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Richter

Richter

Titel: Richter
Autoren: Carlo Ciancarlo de u Lucarelli Andrea u Cataldo Cammilleri
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In seinem Zimmer gelang es ihm, die Türflügel des grünen Schranks zu schließen, indem er zusammengefaltete Papierstückchen darunter einklemmte.
    Dann ging er nach Hause.Und während der Richter zum ersten Mal in seinem Leben Pasta mit frischer Ricotta aß und dabei dieses Gericht lobpreiste, machte die Nachricht von der Amtsenthebung des Presidente Paoloantonio und der Wiederbeschaffung der Ermittlungsakten im Städtchen die Runde.
    Einmütig beurteilte man den Zug des Richters Surra als genial; der Mann sei offenbar ein geschickter, listiger und kaltblütiger Spieler.
    Vielleicht der Einzige, der imstande wäre, Don Nené aus der Fassung zu bringen.
    »Bewahrt ruhig Blut und einen kühlen Kopf, und vor allem, lasst Euch nicht zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen!«, redete Senatore Pasquale Midulla in der Tat Don Nené zu, der zornbebend vor ihm stand.
    »Ich kann doch nicht zulassen, dass dieser Hurensohn mir vor aller Augen in die Suppe spuckt! Irgendwas muss ich tun! Versteht Ihr das oder nicht? Sonst verliere ich das Gesicht!«
    Ihm stand geradezu der Schaum vorm Mund.
    »Machen wir’s so«, meinte der Senatore. »Schickt ihm eine zweite Warnung. Und wenn er dann immer noch nicht begreifen will, dann rede ich mit ihm.«

4.
    Z u Beginn der Besprechung gab Richter Surra zwei Neuigkeiten bekannt.
    Erstens habe der Erste Gerichtsdiener Nicolosi glücklicherweise das Verzeichnis der zum Zeitpunkt der Einstellung der Gerichtstätigkeit laufenden Prozesse wiedergefunden, folglich werde die Sitzung der Lektüre dieses Registers gewidmet sein; wohlgemerkt gelte die unbedingte Priorität weiterhin den vier Ermittlungen, deren Material zunächst unterschlagen und nun zurückerstattet worden war.
    Die zweite Neuigkeit bestand darin, dass zwei weitere Richter, Di Cagno und Martorana, die Wiedereingliederung in den Dienst beantragt hätten und an der morgigen Besprechung erstmals teilnähmen. Unerwähnt ließ er, dass Di Cagno und Martorana bei ihm zu Hause vorgesprochen hatten, mit einem Schreiben, in dem der alte Presidente Fallarino ausführlich ihre Verdienste lobte.
    Mitten während der Besprechung trat Nicolosi ein, in beiden Händen ein großes Paket.
    »Hat gerade eben ein Mann für Euch abgegeben, Herr Richter, und mir aufgetragen, es Euch höchstpersönlich zu überreichen. Er sagte, es sei ein Geschenk.«
    »Ich nehme keine Geschenke an. Schickt es sofort zurück«, sagte Surra barsch.
    »Ja, wie denn? Ein Absender steht nicht drauf, und den Mann hab ich nicht gekannt, der ...«
    »Dann werft es weg.«
    »Moment«, schaltete Butera, der Kammerpräsident, sich ein. »Vielleicht ist es besser, erst zu schauen, was darin ist, bevor Ihr es wegwerfen lasst.«
    »Meint Ihr?«, fragte Richter Surra perplex.
    »Na ja, wisst Ihr, bei uns gibt es gewisse Bräuche, die ...«
    In Wahrheit wollten alle außer Richter Surra, dass das Paket geöffnet würde, da sie bereits einen gewissen Verdacht hegten, was es enthielt.
    »Va bene, dann macht es auf«, sagte er zu Nicolosi.
    Der Erste Gerichtsdiener stellte das Paket mitten auf den Tisch und wickelte es aus dem Papier, in das es gehüllt war. Eine Metallschachtel erschien.
    Unschlüssig hielt Nicolosi inne. Ganz offensichtlich entsprach sein Verdacht dem der anderen.
    »Nun, was ist? Macht es auf!«, gebot der Richter.
    Nicolosi öffnete die Schachtel.
    Alle erhoben sich halb, um besser sehen zu können, und als sie sahen, sackten sie schwer auf ihre Stühle zurück, entsetzt, bleich, stumm.
    Halb in ein paar Stofffetzen gehüllt, die einst weiß gewesen, jetzt jedoch rot, denn mit Blut durchtränkt waren, lag dort ein glatt abgetrennter Lämmerkopf. Die weit aufgerissenen Augen hatten fast etwas Menschliches an sich.
    Der Einzige, der etwas sagte, war Richter Surra.
    »Ach! Ein Lämmerkopf!«, und er lächelte.
    Er lächelte, während die anderen reglos blieben, schreckensstarr angesichts des grässlichen Inhalts dieser Drohung.
    Richter Surra lächelte weiter, er hing einer fernen, trauten Erinnerung nach. Als er klein war, konnte sein Großvater bisweilen die Großmutter dazu überreden, ihm einen Lämmerkopf zuzubereiten. Und ihm, der beim Essen neben dem Opa saß, steckte dieser ein paar Bissen zu. Dio, schmeckte das gut! Nach dem Tod des Großvaters war der Lämmerkopf vom Speisezettel der Familie verschwunden.
    »Mag einer von Euch ihn haben?«, fragte er.
    Alle schüttelten den Kopf, sprachlos, der Rede noch nicht wieder mächtig.
    »Filipazzo, ein Verwandter
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