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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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angucken«, sage ich in die Sprechanlage am Haupteingang an der Mauer mit dem Bayerischem Löwen, die die Festung umrandet.
    »Jetzt stellen Sie sich erst mal vor und sagen, warum Sie das wollen«, schnarrt von drinnen eine Stimme.
    »Wir kommen wieder«, sagen wir, aber erst als die Anlage wieder ruhig ist.
    Vor dem Aldi Süd stehen zwei Porsche. Auf meinem Telefon entdecke ich einen Anruf mit verdeckter Nummer. »Der Austin-Millionär«, rufe ich, »er will uns seinen Wagen zeigen, er hat sich wirklich gemeldet.«
    »Ach, Jan«, sagt Anne.
    ***
    Reiche sind anders, aber keine Besonderheiten, das weiß ich jetzt. Sie gehen im Golfclub aufs Klo, gucken, ob auch ja keiner guckt, und klauen Handtücher.
    Sie sind Menschen wie du und ich. Sie sind wie Guttenberg, Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester, der guckt, ob auch ja keiner guckt, und Wissen klaut.
    »Sicherlich, ich habe da das eine oder andere Blöde gemacht, aber ich stehe zu meinen Fehlern.« Ich habe Anne erwischt, wie sie das vor dem Spiegel geübt hat, da war der Guttenberg-Fall noch gar nicht bekannt.
    Ich stehe auch oft vor dem Spiegel und übe Stil. Einmal, es ist mir ein bisschen peinlich, ist da plötzlich ein Licht, es ist hell, es ist direkt neben meinem Kopf und funkelt.
    »Das bin ich, das bin ich in der anderen Welt«, denke ich kurz. Dann sehe ich, es ist die Klolampe.
    ***
    Man muss das Geld lieben, sonst kommt es nicht. Jeden Tag setzen wir jetzt auf reich, jeden Tag ein bisschen mehr.
    »Noch können wir zurück«, sage ich zu Anne, als wir abends Günther Jauch gucken, zur Vorbereitung auf die Show. Jauch versucht witzig zu sein, singt »Der Kuckuck und der Esel«, eine Kandidatin will ihre Fliesen im Bad anstreichen, wenn sie gewinnt.
    Jauch singt so schief, dass ich am liebsten abschalten würde, aber das muss ich gar nicht, denn plötzlich wird der Bildschirm schwarz, und das Gerät fiepst nur noch.
    »Das gibt es doch gar nicht«, flucht Anne. »Jetzt weiß ich immer noch nicht, wie das mit den Jokern geht.«
    Sie hat die Sendung noch nie gesehen.
    Ich denke darüber nach, alles abzublasen, weil ich Angst habe, dass mir das doch zu viel wird, alles zu geben und ein neuer Mensch zu werden.
    »Wenn du aussteigst, bringe ich dich um«, sagt Anne. Sie lacht, sie meint es ernst. »Ich schlafe neuerdings nicht mehr, ich bin so aufgeregt«, sagt sie. »Ich weiß auch nicht, wohin uns das führt.«
    Ich finde das süß.
    Ich verstehe sie.
    Seit wir in Starnberg waren, kommt mir mein altes Leben zu klein und mein neues zu groß vor. Die Straßen, der Weg durch die Stadt, die Freunde. Wir haben noch nicht mal richtig angefangen, aber die ersten fragen schon, ob wir ihnen Geld leihen. »Ihr habt doch bald so viel!«
    Ich will nicht mehr über Geld reden.
    Ich frage mich, ob es besser ist, über überhaupt nichts zu reden.
    Ich frage mich, warum ich nicht schon eher daran gedacht habe, reich zu werden. Und warum ich die Reichen immer für böse hielt.
    Weil es in Deutschland keiner mehr wird, wie alle sagen, oder nur, weil ich es selber nicht war?
    Wahrscheinlich, weil ich es nicht war.
    Eine Studie des Eliteforschers Michael Hartmann, die belegt, dass ein Aufstieg in Deutschland kaum noch möglich ist, ignoriere ich. Irgendwas wird schon gehen, denke ich.
    »Du kannst spinnen, du kannst unkonventionell denken«, sagt Anne und findet, dass uns das sehr helfen kann auf unserem Weg.
    Wir sollten das vielleicht nicht, aber wir gehen jetzt öfter essen als früher und geben mehr Trinkgeld. Das wird schon, denken wir dann.
    Anne hält sich streng an unsere Big List. Da steht drauf, was wir in Starnberg notiert haben: wie Reiche aussehen.
    Sie hat eine neue Liste mitgebracht, auf der stehen nur Namen: Chanel, Meissen, Porsche, Glashütte, Gucci, Mont Blanc, Bang & Olufsen, Rolex, Cartier, Rolls-Royce, Prada, Hermès.
    Die beliebtesten Marken der Reichen. Da wolle sie sich in Zukunft dann schon das eine oder andere von leisten, sagt sie.
    »Jan, Logos sind peinlich, die darf man nicht sehen«, referiert sie und steht da und blinzelt: »Maßanzüge von Kiton, dem Nobel-Schneider, erkennt man an den leicht nach vorne gewölbten Brusttaschen.«
    Marken zu zeigen sei jetzt doch sehr verpönt.
    Ich lese auch viel, denke über alles nach und suche meinen Platz. Howard Carpendale will abnehmen, in Saint-Tropez soll es eine gute Saison werden, Kobe-Rinder hören den ganzen Tag Mozart. Schön, dass die dafür Zeit haben.
    Status
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