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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition)
Autoren: Daniela Gerlach
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guten Stoff haben willst, dann kauf dir was, dann lad ich dich auch mal ein. Aber meistens muss ich ne Woche oder länger auf meine Kohle warten. Solche gibt´s ebent.“
    Vera und Freese blickten etwas perplex auf den Spargel, aber der Freese reagierte gleich, denn der letzte Satz konnte auch auf ihn zutreffen, weil er sich ständig und überall Geld lieh und nicht zurückzahlte. Obwohl seine Alten Geld hatten. Da fragte man sich doch wieder.
    „Wie sieht´s denn aus? Ich dachte, wir wollten noch in die Stadt?“ Er zündete sich eine Zigarette an und wartete darauf, dass er ruhiger wurde. Er musste Silvie anrufen. Er hatte ihr gestern eine gescheuert. Hand ausgerutscht, soll vorkommen. Auf einmal wirkte er eingefallen und müde. Mit 23 schon so müde. Trauriges Los derjenigen, die alles begreifen.
    „Sag mal, geht´s dir nicht gut?“
    Er fuhr zusammen. Sie fragte das. Sie.
    „Was? Nee, nee ..., bin nur etwas neben der Kappe. Ich glaub, ich muss an die frische Luft, Beine vertreten. Lasst uns endlich abhauen.“
    Spargel war kurz ins Bad gegangen und kam nun mit angefeuchtetem Gesicht zurück. Er setzte sich wieder in seinen Sessel und tat ein paar tiefe Atemzüge. „Mann, ich bin breit. Am besten, ihr geht schon vor. Um neun hab ich noch´n Kunden. Da wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn keiner mehr hier abhängt.“
    „Du kommst aber ins Hades?“, fragte Vera besorgt.
    „Ja klar, ich komm nach.“
    Dirk Freese, jetzt schnell und spinnewippartig auf die Beine gekommen, sah auf das wuchtige Häufchen auf dem Sessel herunter. Ein kalkiges Gesicht, unter dem ein buntes Hemd hing, so zerknittert, als hätte man es aus einem Korb alter Wäsche gezogen; der nachwachsende Haaransatz zeigte Olafs blondes Echthaar, das sich in seiner Verlängerung unschön mit der schwarz-braunen Tönung vermischte bis es etwa auf Kinnhöhe in schwarze, ausgetrocknete Spitzen überging. Der Spargel! Seit er dealte, war er wer. Seine Kunden! Allerdings musste er zugeben, dass der Spargel seine Sache ziemlich gut managte. Auch wenn er ein Scheißdealer war, er war nicht doof. Man hätte meinen können, er sei dafür geboren.
    Dabei war es noch gar nicht lange her, dass Olaf Keune diese Profession ausübte und nebenbei eine gewaltige Wandlung vollzogen hatte. Aus dem jungen Mann im schwarzen Secondhand-Anzug, mit dem er Vera auf einer Party zu Füßen gelegen hatte, war ein cooler Bruder mit Vorliebe für Paisley-Muster und psychedelische Musik geworden. Auf Spargels Wandlungen und Wandlungsfähigkeit wird später noch ausführlicher eingegangen, vorerst nur so viel: der jüngste Lebenswandel (man muss tatsächlich von Lebenswandel sprechen) ging u.a. mit einem Wohnungswechsel sowie durch kostspielige Drogen und Abtauchen ins Nachtleben bedingter und auch gewollter Gewichtsabnahme und neuer Kleidung einher. Das alles ließ sich mit Arbeitslosenhilfe nicht mehr finanzieren. Also wurde er Dealer. Dealer ist auch ein Beruf. Außerdem war er endlich in der Position, mit der er schon immer geliebäugelt hatte: Alle wollten etwas von ihm. Zudem besaß nicht nur seine Ware magnetisierende Kraft, er selber auch. Man konnte sogar sagen, Olaf Keune war genau der richtige Mann für dieses Fach. Er besaß Organisationstalent und behielt – auch wenn das jetzt absurd klingen mag – einen klaren Kopf beim Geschäft. Spargel wurde ein richtig guter Kaufmann. Den Wareneinkauf richtete er nach den Bedürfnissen seiner Kundschaft, ein kleiner, aber treuer Kreis. Wer etwas wollte, bekam es pünktlich und korrekt, bei seinem Lieferanten war er nie in Zahlungsverzug. Mit härteren Drogen handelte er nicht, das wäre ihm zu riskant gewesen, nur mit Dope. Dafür schaffte er sich eine Waage an, die er vorsorglich im Küchenschrank versteckte, wenn er aus dem Haus ging. Das hatte weniger mit Paranoia zu tun, mehr mit Angeberei, auch wenn es erhöhte Vorsicht erfordert, Chef eines nicht legalen, sprich nicht ungefährlichen Unternehmens zu sein. Auf jeden Fall muss einer, der sein Arbeitswerkzeug im Küchenschrank versteckt, etwas Besonderes sein.
    Dirk Freese trat von einem Fuß auf den anderen. Rauch biss in seine Augen, er kniff sie zu, nahm aber die Zigarette nicht aus dem Mundwinkel.
    „Biste startklar, Prinzessin?“
    „Aus bestimmten Gründen hab ich etwas dagegen, wenn man mich Prinzessin nennt.“
    „Sorry.“
    Vera stand auf, zog ihr T-Shirt stramm und ihre weit geschnittene Jeans hoch und verschwand kurz im Badezimmer.
     
    Er konnte es
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