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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut
Autoren: Angelika Schroeder
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Mann darüber gesprochen, warum er das getan hat? Ich würde es gern verstehen.«
    „Verstehen? Glauben Sie wirklich, dass ein gesunder Mensch so etwas verstehen kann?«
    „Nicht wirklich, nicht mit dem Gefühl, aber vielleicht vom Verstand her. Was ist es, das so einer empfindet? Eine Art Orgasmus? Ein Kick wie bei nächtlichen Autorennen auf dem Hellweg? Ist es wie bei einem Süchtigen, der seine tägliche Ration braucht, um funktionieren zu können? Was steckt dahinter?«
    Frau Soltau hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Er sagte, er hätte Britta auf diese Weise seine Liebe zeigen wollen, er hätte nichts getan, was sie nicht auch gewollt hätte. Und das ist das Perverse. Er zeigt seiner Tochter seine Liebe, indem er sie für ihr ganzes weiteres Leben verletzt. Sie wird nie ein normales Liebesleben führen, die Erinnerungen können verdrängt aber nicht gelöscht werden. Sie wird unter der sogenannten Liebe ihres Vaters leiden solange sie lebt. Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Und ich hab mich scheiden lassen, weil er zuwenig Zeit für uns hatte. Können Sie sich das vorstellen? Ich habe mit ihm gestritten, weil ich ihn öfter sehen wollte, weil ich mir wünschte, dass er häufiger mit seiner Tochter zusammen kam. Was für ein Idiot war ich doch! Ich habe nichts gemerkt, nichts geahnt.«
    „Machen Sie sich keine Vorwürfe, Sie haben reagiert, als Sie es wussten. Das ist mehr als viele andere Mütter tun. Sie helfen Britta, schicken sie zur Therapie. Weiß die Psychologin, wer ihr Vater ist?«
    „Nein, ich habe nichts gesagt. Sie wissen, welchen Ruf der hatte. Ich wollte es nicht auf einen Kampf ankommen lassen. Da hätte nur Britta drunter gelitten. Die Sitzungen werden auf Video aufgenommen. So kann sie, wenn sie achtzehn ist, selbst entscheiden, ob sie ihren Vater anzeigen will. Doch das ist ja nun hinfällig. So ist es besser. Wer weiß, was der noch angestellt hätte. Wenn die Hemmschwelle erst einmal gefallen ist ... Und er hatte jeden Tag Kinder in seiner Praxis.«
    Wieder schwieg sie. Ein Brummer auf der Suche nach Licht und Wärme durchbrach die Stille.
    „Was werden Sie tun?«, fragte die Soltau.
    „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Die Polizei hat keine anderen Verdächtigen. Sobald es Frau Michalsen besser geht, wird Anklage erhoben.«
    „Es ist Ihre Entscheidung. Ich werde nichts sagen.«
    Helga starrte mit blinden Augen zum Fenster hinaus. Was würde geschehen, falls auch sie schwieg?
    „Sprechen Sie mal mit ihrem Anwalt, falls sie schon einen hat.«
    „Ja, die Idee ist gut«, sagte Helga und wusste genau, dass es nicht stimmte. Wenn der Anwalt Andreas Motiv kannte, würde der sie dann so verteidigen, als wäre sie unschuldig? Sie hatte Ali von Andreas Unschuld überzeugt, also sollte es ihr beim Anwalt auch gelingen. Aber konnte Helga es zulassen, dass eventuell andere in Verdacht gerieten? Dass die Hellwitz und die Better unschuldig waren, wusste niemand besser als sie. Und Sauermann? Im Licht der neuen Erkenntnis, erschien er ihr längst nicht mehr so verdächtig. Blieb Andrea. Würde sie mit der Gewissenslast leben können? Das war wohl die wichtigste Frage überhaupt. Derzeit sah es nicht so aus. Sie lag apathisch in ihrem Bett und sagte wenig. Aber bisher hatten sich auch nur ein Polizist und ihre fanatischen Eltern als Gesprächspartner angeboten. Vielleicht würde sich etwas ändern, wenn Andrea wusste, dass sie nicht allein war. Dass andere ihr Motiv kannten und die Tat billigten. Zumindest Frau Soltau billigte sie. Und Helga konnte Andrea verstehen. Reichte das aus, sie aus ihrem Schweigen herauszureißen?
     

43
    „Sonne Scheiße! Nu kuck dir den Wisch an.« Karl Pawletzki saß mit seiner Freundin Johanna am Frühstückstisch. Nachdem Pia-Maria in die Schule gegangen war, hatte Johanna noch einmal das Bett aufgesucht und sich an Kalle gekuschelt, der dies als Zeichen nahm, seiner Freundin seine Männlichkeit zu beweisen. Schwitzend und keuchend rauchten sie die Zigarette danach. Es dauerte lange, bis sie das Bett verließen. Kalle ging ins Bad, Johanna in die Küche. Während sie den Kaffee einschenkte, holte Kalle die Post aus dem Kasten. Ein Brief vom Schulamt. „Nu kuck dir das bloß an, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Is doch alles Blödsinn, wat die hier schreiben, angeblich haben die Lehrer alles Nötige getan. Wer’s glaubt, nä, ich nich. Da muss doch wat passiern. Da kann doch nich so’n Bengel unsere Pia-Maria anfassen, und
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