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Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Titel: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
Autoren: Jules Verne
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von der Dunkelheit des Himmels abhob, feurige Rauchsäulen, die aus hohen Fabrikschloten züngelten, und eine von den bituminösen Gasen der Steinkohle geschwängerte Luft verkündeten ihnen, daß sie sich Indret und der Basse-Indre näherten.
    Indret, eine ehemalige Kanonengießerei, war in eine weitläufige Betriebsanlage zur Herstellung von Dampfmaschinen umgewandelt worden, die unter Verantwortung der Regierung stand; der Hügel, der sie am linken Flußufer überragt, ist recht hoch und erlaubt dem Blick, weit hinaus über die umliegenden Landstriche zu schweifen. Doch Jacques schenkte den Dingen der Erde nur eine zerstreute Aufmerksamkeit. Sie hatten in der Tat die verhängnisvolle Passage erreicht; der Kapitän war auf den Steg zwischen den beiden Schaufelradtrommeln gestiegen und überwachte die Fahrt des Schiffes; der Lauf der Maschine verlangsamte sich, und der Dampf zischte aus den halb geöffneten Ventilen. Jacques fühlte sich so aufgeregt, als stünde er über den Riffen von Vanikoro. Plötzlich war ein ziemlich starkes Scheuern zu spüren. Der Kiel des
Comte
scharrte über den Sand, die Räder verdoppelten ihre Anstrengung und schleppten ihn über die Untiefe hinaus.
    »Gerettet«, rief Jacques.
    »So ist es«, antwortete ihm der Kapitän; »eine halbe Stunde später, und wir wären steckengeblieben! Jetzt sind wir gegen alles gefeit!«
    »Hörst du, Jonathan, wir sind gegen alles gefeit!«
    »Dann können wir also in unsere Betten kriechen«, erwiderte Jonathan; »und beachte, daß kriechen wörtlich zu verstehen ist, denn es handelt sich darum, in die Schublade einer Kommode zu schlüpfen.«
    »Das macht ja gerade den Reiz der Sache aus, Jonathan!«
    Daraufhin stiegen sie in den Salon hinab, wo einige Reisende bereits ihre Plätze eingenommen hatten; rings an den Wänden dieses Salons standen rote Sitzbänke: Früher einmal taten sich breite Nischen auf, in die man sich bloß waagerecht hineinzuzwängen braucht, um dann inmitten der ächzenden Holzverkleidungen und stöhnenden Planken einzuschlafen.
    Eine Stunde später schleuderte ein heftiger Ruck alle beide aus ihrem Verschlag, und Jonathan saß unvermittelt auf dem Gesicht eines alten Seemanns, der sich auf der Bank unter ihm ausgestreckt hatte. Dieser würdige Sohn der Amphitrite wachte übrigens weder auf, noch rührte er sich.
    »Was ist geschehen?« rief Jonathan und rutschte von seinem neuen, ein wenig rauhen Sitzplatz.
    »Wir sind auf Grund gelaufen«, meinte Jacques.
    »Jetzt sind wir festgefahren« schrie draußen jemand.
    »Verdammt!« sagte der Kapitän und verließ überstürzt seine Kabine. »Nun verbringen wir die ganze Nacht hier! Wir kommen erst bei der nächsten Flut wieder los!«
    »Na schön!« erklärte Jonathan; »zwölf Stunden Verspätung!«
    Jacques stürzte an Deck; der
Comte
steckte tatsächlich im Sand fest und neigte sich auf seine linke Seite, nach Backbord. Das waren technische Ausdrücke, die Jacques mitten ins Herz gingen. Im Grunde genommen verdroß es ihn keineswegs, daß sie festgefahren waren!
    Der Kapitän hatte seine Rechnung ohne die Pellerin-Passage gemacht, nachdem er die Indret-Passage so geschickt überwunden hatte. Aber das Wasser stand dermaßen niedrig, daß er jede Hoffnung aufgeben mußte, sein Schiff vor der morgendlichen Flut freizubekommen. Also gab er Befehl, die Feuer teilweise zu löschen, und wahre Sturzbäche von Dampf wurden freigesetzt. Die besonders finstere Nacht machte es kaum möglich, die nahen Ufer zu erblicken. Jacques blieb eine Weile an Deck und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen. Doch bald schon gesellte er sich wieder zu seinem Reisegefährten, der über den immer noch schlafenden alten Seemann geklettert und in seine Nische zurückgeschlüpft war.
Fünftes Kapitel
Jonathan wird seekrank
    Im Monat August geht die Sonne sehr früh auf, doch Jacques war noch zeitiger unterwegs als sie. Um vier Uhr kletterte er an Deck und schleppte den armen Musiker hinter sich her, der noch ganz verschwollene Augen hatte und nicht begriff, warum er unbedingt auf den Beinen sein mußte. Jacques bestellte zwei Tassen eines dubiosen Kaffees.
    »Ausgezeichnet«, meinte er, während sein Begleiter jeden Schluck zwischen zwei Grimassen hinunterwürgte. »Der beste Kaffee ist unbestritten eine intelligente Verbindung aus Bourbon, Mokka und Rio Nunez, doch ich will diesem hier nichts Übles nachsagen, der natürlich aus einer langlebigen Pflanze gewonnen wird, deren spindelförmige Pfahlwurzel zum
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