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Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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erleuchtete offizielle Residenz.
    Was Gilrae über Kleider gesagt hatte, ließ sich ebensogut auf soziale Funktionen anwenden, dachte Gildoran, während sie in der mit Marmor verkleideten Eingangshalle standen und warteten, bis Servos mit lautlosen Bewegungen ihnen allen aus ihren Reiseumhängen geholfen hatten. Was an einer Stelle als formal galt, war anderswo lockere Informalität. Es war möglich, daß man bei einem Empfang auf einem Planeten still in einer Reihe stand und sich Reden von Würdenträgern anhörte, während man auf einem anderen auf Kissen herumlag und Trinklieder sang. Es war Jahre her, daß Gildoran an einer formalen Einladung beteiligt gewesen war – oder sich auch nur unter größere Gruppen außer denen seine Schiffskameraden gemischt hatte.

    Die förmlichsten Angelegenheiten, an denen ich in den letzten dreizehn Jahren teilgenommen habe, waren die jährlichen Kapitänswahlen.

    Er murmelte Rae diese Gedanken zu, während sie unter einer Reihe von Kristalleuchtern dahingingen, die an der Decke hingen. Sie nickte. „Eines Tages“, sagte sie, „das kann jetzt praktisch jedes Jahrtausend kommen, wird die eine oder andere Gruppe versuchen, Leitfäden für interstellare Etikette herauszugeben. Ich glaube, so etwas gibt es sogar schon, allerdings nur für hohe interstellare Diplomatie und Politik.
    Wenn sich die Sitten und Gebräuche auch in den niedrigeren sozialen Kreisen einander angleichen, setzt die Dekadenz ein.“ Sie lachte leise. „Solange die Späher aber immer weiter neue Welten eröffnen, läßt sich die Dekadenz unendlich lange hinausschieben. Vielleicht sind wir das Bröckchen Hefe, das die gesamte Galaxis in Gärung hält.“
    „Bürger von Laszlo, hochverehrte Gäste“, verkündete die unnormal süße Stimme eines Servos, „die Schiffsoffiziere des Späherschiffs
    Samtfalter.
    Gildoran. Gilrae. Gilmarina.
    Gilmerrit.“
    In ihrer Nähe stand eine fette kleine Frau, die hörbar flüsterte:
    „Oh, das sind die Späher! Ratsvorsitzender Marik ist auf diesen ganzen Bereich einfach versessen, wissen Sie!“ Sie lächelte süß zu Gildoran hoch und fragte: „Können Sie mir sagen, warum Ihre Namen einander so ähnlich sind?“ Gildoran fand keineswegs, daß sich ihre Namen ähnelten, aber er antwortete ihr höflich und erklärte ihr, daß jedes Späherschiff einen spezifischen Identifikationskode hatte, der aus einer Silbe bestand – und Gil war der Kode für die Samtfalter. Diese Silbe bildete die erste Silbe des Namens jeder Person auf dem Schiff, so daß jeder Späher – denn natürlich war allen der Kode vertraut - immer sofort wußte, von welchem Schiff der Flotte der Träger dieses Namens kam.
    „Und wie viele Schiffe gibt es in der Späherflotte?“ fragte die Frau.
    „Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen. Vielleicht weiß es Gilrae“, sagte Gildoran und gab sich Mühe, die andere Frau nicht anzusehen.

    Ein anderer Mann aus der sie umgebenden Menge sagte: „Die Schiffe haben alle so fremde und romantische Namen. Woher kommen Sie?“
    „Die Schiffe? Die werden zum größten Teil auf Basis gebaut“, gab Gildoran zurück.
    „Nein, die Namen! Woher kommen die Namen?“
    „Das sind die Namen, die die Schiffe der Erforscher des Heimatplaneten der Menschheit getragen haben“, erklärte Gildoran. „So heißt es zumindest in der Legende. Ich glaube, früher waren Schiffe eine Art Verkehrsmittel auf Planeten.
    Damit haben sich die damaligen Späher, wenn ich sie so nennen darf, aufgemacht, um ihre eigene Welt zu erkunden, bevor der Weltraum erobert wurde. Der Name dieser Schiffe hat sich in Legenden erhalten, soweit wir das wissen. Genau kann das natürlich nach so langer Zeit niemand mehr wissen.“ Ein Servo erschien an seiner Seite und zupfte ihn diskret am Ärmel, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    „Gildoran von der Samtfalter? Ratsvorsitzender Marik möchte persönlich mit Ihnen sprechen, wenn sie so freundlich wären“, murmelte er.
    Eine belanglose Unterhaltung mit einem einflußreichen Politiker mit romantischen Vorstellungen von den Spähern war so ziemlich das letzte, was Gildoran sich wünschte, aber ihm fiel keine einzige höfliche Entschuldigung ein. Er ging hinter dem Servo her zu dem erhöhten, thronähnlichen Stuhl des Ratsvorsitzenden.
    Ratsvorsitzender Marik war eine zusammengeschrumpfte, kleine Gestalt mit dunkler Haut. Sein Haar aber war so weiß wie das von Gildoran. Als Gildoran näher kam, sah er auf und sagte:
    „Du erinnerst dich wohl
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