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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Autoren: Sylke Brandt
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tat er auch nicht, wenn
er mit seinen Kollegen sprach. Unschlüssig fuhr er damit fort, das Ding
zu mustern. Es war so klein und unscheinbar – daran hatte die Maschine
jetzt so lange gearbeitet? Wenn es nur ein bisschen mehr Schwung gehabt hätte,
wäre es dort hinten unter die Werkbank gerollt (die, wie Kentnok aus dieser
Position sehen konnte, in einem Fach Nahrungsriegel und eine Schachtel mit Gesellschaftsspielen
enthielt). Die Techniker hätten es dort sicher nie gefunden, schon allein,
weil sie sich nicht weit genug hinunter beugen konnten mit ihren massigen Körpern.
Sie würden schon Mühe haben, es hier vom Boden aufzuheben. Kentnok
konnte das ohne Probleme. Weil er nur ein Atmosphärenmanipulator war. Weil
er ja keinen verantwortungsvollen Posten übernehmen durfte. Weil die Schluttnickgesellschaft
ihn in seinen kleinen, schmalen Platz gequetscht hatte und sich nicht im Mindesten
dafür interessiert, was er hätte sein und schaffen können. Weil
es Leute gab wie Tandruk, die dafür sorgen konnten, dass er niemals mehr
aus seinem winzigen Büro herauskommen würde, denn sie brauchten ihn,
damit er als Opfer ihre langweiligen Tage verschönte. Weil er in der Falle
saß und bis ans Ende seiner Tage Immerraupen aus Kästen pulen und
niemals Gewicht zulegen würde.
    Kentnok bemerkte erst, dass er in trotzigem Zorn das Artefakt vom Boden aufgehoben
hatte – leicht und ohne jede Mühe – als er schon wieder aufrecht
stand und es in den Händen drehte. Ein Schaudern ging durch seinen Körper,
eine berauschende Mischung aus Wut und Aufregung. Sein Herz pochte sehr schnell
und laut. Er wusste, er hatte nicht viel Zeit, aber er konnte sich nicht bewegen.
Eine große Entscheidung warf ihren schweren Schatten auf ihn und hielt
ihn reglos auf der Stelle fest.
    Die Techniker würden bald hier sein. Sie waren gekommen, weil die Maschine
kein Artefakt produzierte – also würden sie auch nicht erwarten, eines
zu finden. Und wenn sie erst den Knopf gedrückt hatten, würde die
Maschine innerhalb kurzer Zeit eine neue Arbeit beginnen. Der Plan der Techniker
würde klappen und sie konnten sich dann die Schultern rotklopfen und würden
niemals ahnen, dass ... es ein Artefakt gegeben hatte, das sie nie zu Gesicht
bekommen hatten.
    Die Reglosigkeit fiel von Kentnok ab. Ohne weiteres Zögern öffnete
er seine Werkzeugtasche, legte die Kugel vorsichtig hinein und schloss sie wieder.
Dann rannte er fast zum Ausgang der Fabrikhalle 1. Angst erfüllte ihn,
aber auch wilder Triumph. Die Fabrik, die Techniker hier, seine Vorgesetzten,
seine Eltern und seine alte Indoktrinationsassistentin, sie alle schuldeten
ihm was. Mehr, als sie je zurückzahlen könnten, selbst wenn sie gewollt
hätten.
    Kentnok hatte kein schlechtes Gewissen.
    Er hatte nur eben eine kleine Rate eingefordert.

    In der Stille des Scriptoriums schien jedes Geräusch laut – das Rascheln
des Papiers, die gedämpften Signale der Computer, das Kratzen von Federn
auf Pergamentfolien. Und doch war jeder Ton so leise, wie es nur möglich
war. Wer sprach, flüsterte und wob nicht mehr als ein Murmeln in dieses
Netzwerk aus Lautlosigkeit, und die meisten Anwesenden schwiegen ohnehin. Wer
ging, tat das mit leichtem, langsamem Schritt und entnahm den Regalen Bücher
und Datenspeicher so vorsichtig, wie er konnte. Von draußen drangen die
Geräusche einer hektischeren Welt hinein und unterstrichen noch mehr die
Stille des großen, halbdunklen Raumes. Die laute Betriebsamkeit endete
an der Eingangstür. Hier drinnen war ein ganz eigenes, abgeschlossenes
Königreich der Gelehrsamkeit und des Schweigens.
    Lange, sehr lange war die Zeit vorbei, da Geistliche Texte mit eigener Hand
kopieren mussten, um sie verbreiten zu können. Es war nicht mehr nötig,
in stundenlanger mühsamer Arbeit in schlecht erleuchteten Schreibstuben
heilige Schriften abzumalen und mit Verzierungen zu versehen, die ihrem Wert
gerecht werden konnten. Jetzt genügte der Druck einer einzigen Taste, um
ganze Bücher, Tondokumente und Bildsammlungen innerhalb von Sekundenbruchteilen
zu vervielfältigen und in alle Ecken der Galaxis zu verschicken.
    Bruder Alfar wusste jedoch, dass es noch immer die gleiche lange Zeit der Aufmerksamkeit
und Besinnung erforderte, um sie aufzunehmen und zu verstehen, und dass nur
wenige bereit waren, es zu tun. Vor allem nicht in Zeiten wie diesen, die mehr
nach Aktion
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