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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin
Autoren: Elizabeth Corley
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Reisetasche. Behutsam umfasste er ihren Ellbogen und trug sie fast über die Straße zu dem wartenden Auto, stets darauf bedacht, dem dichten Verkehr auszuweichen. Er verstaute ihre Tasche und Jacke auf der Rückbank und machte ihr die Beifahrertür auf. Deborah zögerte unmerklich.
    «Würden Sie lieber hinten sitzen, Madam? Ich dachte, vorn hätten Sie es bequemer; die meisten Fahrgäste ziehen das vor.» Zum ersten Mal sah er ihr in die Augen und lächelte. Mit einem leichten Kribbeln stellte Deborah fest, dass er außerordentlich attraktiv war: älter, als sie zunächst gedacht hatte – aber sehr gut aussehend, mit bernsteinfarbenen Augen und der Physis eines jüngeren Mannes.
    «Danke. Ich fahre auch vorn bei Ihnen.»
    Sie glitt in das warme Innere, wo es nach Leder roch, während er sich vergewisserte, dass er ihr Kleid nicht in der Tür einklemmte. Er fädelte sich in den Verkehrsstrom ein und schaltete die Klimaanlage ein. Kurz darauf herrschte eine angenehme Temperatur, und es musste keine abgasverpestete Luft von draußen mehr hereingepumpt werden.
    «Da wir durch ein, zwei fragwürdige Viertel kommen, Mrs. Fearnside – würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich die Türen verriegele?»
    «Nein, überhaupt nicht. Ich mache das immer; man hört so viele schreckliche Geschichten, dass ich mich wirklich nicht mehr sicher fühle, wenn ich allein fahre.»
    Er lächelte ihr beruhigend zu, dann wurden alle vier Türen mit einem satten Klacken verriegelt und der Wagen bahnte sich langsam seinen Weg durch die Fahrzeugschlangen um den Buckingham-Palast herum. Der Chauffeur konzentrierte sich, er wollte einen Unfall vermeiden, der Aufsehen hätte erregen können. Aber ein Teil seiner Aufmerksamkeit galt stets der Frau auf dem Beifahrersitz. Die nächste halbe Stunde war der gefährlichste und schwierigste Teil seines Plans. Wenn sie jetzt in irgendeiner Weise Verdacht schöpfte, blieben ihm kaum Möglichkeiten, ohne Anwendung von Gewalt mit ihr fertig zu werden. Er glaubte nicht, dass sie sich in London sonderlich auskannte, daher nahm er an, dass er noch etwa zehn Minuten hatte, bis anhand der Verkehrsschilder deutlich wurde, dass sie in eine andere Richtung fuhren als die, wo die «Studios» lagen.
    Inzwischen musste er dafür sorgen, dass ihr Vertrauen in ihn wuchs. Seine Intuition verriet ihm, dass ein zurückhaltender Flirt der einfachste Weg wäre, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen.
    «Haben Sie es bequem, Mrs. Fearnside? Ist Ihnen die Temperatur angenehm?» Er warf ihr einen Seitenblick zu, der Gefallen an dem, was er sah, vermitteln sollte, obwohl er in Wahrheit nicht das geringste sexuelle Interesse an ihr hatte. Auf eine rein sachliche Weise war ihm klar, dass man sie als ziemlich attraktiv bezeichnen konnte – ein Faktor, der sich von nun an als Nachteil erweisen würde, da in zunehmendem Maße das Risiko bestand, dass sich potenzielle Zeugen an sie erinnerten.
    Wie auch immer, er hatte gelernt, wenn nötig so auf seine Opfer einzugehen, wie sie es von ihm erwarteten. Sie hatten einmal von einem Verhaltenspsychologen erklärt bekommen, dass eine subtile Wiederholung ihres eigenen Verhaltens durch andere beruhigend auf Menschen wirkte. Offenbar war er darin ein Naturtalent. Er empfand nichts für sie – keine Leidenschaft, kein Mitgefühl –, nur ein kühles Interesse an ihren wahrscheinlichen Reaktionen und eine gewisse Empfänglichkeit für ihre Stimmung. Seine Darbietung war perfekt; sie konnte unmöglich etwas ahnen.
    «Alles bestens, danke.» Deborah meinte, einen Anflug von Interesse in seinem Blick wahrzunehmen. Wie er sie ansah, hatte etwas unterschwellig Raubtierhaftes, etwas leise Gefährliches. Wärme breitete sich in ihrer Magengegend aus. Sie verspürte nicht den Hauch von Angst. «Und nennen Sie mich bitte Deborah.»
    «Einverstanden. Deborah. Das ist ein schöner Name. Meine Schwester hatte mal eine Freundin, die so hieß; ich habe immer heimlich für sie geschwärmt. Wissen Sie, was der Name bedeutet?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Er stammt aus der Bibel. Es ist aber auch das hebräische Wort für Biene – was zweierlei Bedeutung haben kann: Fleiß oder Süße. Mit diesem Wissen wollte ich die Deborah von damals beeindrucken, aber genützt hat es mir nicht viel!» Er lachte, das anheimelnde, entspannte Lachen eines Mannes, der einen Witz auf seine Kosten vertragen kann. «Wie auch immer, ich finde, der Name passt zu Ihnen.»
    Wieder schenkte er ihr einen solchen Blick. Zu ihrem
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