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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen
Autoren: Jules Verne
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ihm eine stille Wuth gebildet, die furchtbar ist, weil verhalten, und die erst im letzten Moment mit unwiderstehlicher Gewalt losbricht? Man weiß es nicht. Aber Phileas Fogg war da, ruhig wartend ... auf was? Hegte er noch Hoffnung? Glaubte er noch an ein Gelingen, als sich die Kerkerthür vor ihm schloß?
    Wie dem auch sein mag, Herr Fogg hatte sorgfältig seine Uhr auf einen Tisch gelegt, und sah der Bewegung ihrer Zeiger zu. Kein Wort entschlüpfte seinen Lippen, aber sein Blick war ganz besonders starr.
    Jedenfalls war seine Lage fürchterlich. Wer nicht in seinem Gewissen lesen konnte, faßte sie so auf:
    Ist Phileas Fogg ein ehrlicher Mann, so ist er ruinirt.
    [232] Ist er nicht ehrlich, so ist er gefangen.
    Faßte er damals den Gedanken, sich zu retten? Dachte er daran zu suchen, ob ein passender Ausgang vorhanden? Sann er auf Flucht? Man konnte das wohl glauben, denn er untersuchte einmal ringsum sein Zimmer. Aber die Thüre war fest verschlossen und das Fenster mit einem eisernen Gitter verwahrt. Er setzte sich also wieder hin und zog sein Reisebüchlein aus der Tasche. Auf der Zeile, wo die Worte standen:
    Im Namen der Königin verhaftet. (S. 230.)
     
    [233] »21. December, Samstag, Liverpool«
     
    fügte er bei:
     
    »80. Tag, 11 Uhr 40 Vormittags«
     
    und er wartete ab.
    Es schlug Eins auf der Uhr des Zollhauses. Herr Fogg merkte sich, daß seine Uhr um zwei Minuten vor dieser voraus ging. Zwei Uhr! Angenommen, er steige eben in einen Eilzug, so konnte er noch vor acht Uhr [234] fünfundvierzig Minuten Abends in dem Reform-Club zu London erscheinen. Seine Stirn zeigte leichte Falten ...
    Rechnung der Gas-Compagnie. (S. 236.)
     
    Um zwei Uhr dreiunddreißig Minuten hörte man außen ein Geräusch, einen Lärm geöffneter Thüren. Man vernahm die Stimme Passepartout's, die Stimme Fix's.
    Einen Augenblick glänzten Phileas Fogg's Augen.
    Die Thüre öffnete sich, und Mrs. Aouda, Passepartout, Fix stürzten auf ihn zu.
    Fix war außer Athem, seine Haare verwirrt ... er konnte nicht reden!
    »Mein Herr, stammelte er, mein Herr ... Verzeihung ... eine beklagenswerthe Aehnlichkeit ... Dieb verhaftet seit drei Tagen ... Sie ... frei! ...«
    Phileas Fogg war frei! Er ging auf den Detectiv zu, blickte ihm scharf in's Angesicht und machte dann die einzige rasche Bewegung, die er je gemacht und je in seinem Leben machen sollte; er bog beide Arme rückwärts und schlug so genau wie ein Automat mit beiden Fäusten auf den unglückseligen Polizei-Agenten.
    »Wohlgetroffen!« rief Passepartout. »Wahrhaftig, das heißt englische Fäuste gut applicirt.«
    Fix stürzte zu Boden, sprach kein Wort; es war ihm geschehen, was er verdiente. Aber Herr Fogg, Mrs. Aouda und Passepartout eilten aus dem Zollhaus, stürzten in einen Wagen und befanden sich in einigen Minuten auf dem Bahnhof.
    Phileas Fogg fragte, ob ein Eilzug nach London abgehe ...
    Es war zwei Uhr vierzig ... Vor fünfunddreißig Minuten war ein Expreßzug abgefahren.
    Darauf bestellte Phileas Fogg einen Extrazug.
    Es befanden sich einige Locomotiven da, welche für einen Schnellzug geheizt waren; aber aus Rücksicht auf Erfordernisse des Dienstes konnte der Extrazug vor drei Uhr nicht ablaufen.
    Um drei Uhr also fuhr Phileas Fogg, nachdem er dem Maschinisten einige Worte von einer Prämie gesagt, in Begleitung der jungen Frau und seines treuen Dieners nach London ab.
    In fünf und einer halben Stunde mußte der Weg von Liverpool nach London zurückgelegt werden, was sehr leicht, wenn der Weg auf der ganzen [235] Bahn frei ist. Aber es waren doch unvermeidliche Verzögerungen, und als der Gentleman auf dem Bahnhof ankam, schlug es acht Uhr fünfzig Minuten auf allen Uhren Londons.
    Phileas Fogg hatte die Reise um die Erde zu Stande gebracht, kam aber – um
fünf Minuten zu spät
!
    Die Wette war verloren.

Fünfunddreißigstes Capitel.
Passepartout läßt sich einen Auftrag nicht zweimal sagen.
    Am folgenden Tag würden die Bewohner der Saville-Row sehr erstaunt gewesen sein, hätte man ihnen gesagt, Herr Fogg sei wieder heimgekehrt. Thüren und Fenster waren sämmtlich geschlossen; außen war nicht das Geringste verändert.
    In der That war Phileas Fogg vom Bahnhof weg, nachdem er Passepartout beauftragt hatte, einige Lebensmittel zu kaufen, in sein Haus zurückgekehrt.
    Dieser Gentleman nahm den Schlag, welcher ihn traf, mit gewohntem Gleichmuth auf. Ruinirt! und durch Schuld des unglückseligen Polizei-Agenten! Mit sicherem Schritt hatte er die ganze
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