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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen
Autoren: Jules Verne
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Reise gemacht, tausend Hindernisse beseitigt, tausend Gefahren getrotzt, hatte noch Zeit gefunden, unterwegs Wohlthaten zu üben – und nun mußte er im Hafen noch scheitern durch eine brutale That, welche er nicht voraussehen konnte, und gegen welche er entwaffnet war! Schreckliches Loos! Von der ansehnlichen Summe, welche er bei der Abreise mitgenommen hatte, war ihm nur ein unbedeutender Rest geblieben. Sein Vermögen bestand nur noch aus den zwanzigtausend Pfund, welche bei den Gebrüdern Baring deponirt waren, und diese schuldete er seinen Collegen vom Reform-Club. Nach den ungeheuern Ausgaben, welche er gemacht, hätte ihn diese Wette, wenn er sie gewonnen, allerdings nicht reicher gemacht, und vermuthlich hatte er auch dabei nicht nach Bereicherung getrachtet, [236] aber der Verlust dieser Wette ruinirte ihn gänzlich. Uebrigens hatte der Gentleman seinen Entschluß gefaßt; er wußte, was ihm zu thun übrig blieb.
    Ein Zimmer im Hause der Saville-Row war für Mrs. Aouda vorbehalten. Die junge Frau war in Verzweiflung: sie hatte aus einigen Aeußerungen des Herrn Fogg abgenommen, daß er etwas Unheilvolles im Sinne hatte.
    Es ist bekannt, zu welchen beklagenswerthen äußersten Schritten mitunter die Engländer, welche an einer fixen Idee leiden, fortgerissen werden. Daher überwachte auch Passepartout seinen Herrn, ohne daß man's merkte.
    Aber vor allen Dingen war der brave Bursche in sein Zimmer gegangen und hatte die Gasflamme gelöscht, welche seit achtzig Tagen brannte. Es fand sich im Briefkasten eine Rechnung der Gasgesellschaft, und er mußte diesen Kosten, welche er verschuldete, Einhalt thun.
    Die Nacht verfloß, Herr Fogg war zu Bette gegangen, aber schlief er auch? Mrs. Aouda konnte nicht einen Augenblick Ruhe finden. Passepartout wachte wie ein treuer Hund an der Thüre seines Herrn.
    Am folgenden Morgen ließ ihn Herr Fogg kommen, und empfahl ihm in sehr knappen Worten, ein Frühstück für Mrs. Aouda zu bereiten; er werde sich mit einer Tasse Thee und einem Stück Braten begnügen. Mrs. Aouda möge ihn für seine Theilnahme am Frühstück und Diner entschuldigen, denn er sei vollauf mit Ordnung seiner Angelegenheiten beschäftigt. Er werde nicht hinunter kommen; nur am Abend werde er sich die Erlaubniß ausbitten, Mrs. Aouda einige Augenblicke zu sprechen.
    Passepartout hatte sich diesem Tagesprogramm nur zu fügen. Er sah seinen Herrn an, der fortwährend keine Gemüthsbewegung erkennen ließ, und konnte sich nicht entschließen, sein Zimmer zu verlassen. Es schwoll ihm sein Herz, sein Gewissen war von Vorwürfen gepeinigt, denn mehr wie je maß er sich die Schuld des unverbesserlichen Unheils zu. Ja! hätte er Herrn Fogg gewarnt, hätte ihm des Agenten Fix Pläne enthüllt, so hätte derselbe sicherlich nicht den letzteren mit sich herumgeschleppt, um dann ...
    Passepartout konnte sich nicht mehr zurückhalten.
    »Mein Herr! Herr Fogg! rief er, fluchen Sie mir. Ich bin schuld, daß ...
    [237] – Ich klage Niemand an, erwiderte Phileas Fogg im ruhigsten Ton. Gehen Sie.«
    Passepartout verließ das Zimmer und suchte die junge Frau auf, theilte ihr die Absicht seines Herrn mit.
    »Madame, fügte er bei, ich vermag nichts durch mich selber, nichts! Ich habe auf den Geist meines Herrn gar keinen Einfluß. Sie vielleicht ...
    – Was sollte ich für Einfluß üben, erwiderte Mrs. Aouda, Herr Fogg gestattet gar keinen! Hat er jemals begriffen, daß meine Dankbarkeit gegen ihn grenzenlos ist? Hat er jemals in meinem Herzen gelesen? ... Mein Freund, Sie dürfen ihn nicht einen Augenblick verlassen. Sie sagten, er habe die Absicht zu erkennen gegeben, mich diesen Abend zu sprechen?
    – Ja, Madame. Es handelt sich ohne Zweifel darum, Ihre Lage in England zu sichern.
    – Warten wir«, erwiderte die junge Frau, die ganz nachdenklich wurde.
    Also war während dieses Sonntags das Haus der Saville-Row wie unbewohnt und zum erstenmal, seit Phileas Fogg dasselbe bewohnte, ging er nicht in seinen Club, als es auf der Thurmuhr des Parlaments halb Zwölf schlug.
    Und weshalb hätte der Gentleman in den Reform-Club gehen sollen? Seine Collegen erwarteten ihn da nicht mehr. Weil Abends zuvor, an dem verhängnißvollen Samstag, 21. December, Phileas Fogg nicht um acht Uhr fünfundvierzig im Salon des Reform-Clubs erschienen war, hatte er seine Wette verloren. Es war nicht einmal nöthig, daß er zu seinem Bankier ging, um die zwanzigtausend Pfund zu holen. Seine Gegner hatten eine von ihm unterzeichnete
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