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Rebellische Herzen

Rebellische Herzen

Titel: Rebellische Herzen
Autoren: Christina Dodd
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Fassungslosigkeit losbrach. Hatten die Beduinen ihn zu Boden geworfen und ihm den Ohrring aufgezwungen? Hatten sie ihn gefoltert, ihm Wasser verweigert, ihn hinter einem Kamel hergeschleift? Nur mit extremsten Mitteln konnte man einen Engländer dazu bewegen, einen Ohrring zu tragen.
    Lord Bucknell und Adorna waren schon in der schattigen Eingangshalle verschwunden, als Wynter sich ein zweites Mal vor Charlotte verbeugte. Wieder konnte sie den Ohrring sehen und ihr wurde bewusst, dass Wynter vielleicht gezwungen worden war, ihn zu tragen.
    Aber warum hatte er ihn nun, da er zurück in England war, nicht wieder herausgenommen?
    Als Charlotte die Eingangshalle des Herrenhauses betreten wollte, legte er ihr die Hand auf den Arm und trat an sie heran. Sein Flüstern ließ den Akzent deutlicher hervortreten. »Lady … Miss … Charlotte.«
    Er probierte die Worte durch, als sei er verwirrt und lächelte dann erfreut; ein Fremder von verstörender Anziehungskraft. »Lady Miss Charlotte, ich muss Sie aus Gründen der Fairness darauf hinweisen, dass ich mir Lady Howards Hand nicht an die Wange gedrückt habe. Ich bin nicht daran interessiert, Lady Howards Hand auf meiner Haut zu spüren.«
    Charlotte vergaß für einen Moment die Vornehme Akademie für Gouvernanten, alle guten Sitten und den Respekt, den sie einem Mann schuldete, der in der gesellschaftlichen Rangordnung über ihr stand, warf sich hochmütig in Positur und starrte in sein spöttisches, unverschämtes Gesicht. »Aus Gründen der Fairness, Lord Ruskin, muss
ich
Ihnen mitteilen, dass ich nicht daran interessiert bin,
Ihre
Haut unter
meiner
Hand zu spüren. Und falls Sie es als eine meiner Pflichten ansehen, eine derartige Berührung zu erdulden, dann sagen Sie es bitte jetzt, damit Skeets mich umgehend nach London zurückbringen kann.«

Kapitel 4
    Beim Barte des Propheten, Lady Miss Charlotte Dalrumple war ein wildes kleines Ding! Wynter genoss ihren frostigen Blick und die aufgebrachte Entrüstung. Lady Miss Charlotte – wie ihn diese Anrede amüsierte! – bestand jede Prüfung.
    »Mylord?«, fauchte sie und wich keinen Zentimeter, obwohl er sie turmhoch überragte.
    Er trat geschmeidig zurück und verbeugte sich. »Möge alles so geschehen, wie Sie es wünschen, strahlendste aller Sonnen.«
    Lord Bucknell räusperte sich geräuschvoll – das hatte er schon häufiger getan. Als Wynter zu ihm hinübersah, wandte er seinen Blick mit so offenkundigem Unbehagen ab, als sei er Zeuge eines Liebesakts geworden.
    Lord Bucknell billigte Wynter in keinster Weise. Aber es ziemte nicht, Wynter in seinem eigenen Haus zu verurteilen.
    Mit der Gelassenheit, die Sheik Barakah ihn gelehrt hatte, nickte Wynter Lord Bucknell zu und bedeutete Charlotte, einzutreten. Sie zögerte und empfand nur zu deutlich, was auf dem Spiel stand, wenn sie Unterkunft und Lohn von ihm annahm. Mit ihren hoch geschlossenen Kleidern und heuchlerischen Manieren versuchten Wynters englische Landsleute so zu tun, als hätten sie ihre primitiven Urtriebe überwunden, die einen Mann dazu brachten, eine ungebundene Frau beschützen und unterwerfen zu wollen.
    Charlotte glaubte an die Entwicklungskraft der Zivilisation, in der sie aufgewachsen war und versäumte es, ihrem Instinkt zu folgen. Sie trat über die Schwelle seines Hauses.
    Charlottes Naivität veranlasste Wynter, leise in sich hinein zu lachen, worauf sie sich nach ihm umdrehte und ihre Blicke sich trafen.
    Ihre Augen weiteten sich, was dem makellosen, unterkühlten Gesicht ein Leuchten verlieh.
    »Kommen Sie herein, Charlotte«, rief Adorna.
    Bedächtig wandte Charlotte den Blick ab und wiegte sich wieder in der gekünstelten Sicherheit ihrer geliebten, englischen Kultur.
    Wynter gestand sich widerwillig ein, dass sie sich als Erzieherin seiner Kinder
tatsächlich
in Sicherheit befand. Es spielte keine Rolle, dass er ihre zusammengepressten Lippen und ihren fest verschnürten Körper seinem Mund und seinem Körper öffnen wollte, sobald er sie nur ansah. Er hatte lange keine Frau mehr gehabt, aber er konnte sich nicht erklären, was ihn an einem Korsett und einer finsteren Miene reizte.
    Die Schicksalsergebenheit des Beduinen ließ ihn die Anziehungskraft hinnehmen und zugleich wusste er mit englischer Bestimmtheit, dass nur ein gemeiner Schurke versuchen würde, sie zu nehmen.
    Was gemeine Schurken betraf … als Adorna Charlotte und Lord Bucknell einander vorstellte, verbeugte der sich nur beiläufig und knapp.
    Bucknells Benehmen
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