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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell
Autoren: Allerheiligen
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in der niederbayerischen Hauptstadt Landshut an: Der Schatz der reichen Landshuter Herzöge auf der Burg Trausnitz, 1410 – 1506 . Das Adjektiv »reichen« war durchgestrichen, und mit einer Type, die wie eine Handschrift wirken sollte, war »letzten« darübergedruckt. Es war die Vorstellung eines unoriginellen Menschen von einer originellen Überschrift und war so plump und schwerfällig, dass in Roberts Geist unwillkürlich ein Bild von der Ausstellung aufblitzte: leere Museumsgänge, auf die langweilige Schaukästen herabglotzten. Die Ausstellung startete in einer guten Woche.
    »Gib die URL , die da angegeben ist, mal in deinen BlackBerry ein«, sagte Harald.
    Das Mobilfunknetz schwankte, aber es baute die Verbindung auf. Wer die Internetseite der Ausstellung gestaltet hatte, hatte etwas mehr von Kommunikation verstanden als die Flyer-Macher. Beim Aufruf der Seite ploppte automatisch ein Fenster mit einem News-Blog auf. Der letzte Eintrag war eine Entschuldigung: Wegen des Aufbaus der Ausstellung würde die Burg Trausnitz ab dem kommenden Wochenende für Besucher geschlossen sein – also ab morgen. Nur die Burggastronomie würde weiterhin geöffnet bleiben.
    »Du denkst also, das ist das nächste Ziel Blofelds? Weil es um irgendwelchen Schmuck der Landshuter Herzöge geht?«
    Harald angelte seinen BlackBerry aus der Jackentasche, drückte auf den Tasten herum und reichte ihn dann an Robert weiter. Harald hatte ein Bild aufgerufen. Es war ein Foto einer Reproduktion eines kunstlos gemalten Porträts. Robert hatte keine Ahnung, was historische Dinge betraf, aber er fand, dass das Porträt mittelalterlich aussah.
    Harald überholte einen zerbeulten Kleinwagen, der einen Anhänger mit einem noch zerbeulteren Unfallwagen darauf hinter sich her zog und nicht die Kraft hatte, mit seiner Last mehr als sechzig Stundenkilometer zu schaffen. »Den sollte man eigentlich anhalten …«, brummte er. »Nicht irgendwelchen Schmuck, Robert«, sagte er dann. »Das ist das Brautbild von Herzogin Hedwig von Landshut. Im Mittelalter sandte man solche Bilder zwischen zwei adligen Brautleuten hin und her, damit diese wenigstens halbwegs eine Ahnung davon hatten, wie ihre Zukünftigen aussahen. Sieh dir mal den Schmuck an, den sie trägt. Es ist ihr Hochzeitsschmuck, ein Teil ihrer Mitgift.«
    Robert zoomte das Bild auf dem kleinen Monitor heran. Es war unverkennbar – da war das Haarnetz mit den Perlen, da waren die drei Broschen, und da war die prunkvolle dreiteilige Halskette mit den Edelsteinen. Der Schmuck war fast kunstvoller ausgeführt als das Gesicht der Braut, was darauf schließen ließ, dass die Wertigkeit der Mitgift ebenso wichtig gewesen war wie das Aussehen der künftigen Herzogin.
    Die Kopien dieses Schmucks hatte er im Haus des Juweliers gesehen und die Originale in dessen Tresor.
    »Um diesen Schmuck geht es in Landshut? Ich dachte, der hätte nur in Wittenberg eine Rolle gespielt.«
    Harald schüttelte den Kopf.
    »Wo hast du dieses Bild her?«, fragte Robert.
    »Schau dir den Ausstellungsprospekt genau an.«
    Robert fand das Bildnis der Herzogin in relativ kleinem Format auf einer der Seiten des Folders. Er hatte es beim ersten Mal übersehen. Wenn der Hochzeitsschmuck das zentrale Thema der Ausstellung war, dann hatte die Marketingfirma ein seltsames Verständnis von seiner Platzierung im Werbeprospekt.
    »In Landshut müssen sie noch dazulernen, wie man die Stadt besser nach außen präsentiert«, sagte Harald, als hätte er Roberts Gedanken gelesen. »Und was Blofeld betrifft – er ist hinter dem Hochzeitsschmuck von Herzogin Hedwig her, dafür leg ich meine Hand ins Feuer.«
    »Das ist nur eine Annahme, Harald!«
    »Aber sie ist zutreffend.« Harald warf ihm einen Seitenblick zu und grinste selbstzufrieden.
    »Warum ist dann noch keiner außer dir darauf gekommen?«
    »Es ist keiner darauf gekommen, weil sich keiner für die Landshuter Geschichte interessiert«, sagte Harald. »Außer einem Landshuter natürlich.«
    Robert sah auf. Es brauchte nicht viel, um sich auf diese Bemerkung einen Reim zu machen.
    Harald warf ihm einen weiteren Seitenblick zu und seufzte theatralisch. »Na gut, ich geb’s zu.«
    »Ich dachte immer, du wärst gebürtiger Münchner.«
    Harald schüttelte den Kopf, eine Geste, die auszudrücken schien, dass ein expatriierter Landshuter nichts Besseres tun konnte, als zu leugnen, woher er kam. Robert, der aus einem Kaff im Allgäu stammte und keine seiner Mitgliedschaften in den
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