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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park
Autoren: Julia Quinn
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Stadt zu hören, doch nachts wurde es in diesem Viertel fast immer vollkommen ruhig. Eigentlich erstaunlich, wie er die Stille tatsächlich genießen konnte. Dem Wind zu lauschen und vielleicht dem einen oder anderen Vogel, ohne dabei mit einem Ohr auf Schritte zu horchen oder einen Gewehrschuss. Oder Schlimmeres.
    Man hätte meinen sollen, dass er in einer derartig glücklichen Stille schlafen würde wie ein Baby.
    Er gähnte noch einmal. Vielleicht würde er ein wenig lesen. Er hatte sich diesen Nachmittag ein paar Bücher aus Harrys Sammlung geschnappt. Die Auswahl war nicht besonders groß gewesen. Harry las gern Französisch und Russisch, und auch wenn Sebastian beide Sprachen ebenfalls beherrschte (ihre gemeinsame Großmutter mütterlicherseits hatte darauf bestanden), fiel es ihm nicht so leicht wie Harry.
    Etwas in einer anderen Sprache als Englisch zu lesen war anstrengend, und Sebastian wollte sich einfach nur unterhalten lassen.
    War das denn zu viel verlangt von einem Buch?
    Wenn er ein Buch schreiben würde, gäbe es darin viel Aufregung. Es würde ein paar Tote geben, aber nicht allzu viele. Und natürlich würde nie eine der Hauptfiguren sterben. Das wäre zu deprimierend. Eine Liebesgeschichte sollte es auch geben. Und Gefahr. Gefahr war gut.
    Vielleicht auch ein wenig Exotik, aber nicht zu viel. Sebastian hatte das Gefühl, dass die meisten Autoren nicht sorgfältig genug recherchierten. Kürzlich hatte er einen Roman gelesen, der in einem arabischen Harem gespielt hatte. Und so interessant Sebastian die Vorstellung von einem Harem auch fand ...
    Sehr interessant sogar!
    ... konnte er sich nicht vorstellen, dass der Autor auch nur irgendeine Einzelheit korrekt geschildert hatte. Sebastian hatte wirklich viel für Abenteuer übrig, aber selbst für ihn war es nicht recht glaubwürdig, dass der couragierten englischen Heldin die Flucht gelang, indem sie eine Schlange aus dem Fenster hängte und sich daran abseilte.
    Und dann hatte der Autor noch nicht einmal verraten, um welche Schlange es sich dabei gehandelt hatte. Wirklich, er könnte das besser. Wenn er einen Roman schriebe, würde er in England spielen. Schlangen gäbe es keine. Und der Held wäre bestimmt nicht irgendein schäbiger kleiner Dandy, der sich nur um den Schnitt seiner Westen sorgte. Wenn er ein Buch schriebe, wäre der Held verdammt heldenhaft.
    Aber er hätte eine geheimnisvolle Vergangenheit. Damit die Sache interessant blieb.
    Eine Heldin würde er auch brauchen. Er mochte Frauen. Er konnte auch über eine schreiben. Wie würde sie heißen? Er würde einen schlichten Namen wählen. Vielleicht Johanna.
    Nein, das klang zu kriegerisch. Mary? Anne?
    Ja, Anne. Anne gefiel ihm. Das klang so hübsch klar. Aber niemand würde Anne zu ihr sagen. Wenn er einen Roman schriebe, wäre seine Heldin wurzellos, ohne Familie. Niemand würde sie mit Vornamen ansprechen. Er brauchte einen guten Nachnamen. Etwas, was leicht auszusprechen war. Etwas Angenehmes.
    Sainsbury.
    Er hielt inne, probierte den Namen im Geiste aus. Sainsbury. Aus irgendeinem Grund erinnert ihn das an Käse. Das war gut. Er mochte Käse. Anne Sainsbury. Ein guter Name. Anne Sainsbury. Miss Sainsbury. Miss Sainsbury und ... Und was?
    Was war mit dem Helden? Sollte er einen Beruf haben? Mit dem Adel kannte Sebastian sich weiß Gott gut genug aus, um das getreue Porträt eines faulen Lords zu zeichnen.
    Aber erfand das langweilig. Wenn er einen Roman schriebe, hätte er eine umwerfend gute Geschichte.
    Er könnte aus seinem Helden einen Soldaten machen. Damit kannte er sich schließlich aus. Vielleicht ein Major? Miss Sainsbury und der mysteriöse Major?
    Lieber Himmel, bloß das nicht. Viel zu viel Alliteration.
    Selbst er fand das ein wenig affektiert.
    Ein General? Nein, Generäle hatten zu viel zu tun. Und außerdem gab es davon nicht besonders viele. Wenn er derart auserlesene Figuren wählte, könnte er gleich noch ein, zwei Herzöge mit ins Spiel bringen.
    Wie wäre es mit einem Oberst? Der wäre von hohem Rang, also würde er über Autorität und Macht verfügen. Er konnte einer guten Familie entstammen, Geld haben, aber nicht zu viel. Ein jüngerer Sohn. Jüngere Söhne mussten ihren eigenen Weg gehen.
    Miss Sainsbury und der mysteriöse Oberst. Ja, wenn er einen Roman schriebe, wäre das der Titel, den er wählen würde.
    Aber er würde ja keinen Roman schreiben. Er gähnte.
    Wann sollte er die Zeit dafür finden? Er blickte zu seinem kleinen Schreibtisch, auf
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