitzen bis zu seinen polierten Halbschuhen all das, was der manische, unbeherrschte Ian mit seinen Hawaiihemden, den langen gewellten blonden Haaren und den kalten blauen Augen nie gewesen war.
    „Jess, bist du noch da?“, fragte Doris.
    Jess wusste, dass sie Rob anstarrte, deshalb zwang sie sich, woandershin zu sehen. „Ich muss Schluss machen“, sagte sie zu Doris.
    „Denk an meine Worte, Schätzchen.“
    „Bis bald“, erwiderte Jess und legte auf, ehe sie sich an Rob wandte. „Tut mir leid.“
    „Ist schon in Ordnung“, meinte er gelassen.
    „Sie sind nicht allzu laut“, erklärte sie. „Ich hörte Sie vorfahren, während ich telefoniert habe. Eigentlich wollte ich herauskommen und fragen, ob Sie Hilfe brauchen. Soll ich Ihnen bei den restlichen Sachen zur Hand gehen?“
    „Nein, das geht schon.“ Rob schaute über das Geländer zu seinem Wagen in der Auffahrt unten. „So viel Zeug besitze ich gar nicht, und ich bin auch fast fertig. Es sind nur noch zwei Kartons.“
    „Bei denen kann ich Ihnen doch helfen.“
    Rob schüttelte den Kopf. „Nein, wirklich. Die beiden sind zu schwer. Da sind meine Gewichte drin, die ich einfach hineingeworfen habe.“
    Rob stemmte also Gewichte. Komisch, darauf wäre sie nie gekommen. Falls er eine Bodybuilderstatur hatte, versteckte er die unter dem weit geschnittenen Hemd. Auf den ersten Eindruck wirkte er mehr wie ein Computerfreak, kaum fähig, eine schwere Aktentasche zu heben. Und doch verfrachtete er nun eine Gewichtheberausrüstung in ihre Wohnung.
    Ihre Wohnung? Jetzt war es seine Wohnung. Am Nachmittag hatte er einen Vertrag über sechs Monate unterschrieben und würde damit ihr am nächsten wohnender Nachbar sein.
    Sowie sie ihm in die Augen schaute, verspürte Jess erneut dieses Kribbeln und Knistern.
    Aber dann wandte er sich ab. „Tja, ich hole mal lieber meine restlichen … äh …“
    „Ich bringe Ihnen Eistee“, bot Jess an und lief zur Küchentür. „Sie sehen aus, als könnten Sie ein kaltes Getränk vertragen.“
    „Das wäre nett“, erwiderte Rob, blieb auf der obersten Treppenstufe stehen und schaute sich mit einem vagen Lächeln zu ihr um. „Danke.“
    Dann ging er leise die Treppe hinunter, und Jess öffnete ihre Fliegengittertür.
    In einem Punkt wenigstens hatte Doris recht - Rob ließ ihr Herz höherschlagen. Nur ein kleines Lächeln, und ihr Puls beschleunigte sich.
    Sie nahm ein zweites Glas aus dem Küchenschrank und den Eiswürfelbehälter aus dem Gefrierfach. Dann gab sie ein paar frische Eiswürfel in ihr Glas, das noch immer auf dem Küchentresen stand. Draußen ging Rob leise an ihrer Tür vorbei, mit einer großen, schwer wirkenden Kiste, in der sich seine Gewichte befanden. Die Kiste sah unhandlich und sperrig aus, doch er trug sie, als wiege sie fast nichts.
    Erneut bewegte er sich beinah lautlos an ihrer Tür vorbei. Jess griff sich den Krug mit dem Eistee aus dem Kühlschrank und füllte die beiden Gläser.
    Was wusste sie eigentlich wirklich über diesen Mann?
    Rob arbeitete als Softwareberater für eine Computerfirma - an den Namen erinnerte sie sich nicht - und reiste viel durch Florida und den Südosten. Manchmal absolvierte er acht oder neun Geschäftsreisen pro Monat.
    Ihr war bekannt, dass er aus dem Norden nach Sarasota gezogen war - aus welchem Bundesstaat genau, konnte sie nicht sagen. Wahrscheinlich hatte er das ihr gegenüber noch gar nicht erwähnt.
    Er hatte hübsche Augen, war höflich und nett, vielleicht sogar ein wenig schüchtern.
    Jess wusste außerdem, dass er einen biederen dunkelgrauen Taurus fuhr.
    Er hörte gern Folkmusik und war zu fast allen ihren Auftritten erschienen. Er war da gewesen, wenn sie in den örtlichen Clubs Gitarre spielte und sang. Oft hatte er einen Kollegen mitgebracht, einen freundlichen Mann namens Frank. In weiblicher Begleitung war er jedoch nie aufgetaucht.
    Sie hatte herausgefunden, dass Rob das Essen im „China Boat“ mochte, einem kleinen Restaurant drei Blocks südlich von hier. Einmal hatte sie im Vorbeifahren
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