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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold
Autoren: Andrea Schacht
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Fulcinia maior es getan hatte.
    Dann aber riss sie sich zusammen und begann mit der Aufstellung der Ausgaben. Das Holz für die Beheizung des Bades musste bezahlt werden, die Wassergebühr war fällig, der Vorrat an Salben und Parfüms musste ergänzt und das Lampenöl nachbestellt werden. Eine Reihe Tiegel waren zerbrochen, auch die tönernen Öllampen hielten nicht ewig. Zudem waren die Löhne zu zahlen. Beinahe fünfzig Leute waren nötig, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Die Heizer und das Reinigungspersonal machten den größten Anteil aus, aber auch Garderobenwärter, Bademeister, Masseure und andere Dienstleister mussten für das anspruchsvolle Publikum bereitstehen. In Rom hätte man Sklaven zur Verfügung gehabt - nicht, dass die viel billiger gewesen wären -, hier in der Provinz waren es vornehmlich Einheimische oder Freigelassene, die sich für Lohn verdingten.
    Der Betrag summierte sich, und Rufina seufzte leise. Dann nahm sie sich die Einnahmen vor. Zum einen war da das Eintrittsgeld - die Frauen zahlten morgens, wenn das Wasser frisch war, das Doppelte von dem, was die Männer in den für sie reservierten Nachmittags- und Abendstunden zu zahlen hatten. Die Summe deckte knapp die Ausgaben. Für die Pacht war noch keine Sesterze eingebracht. Sie sollte im Prinzip durch die Untervermietung an die Händler abgedeckt werden, die ihre kleinen Geschäfte und Stände innerhalb der Therme oder im Hof führten. Auch der Verkauf von weißer Holzasche aus der Heizanlage brachte ein paar Münzen ein.
    Rufina zählte und rechnete und rechnete und zählte - es wollte nicht stimmen. Nach dem, was ihr die Mieter schuldeten, hätte die Summe nicht gereicht, um die Pacht zu zahlen. Und dennoch war mehr Geld in der Kasse, als die nüchternen Zahlen sagten.
    »Schon wieder!«, murmelte sie leise. »Er hat schon wieder zu viel gezahlt. Was will Cyprianus damit nur erreichen?«
    Sie zählte sorgsam die überschüssigen Denare und Sesterzen ab und legte sie beiseite. Der Rest - nun, es würde nicht reichen. Vielleicht, wenn sie mit dem Salbenhändler noch einmal reden könnte. Er musste eben noch ein paar Tage auf sein Geld warten. Oder Barbaria, die Badeaufseherin, bekam ihren Lohn erst im nächsten Monat. Sie war sowieso ziemlich unzuverlässig.
    Noch einmal seufzte Rufina auf. Die Pacht würde bezahlt, das Wasser und das Holz auch. Aber ihr blieb für den Haushalt nichts mehr übrig.
    »Rufina, störe ich?«, fragte eine leise, beinahe scheue Stimme.
    Eine schlanke Dame mittleren Alters trat über die Schwelle. Ihre Haltung war würdevoll und aufrecht, ihre unauffälligen Züge ruhig und gelassen. Sie war in eine nüchterne, dunkle Stola über einer weißen Tunika gewandet, ihre schwarzen Haare waren glatt in der Mitte gescheitelt, und zwei graue Strähnen zogen sich rechts und links von den Schläfen nach hinten, wo sie zu einem schlichten Knoten zusammengefasst waren.
    »Fulcinia, komm herein. Nein, du störst nicht. Ich bin eben mit den Abrechnungen fertig geworden.«
    »Und wie sieht es aus?«
    »Nicht gut. Cyprianus hat wieder zu viel gezahlt. Das ist mir so unangenehm.«
    »Hat er irgendwelche Absichten?«
    »Ich weiß es nicht. Er ist nicht mehr als freundlich, Andeutungen hat er bisher nie gemacht. Aber er hat jetzt schon das dritte Mal mehr bezahlt, als in der Vereinbarung steht.«
    »Hast du ihn gefragt, warum?«
    »Er sagt, die Geschäfte laufen so gut. Aber das stimmt nicht. Unsere Besucher sind nicht zahlreicher geworden, im Gegenteil. Und mehr trinken tun sie auch nicht. Ich werde ihm die Münzen zurückgeben. Ich will mich nicht zu irgendwas verpflichten.«
    »Das mag klug sein. Wir werden einen anderen Weg finden. Die Haushaltskosten übernehme ich im nächsten Monat.«
    »Ach, Fulcinia...«
    »Natürlich tue ich das. Schließlich wohne und esse ich hier.«
    »Und du arbeitest hier.«
    »Was sollte ich denn ansonsten tun? Mir die Fingernägel polieren lassen? Ich bin froh, dass Maurus mir die Möglichkeit gegeben hat, mit euch zu kommen. Und nun erzähl mir, was heute Morgen los war!«
    Fulcinia ließ sich in einem der aus Weidenruten geflochtenen Sessel nieder und hörte sich die Geschichte von dem Toten in der Wasserleitung an.
    »Das könnte Ärger bedeuten«, sagte sie und nickte, als Rufina geendet hatte.«
    »Warten wir es ab. Ich nehme an, inzwischen haben die Heizer wieder ihre Arbeit aufgenommen?«
    »Natürlich. Ich habe sie heute Morgen dazu überreden können, das Holz bei den Holzschlägern
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