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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod
Autoren: Kjell Ola Dahl
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mal viel dümmer, als ich dachte«, rief er. »Glaubst du das? Dass ich diesen ekelhaften Wurm umgebracht habe? Du bist ja bescheuerter, als die Polizei erlaubt. Klar, ich hätte schon Lust dazu gehabt, aber ich wäre nie in der Lage gewesen, das zu tun! Und das weißt sogar du, wenn du aufwachst und nachdenkst.«
    Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Frølich konnte die Gestalt erahnen, die fünf bis sechs Meter entfernt vor ihm stand. Er sagte: »Ich sehe dich.«
    Sofort wurde er von einem scharfen Lichtstrahl geblendet. Er schloss die Augen. Das Licht erlosch. Er hörte die Schritte. Musste wieder den Lichtreflex wegblinzeln. Jetzt sah er nichts mehr.
    »Warum hast du es getan?«
    »Weil ich Lust dazu hatte.«
    Frølich hatte keine Ahnung, woher die Stimme kam. »Du darfst nicht vergessen, dass ich weiß, wozu du in der Lage bist, Karl Anders. Jedes Mal, wenn ich deinen Namen gehört habe oder alte Klassenfotos angesehen habe, habe ich mich an die letzte Nacht auf Korsika erinnert. Jahrelang habe ich mir selbst deshalb Vorwürfe gemacht. Weil ich mich feige zurückgezogen habe. Aber jetzt denke ich anders. Ich habe gelernt, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann. Es ist nicht möglich, Dinge für andere zu tun. Du warst es, der in dieser Nacht die Idee hatte, abzuhauen. Mein Fehler war, dass ich mitgekommen bin. Meine Entscheidung. Das war das Dümmste, was ich jemals getan habe, denn ich hatte das Mädchen nicht angerührt. Ich habe verdammt noch mal zwanzig Jahre gebraucht, um einzusehen, dass es nicht meine Schuld war, was du ihr angetan hast. Deshalb überlasse ich es jetzt dir zu entscheiden, was mit der Bierdose passieren soll. Wenn du mit solchen Dingen leben kannst, dann bitte.«
    »Wovon redest du eigentlich?«
    »Du weißt genau, wovon ich rede!«
    Frølichs Augen hatten sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt.
    Die Gestalt, die er erkannte, entfernte sich. Er ging ihr nach.
    Karl Anders blieb stehen.
    Frølich blieb ebenfalls stehen. Der Lichtstrahl blendete ihn wieder. Er schloss die Augen, versuchte, sie mit den Händen abzuschirmen, konnte aber nur Reflexe erkennen.
    »Du redest, als wüsstest du, was zwischen mir und ihr passiert ist«, lachte Karl Anders. »Was weißt du schon? Es hat ihr gefallen, Frank, sie hat jede Sekunde genossen. Ich bin letztes Jahr dorthin zurückgefahren. Wollte wissen, ob sie mich wiedererkennen würde. Ich habe sie getroffen. Sie arbeitet noch immer im selben Café. Immer noch so schön wie damals. Sie hat einen Mann und drei Kinder. Und serviert das gleiche Essen und den gleichen Kaffee wie vor zwanzig Jahren. Ihr Macker sitzt mit dickem Bauch an einem Tisch und füllt Lotto-Scheine aus. Sie lebt ein langweiliges Leben an einem langweiligen Ort. Und weißt du was? Sie redet über diese Nacht, als wäre sie der Heilige Abend in ihrem dreckslangweiligen Leben gewesen. Ich war der große Blonde, von dem sie jahrelang geträumt hatte und der nach vielen Jahren zu ihr zurückgekehrt war. Das Einzige, was letzten Sommer auf ihrer Stirn geschrieben stand, war der Wunsch, mich flachzulegen. Und jetzt stehst du hier und heulst rum und behauptest, ich hätte ihr was angetan! Du hast keine Ahnung, wovon du redest! Du bist ein verdammter Verlierer. Du warst schon immer eine Null, vom ersten Tag an, als ich dich gesehen habe!«
    »Du hast mich unterbrochen«, sagte Frølich steif. Er sah, wie der andere sich bewegte und dann innehielt. »Ich bin fertig mit Korsika. Ich bin hergekommen, um über Sivert Almeli zu sprechen. Also, was willst du?«
    Ein Lichtstrahl blendete ihn wieder.
    »Ich will, dass du verschwindest, Frank!«
    Frølich hörte das Geräusch von Schritten, blieb aber stehen, bis seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
    Karl Anders war nicht mehr da.
    Er tastete sich im Stockdunkeln vorwärts, ohne zu wissen, wo er war.
    Da spürte er plötzlich, wie kühl es im Inneren des Berges war. Es war eiskalt. Seine Zähne klapperten.
    In dem Moment bekam er einen Stoß in den Rücken und fiel. Er versuchte sich mit den Händen abzustützen, aber es half nichts. Die Hände trafen zuerst auf das Metall. Konnten den Kopf nicht schützen. Seine Stirn prallte auf, und er war für ein paar Sekunden weg. Als er wieder zu sich kam, lag er in der stinkenden Brühe. Er wollte aufstehen, aber der Untergrund gab nach. Er sank. Das Einzige, was er denken konnte, war, dass er Scheiße an den Händen hatte, Scheiße in den Haaren. Er kotzte. Spuckte seinen
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