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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
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auch nur eine Scheunenwand treffen würde.
    Vor der gähnend schwarzen Türhöhle schlug ich lang hin, und noch ehe ich mich aufgerappelt hatte, schlugen klatschend zwei Kugeln in einen Balken direkt neben der Stelle ein, wo ich jetzt eigentlich gestanden hätte. Dann sirrte eine dritte Kugel als Querschläger irgendwo ins Dunkel. Ich hatte keine Schüsse gehört und wusste nicht, wo der Schütze lauerte. Meine eigene Waffe hatte ich bei dem Sturz verloren. Ich robbte zitternd vor Angst und Wut und Hilflosigkeit hinter einen Haufen Bauschutt und drückte mich in eine übelriechende kleine Mulde. Ich weiß nicht, wie lange ich da lag, erbärmlich und kurz vor der Panik und sicher, dass ich hier nicht lebend würde herauskommen können. Genauso wenig wie Karl. Um ein Haar hätte ich laut losgeheult.
    Irgendwann hörte ich den Motor des Pajero; sie fuhren weg. Mir war inzwischen egal, ob das eine Finte war: Ich torkelte hoch und stolperte die roten Betonstufen hinauf.
    Sie hatten Karl das Genick gebrochen. Er lag da mit absurd verdrehtem Kopf auf dem schäbigen Boden direkt vor seiner Wohnung, in der er so glücklich gewesen war.
    Ich schrie laut meinen Schmerz und meine Wut hinaus. Dann nahm ich Karls Mundharmonika an mich, ging, ohne mich umzudrehen und ohne mich um eine mögliche Falle zu kümmern, zurück zu meinem Wagen und machte mich verbissen daran, ihn wieder flott zu bekommen. Dann fuhr ich wie betrunken in die Eifel.
    Die Baronin sagte mir später, ich habe kein Wort gesprochen, als ich hereinkam, und ein ganz graues Gesicht gehabt. Ich sei wie ein Schlafwandler zum Telefon gegangen und habe Pjotr angerufen.
    Er meldete sich verschlafen, und ich sagte ihm, dass Reimer und Strahl in Bonn soeben einen völlig unbedeutenden Penner umgebracht hätten, der nur zufällig mein Freund war. Sie glaubten, er sei im Besitz ihres Koffers.
    »Ich habe die Schnauze gestrichen voll. Ich will raus aus diesem Scheißspiel!«
    »Mann, beruhigen Sie sich doch erst mal.«
    »Ein großartiger Rat. Das Einzige, was mich beruhigen könnte, wären Informationen. Die sind für uns jetzt nämlich lebenswichtig. Zum Beispiel: Vor wem war Lewandowski auf der Flucht?«
    »Denken Sie nach, und Sie werden schnell darauf kommen«, sagte Pjotr kühl. »Wann soll ich bei Ihnen sein?«
    »Schnell, so schnell es geht. Ich muss endlich alles wissen, und wir wollen raus aus der Sache.«
    »Das sind jetzt die Aufräumarbeiten, mein Lieber.«
    »Ja, ich weiß. Hier ein Toter, dort ein Toter. Und wann sind wir tot?«
    »Nicht, wenn Sie sich auf mich verlassen. Ich komme morgen.«
    »Sagen Sie mir, warum Lewandowski getötet, wurde. Nur das!«
    »Weil er einen Fehler machte«, sagte er und hängte ein.
    »Du siehst aus wie ein sehr alter Mann, und du solltest ein Bad nehmen und dich dann hinlegen«, sagte die Baronin sanft.
    Ich ließ mich von ihr ins Bad bringen, und in dem heißen Wasser kam ich wieder so weit zu mir, dass ich ihr berichten konnte, was geschehen war.
    Die Baronin war zu Tode erschrocken. Sie streichelte mir die ganze Zeit den Kopf, sagte »armer Siggi, armer Karl« und küsste mich, als wäre es das Letzte, was wir auf der Welt würden tun können.
    Später zeigte ich ihr den Koffer, und sie sah mich lange an und meinte dann:
    »Siggi, wir müssen raus aus der Geschichte. Wir müssen ganz schnell da raus.«
     
    16. Kapitel
     
    Als ich aufwachte, war es schon fast zehn. Eine grelle Sonne lag über dem weißverschneiten Land, Eifellicht. Die Baronin spielte mit den kleinen Katzen und sagte: »Du solltest dich rasieren, Pjotr kommt gleich. Dein Verband muss auch erneuert werden.«
    Die Wunde sah gut aus und würde sicher eine beeindruckende Narbe geben. Nach dem Verbandswechsel diktierte ich der Baronin, was mit Karl geschehen war. Sofort hatte ich wieder einen Kloß im Hals und Wut im Bauch. Das Beste würde sein, ich ging einmal durch das Dorf, um mich wieder zu fangen.
    Die Schneedecke war nicht höher als vier oder fünf Zentimeter. Ein alter Mann arbeitete verbissen daran, die verharschte Masse von einem Bürgersteig abzukratzen, den ohnehin niemand benutzte.
    Unser Ortsbürgermeister kam aus seinem Haus gelaufen, als ich vorbeiging, und sagte: »Morgen. Wer war denn der Tote in deinem Garten?«
    »Weiß ich nicht, weiß ich wirklich nicht. Ich hab’ es gar nicht glauben wollen. Ich war in Bonn zu einem Interview, und plötzlich tauchen Bullen auf und fragen mich, warum denn in meinem Garten jemand erschossen wurde.« Ich
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