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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen
Autoren: Jules Verne
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Anweisung in Händen, und es war bei den Gebrüdern Baring nur ein Schriftzug nöthig, um die zwanzigtausend Pfund auf ihr Conto überzutragen.
    Herr Fogg brauchte also nicht auszugehen, und er ging auch nicht aus. Er blieb auf seinem Zimmer und ordnete seine Angelegenheiten. Passepartout nur ging unaufhörlich die Treppen des Hauses auf und ab. Es gab für den armen Jungen weder Zeit noch Stunde mehr. Er horchte an der Thüre seines Herrn, und dachte dabei nicht im Mindesten unrecht zu thun; er sah durch das Schlüsselloch, und meinte ein Recht dazu zu haben: er fürchtete jeden Augenblick eine Katastrophe. Manchmal dachte er an Fix, aber seine Gedanken hatten schon umgeschlagen; er grollte dem Polizei-Agenten nicht [238] mehr. Fix hatte sich, wie Jedermann, in Hinsicht Phileas Fogg's geirrt, und indem er ihm nachschlich, ihn verhaftete, that er nur seine Schuldigkeit, während er ... Dieser Gedanke drückte ihn zu Boden, und er hielt sich für den allerelendesten Menschen.
    Wenn sich endlich Passepartout in seinem Alleinsein zu unglücklich fühlte, klopfte er an Mrs. Aouda's Thüre, trat in ihr Zimmer, setzte sich, ohne ein Wort zu sagen, in eine Ecke und sah die junge Frau an, die stets gedankenvoll war.
    Gegen halb acht Uhr Abends ließ Herr Fogg bei Mrs. Aouda anfragen, ob sie ihn empfangen könne, und nach einer kleinen Weile befand er sich mit derselben allein in ihrem Gemach.
    Phileas Fogg nahm einen Stuhl und setzte sich neben dem Kamin der Mrs. Aouda gegenüber. Seine Gesichtszüge zeigten gar keine Gemüthsbewegung. Fogg war bei seiner Rückkehr gerade wie bei seiner Abfahrt, ebenso ruhig, ebenso rührungslos.
    Fünf Minuten sprach er kein Wort. Nachher blickte er Mrs. Aouda in's Angesicht und sprach:
    »Madame, werden Sie mir verzeihen, daß ich Sie nach England mitgenommen habe?
    – Ich, Herr Fogg! ... erwiderte Mrs. Aouda, ihr Herzklopfen unterdrückend.
    – Haben Sie die Güte, mich ausreden zu lassen, fuhr Herr Fogg fort. Als ich den Gedanken hatte, Sie von dem Lande, das für Sie so gefahrvoll war, weit wegzuführen, war ich reich, und ich konnte darauf rechnen, einen Theil meines Vermögens zu Ihrer Verfügung zu stellen. Sie hätten hier ein glückliches und freies Leben führen können. Jetzt bin ich ruinirt.
    – Ich weiß es, Herr Fogg, erwiderte die junge Frau, und ich frage Sie meinerseits: Werden Sie mir verzeihen, daß ich Sie begleitet, und, wer weiß, vielleicht durch Verzögerung zu Ihrem Ruin beigetragen habe?
    – Madame, in Indien konnten Sie nicht bleiben, und Ihre Rettung war nur dann gesichert, wenn Sie weit genug entfernt waren, daß jene Fanatiker Sie nicht wieder in ihre Hand bekamen.
    – Also, Herr Fogg, fuhr Mrs. Aouda fort, nicht zufrieden, mich von einem schrecklichen Tode zu retten, hielten Sie sich auch für verpflichtet, meine Lage im Ausland zu sichern?
    [239] – Ja, Madame, erwiderte Fogg, aber die Ereignisse sind gegen mich gewesen. Doch bitte ich mir zu gestatten, daß ich mit dem Wenigen, was mir bleibt, zu Ihren Gunsten verfüge.
    – Aber, Herr Fogg, was soll aus Ihnen werden? fragte Mrs. Aouda.
    – Ich, Madame, erwiderte kaltblütig der Gentleman, bedarf nichts mehr.
    – Aber, mein Herr, wie sehen Sie denn das Ihnen bevorstehende Loos an?
    – So wie es sein muß, erwiderte Herr Fogg.
    – Jedenfalls, erwiderte Mrs. Aouda, dürfte ein Mann wie Sie nicht Mangel leiden. Ihre Freunde ...
    – Ich habe keine Freunde.
    – Ihre Verwandten ...
    – Ich habe keine Verwandten mehr.
    – Dann sind Sie zu beklagen, Herr Fogg, denn Vereinsamung ist ein trauriges Loos. Wie? kein Herz, um Ihren Kummer in dasselbe auszuschütten. Doch sagt man, für zwei Seelen sei selbst das Unglück noch erträglich!
    – Man sagt es, Madame.
    – Herr Fogg, sagte darauf Mrs. Aouda, indem sie aufstand und dem Gentleman ihre Hand reichte, wollen Sie eine Verwandte und Freundin zugleich! Wollen Sie mich zur Frau?«
    Bei diesen Worten stand auch Herr Fogg auf. Seine Augen erglänzten in ungewohntem Widerschein, seine Lippen schienen zu zittern. Er sah Mrs. Aouda in's Angesicht. Die Offenheit, Geradheit, Festigkeit und Sanftmuth dieses schönen Blickes einer edeln Frau, die Alles wagt, um den zu retten, welchem Sie Alles verdankt, machten ihn bestürzt, durchdrangen ihn. Er schloß einen Augenblick die Augen, als wolle er vermeiden, daß dieser Blick tiefer eindringe ... Als er sie wieder öffnete, sprach er einfach:
    »Ich liebe Sie! Ja, wahrhaftig, bei allem Heiligsten, was es giebt auf
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