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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin
Autoren: Elizabeth Corley
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und Memos und ein dicker Packen Papiere von einer Anwaltskanzlei in London; sie sind durchleuchtet worden.»
    Fenwick griff als Erstes nach dem Laborbericht. Es handelte sich um eine Analyse des Inhalts von Rowlands Taschen; die Sache war alles andere als vordringlich behandelt worden, und er hatte nicht gedrängt. Ganz hinten befanden sich Fotos und eine vollständige Abschrift der Seiten aus Katherine Johnstones Tagebuch, die Rowland in seiner Brieftasche aufbewahrt hatte. Fenwick fand, dass er ein paar Minuten Kaffeepause verdient hatte, und lehnte sich zurück, um die Abschrift zu lesen.
     
    … 19. Juni … Frost hat ihr echt eins aufgebrummt. Ich bin davongekommen! GOTT SEI DANK!! Das hätte mir noch gefehlt. Morgen fahren wir ins sonnige Dorset – das Quartett wieder auf Achse, und Les wird uns natürlich als Timmy der Hund überallhin folgen. Habe J. an der Bushaltestelle gesehen. Ich bin sicher, er hat mich angelächelt. S. war bei mir. Ich glaube, er war eifersüchtig.
    … 22. Juni … Octavia war hier. Gehe nicht in die Schule. Wieder Polizei. Ich kann das nicht.
    … 27. Juni … Ich habe seit Tagen nichts geschrieben. Ich weiß nicht, ob ich es jetzt kann, aber ich muss es versuchen. Irgendwo muss ich es rauslassen, Gott weiß es, und ich kann es keinem erzählen. Carol ist tot. Da, ich habe es gesagt. Die süße, süße Carol ist tot. Es ist so ungerecht. Warum ausgerechnet sie? Sie war so gut. Sie hat keinem je etwas getan, die Güte in Person. Jetzt ist sie nicht mehr unter uns, und ich hatte keine Chance, ihr zu sagen, dass sie etwas ganz Besonderes ist, wie viel sie mir bedeutet, uns allen.
     
    Die Schrift wurde immer winziger; offenbar hatte sie versucht, ihre Gedanken alle auf die eine kleine Seite zu zwängen.
     
    Gott, wenn du zuhörst, im Augenblick hasse ich dich und weiß nicht, ob ich damit je fertig werden kann. Es war ein Unfall. Es muss einer gewesen sein, auch wenn ich nicht begreife, wie es dazu kommen konnte. Eben waren sie noch zusammen – Octavia und Carol –, ich habe sie gesehen; im nächsten Moment war Carol weg. Die Polizisten kommen morgen wieder vorbei – Mummy hat gesagt, sie könnten heute auf gar keinen Fall noch einmal mit mir sprechen. Aber ich weiß immer noch nicht, was ich sagen soll.
    … 28. Juni … Gott, ich hasse dich nicht mehr, aber ich brauche deine Hilfe. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Octavia lügt. Ich weiß nicht, warum sie das macht, aber jetzt stecke ich auch mit drin. Sie will nicht, dass sie es wissen – sie sagt, es könnte falsch verstanden werden. Aber ich verstehe es nicht! Und Leslie lügt auch. Wir hätten alle einfach die Wahrheit sagen können – die Polizei wäre dahinter gekommen, die sind nicht dumm. Ich habe eine schreckliche Erkältung, aber immerhin bedeutet das, ich muss morgen nicht zur Schule. S. hat mich besucht. Das ist nett von ihm, hat mir aber nicht sehr geholfen.
    2. Juli … Ich habe beschlossen, hier aufzuschreiben, was wirklich passiert ist. Ich muss es jemandem anvertrauen, und nach der langen Zeit zu der Polizei zu gehen ist unmöglich. Wie auch immer, «die Wahrheit ist relativ», wie Octavia sagen würde, und was Leslie gesehen hat, könnte ganz falsch interpretiert werden. Hier also meine Schilderung dessen, was sich vor Carols Tod abgespielt hat.
    Es war alles normal, bis wir am Nachmittag zum Bus zurückkehrten. Ich lief mit den anderen voraus. Ich habe lange Beine, ich laufe besser als sie – Leslie kam wie immer hinterher. Dann merkte sie, dass sie ihren Armreif verloren hatte, den silbernen, den sie zum Geburtstag bekommen hat. Sie wollte umkehren und ihn suchen. Sie sagt, dass sie gebückt gegangen ist. Als sie die Anhöhe erreicht hatte, sah sie Carol und Octavia auf der anderen Seite herunterkommen. Sie winkte ihnen, aber die beiden sahen sie nicht. Sie schienen zu streiten – Carol rannte voraus, Octavia zog sie immer wieder zurück, indem sie sie am Arm festhielt. Leslie war nicht sicher, was sie tun sollte, daher ging sie langsam weiter und sah auf beiden Seiten in die Büsche, falls ihr der Armreif beim Laufen davongeflogen war.
    Als sie den Grund der Mulde erreichte, hörte Leslie laute Stimmen. Carol sagte: «Lass mich in Ruhe, lass mich einfach in Ruhe.» Und Octavia brüllte etwas wie: «Das kannst du nicht, das kannst du nicht – das ist meins!» Es war peinlich, als sie mir erzählte, dass sie gelauscht hatte, die ganze Angelegenheit. Sie beschloss, zum Bus zurückzukehren – es war
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