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Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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berührte eine Felswand. Ein bröckelnder, mit Moos und Flechten behangener Torbogen und eine verschlossene steinerne Tür traten flimmernd aus dem Felsen hervor. Arianllys legte die Handfläche daran und die Tür schwang knarrend auf. Dahinter kam eine Treppe zum Vorschein, die nach unten führte.
    »Das ist Gruffydds Weg«, erklärte sie, »ein Tunnel, den wir vor vielen Hundert Jahren für unsere Freunde unter den Menschen erbaut haben. Heutzutage wird er so selten verwendet, dass nur noch die wenigstens Feen von seiner Existenz wissen. Er ist zwar alt und vernachlässigt, aber immer noch intakt, und du gelangst durch ihn unter dem Meer hindurch sicher zum Festland.«
    Ein ängstlicher Schauer überlief Rhosmari und ihr war, als legten sich kalte Finger um ihren Hals. In ein stockdunkles Loch hinabzusteigen, in die feuchte Erde hinunter und unter dem unermesslichen Gewicht des Meeres hindurch, und zu spüren, wie die Wände von beiden Seiten immer näher heranrückten …
    »Nein«, stammelte sie, »bitte, das geht nicht.«
    »Es muss gehen«, erwiderte Gwylan. »Anders kannst du die Grünen Inseln nicht verlassen, ohne dass deine Mutter und die anderen Ältesten es bemerken.«
    »Warte«, sagte Arianllys, »lass mich mit Rhosmari sprechen.« Sie wandte sich ihr erneut zu. »Darf ich dir eine persönliche Frage stellen?«
    Rhosmari brachte ein Nicken zustande.
    »Liebst du meinen Sohn?«
    Rhosmari sah Arianllys verwirrt an. Liebe? Was spielte das jetzt für eine Rolle? Natürlich hatte sie Garan gemocht und bewundert, und er sah ja auch nicht schlecht aus – trotz der milchweißen Haare und der blassen Haut, wie sie unter den Kindern des Rhys so häufig vorkamen und ihr selbst zum Glück erspart geblieben waren. Sie hätte auch keinen Grund gewusst, warum sie sich nicht mit ihm verloben sollte. Schließlich profitierten beide Familien von der Verbindung und einer von ihnen oder sie beide würden eines Tages ebenfalls Älteste werden.
    Und doch, obwohl Garan immer freundlich und nett zu ihr gewesen war, hatte er sie doch nie berührt oder tiefere Gedanken und Gefühle mit ihr geteilt. Umgekehrt hatte auch Rhosmari nie mit ihm über ihre privaten Sehnsüchte und Ängste gesprochen. Alles hatte darauf hingewiesen, dass ihre Ehe genauso sein würde wie die Ehen der meisten Feen – ein praktisches Arrangement, nicht mehr, aus dem zwei oder drei Kinder hervorgingen und das ihnen die Achtung der Gesellschaft verschaffte.
    »Nicht so, wie Ihr meint«, sagte sie jetzt zu Arianllys. »Er bedeutet mir etwas, aber …«
    »Du hast dich also nicht seinetwegen zu dieser Reise entschlossen. Aber gibt es nicht jemanden in deinen Gedanken, den du gerne wiedersehen würdest? Vielleicht einen jungen Mann, der in der Nähe der Eichenwelt wohnt?«
    Rhosmaris Wangen verfärbten sich tiefrot. »Nein!«
    Arianllys lächelte entschuldigend. »Bitte«, sagte sie, »es war nicht schön von mir, dich so auf die Probe zu stellen. Aber an dem Tag, an dem Linde und Timothy vor den Ältesten sprachen … Gwylans Aufmerksamkeit galt vielleicht Garans Gesicht, aber ich habe deines beobachtet.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Rhosmari verlegen und verwirrt zugleich. »Warum fragt Ihr …«
    »Weil du den Mut, den du für Gruffydds Weg brauchst, nur aufbringst, wenn du an etwas Größeres denken kannst als an deine Ängste. Und die Liebe verleiht große Kraft … wie auch der Glaube an eine Sache.« Sie legte Rhosmari die Hand auf die Schulter. »Wenn du also aufrichtig glaubst, dass du unser Volk nur retten kannst, indem du Garan und den Stein findest …«
    »Ich weiß, dass ich das tun muss. Nur …« Rhosmari biss sich auf die Lippen und warf wieder einen Blick in den Tunnel.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte Gwylan. »Kein Feind und kein Fremder kann Gruffydds Weg öffnen, nur die Kinder des Rhys und die, denen wir unser Vertrauen schenken. Der Eingang auf dem Festland ist unsichtbar und niemand kommt dort hinein, auch du nicht, es sei denn, es ist Niedrigwasser und du siehst dieses Zeichen und legst die Hand darauf.« Er deutete auf ein Symbol, das neben der Tür in den Stein geritzt war, einen durch eine Wellenlinie geteilten Kreis. »Nicht einmal Garan und seine Gefährten kennen dieses Geheimnis, hüte es also gut. Bist du bereit?«
    Rhosmari nickte.
    »Dann wünsche ich dir eine erfolgreiche Reise, Tochter der Celyn.« Er legte grüßend die Finger an seine Stirn und trat zur Seite.
    Lady Arianllys beugte sich über
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